Das Problem liegt auch beim Preis

Doggy Fashion
Hindrik Sijens

Interessant an einer Meldung aus Prato, Italien, ist weniger die Feststellung, dass sich die Arbeitsbedingungen in der Textilindustrie nicht verbessert haben, als vielmehr die Tatsache, dass Textilproduktionshallen, in denen Menschen sterben, auch direkt vor „unserer“ Haustür liegen: Am Sonntag, 1.12., brannte eine Textilfabrik. Es gab sieben Tote.

Regina Kerner schreibt in der Berliner Zeitung:

Tausende Chinesen schuften in Textilfabriken im italienischen Prato für den europäischen Modemarkt. Die Arbeitsbedingungen gleichen denen in Asien. weiterlesen

Sollen sich Arbeits- und Lebensbedingungen von Arbeiter_innen in der Textilindustrie verbessern, müssen wir uns von Modetrends und Billigstangeboten verabschieden und unsere Arbeits- und Lebensbedingungen ebenfalls verbessern.

Drohnen für den Mindestlohn

Blick von Tanger, Marocco nach Tarifa, Spanien
Blick von Tanger, Marocco nach Tarifa, Spanien

Mindestlohn ist in der BRD immer mal wieder für eine mehr oder weniger intensive Debatte gut. Die Forderung: Menschen sollen anständig für ihre Arbeit bezahlt werden. Gestritten wird öffentlich um die Höhe. Weniger offen geht es um die Frage, ob alle in der BRD arbeitenden Menschen den gleichen Mindestlohn bekommen sollten. Es gibt eine bedenkenswerte Verbindung zu den aktuellen Veränderungen im Asylrecht. weiterlesen

zum Beispiel Berlin

"windows" (iPhone cover cc)
Creative Commons License Martin Fisch via Compfight

Ferien machen ist toll. Die einen mögen die Stille der Berge, andere die Weite des Meeres, dritte gar die Stadt. Städteurlaub also, zum Beispiel in Berlin. Die einen wollen’s eher gediegen im Hotel, die nächsten schätzen es eng zusammen mit anderen Reisenden im Hostel und wieder andere bevorzugen temporäre „eigene vier Wände“: die Ferienwohnung im Wohnhaus. Hier lassen sie dann mal so richtig die Sau raus: Party, bis der_die Nachbar_in geht.

Ferienwohnungen sind das Leid der Nachbarschaft, die keine Ferien hat. Übel ist die Ignoranz der Besucher_innen, die mit ihrem Begehren nach authentischer Nähe zur Bevölkerung genau diese gegen sich aufbringt und vertreibt.

In Berlin soll es eine neue Verordnung gegen die Zweckentfremdung von Wohnraum u.a. durch die Umnutzung zu Ferienwohnungen geben. Endlich, so scheint es, wird es wieder möglich, nachbarliche Beziehungen aufzubauen und sich auch mal wieder nebenan das berühmte Ei borgen zu gehen. Die Freude über den neuen Regulierungsansatz verliert leicht den Druck aus den Augen, den die Möglichkeit erzeugt, aus Wohnraum erheblich mehr Profit zu schlagen als nur durch „normale“ Vermietung. Das Berliner MieterEcho hat eine Untersuchung über zwei Jahre zu Zweckentfremdung und Anwohnerbelastung durchgeführt und arbeitet die komplette Mangelhaftigkeit des Gesetzes heraus. Aus Wohnraum wird weiterhin Geld gemacht werden, in Berlin und anderswo – koste es, wen es wolle.

Mobil gegen Armut

unrast-logo_sr_13x14.5_CS3Es gibt verschiedene Möglichkeiten für eine Gesellschaft, mit der Armut ihrer Mitmenschen und den eigenen Verarmungsängsten umzugehen. Eine in der BRD immer wieder sehr verbreitete Umgangsform ist die rassistische Stigmatisierung derjenigen, die am schlechtesten dastehen oder die als „andere“ stigmatisiert werden können. Eine sehr „gewöhnliche“ und daher selten problematisierte Form, der Antiziganismus, ist massiv ausgeprägt.

Spiegel online schreibt:

Eine Studie belegt, dass jede_r vierte Deutsche will, dass Roma aus deutschen Innenstädten verbannt werden, jede_r zweite glaubt, dass die Roma eine Neigung zur Kriminalität haben. Ein unbeliebtes Thema, diese Roma.

Das empfehlenswerte 2009 erschienene Buch „Antizigane Zustände“:

Antiziganismus ist ein weit verbreitetes und virulentes Phänomen, das in den westlichen Gesellschaften tief verankert ist. In nahezu allen Staaten Europas werden Menschen als »Zigeuner« diskriminiert und teilweise verfolgt.

Das Buch beschreibt den europaweiten Antiziganismus, die allgegenwärtige Stigmatisierung durch Politik, Wissenschaft und Medien, bewegt sich durch Geschichte und Gegenwart und geht auf die Analogie zum Antisemitismus ein.

Welcher Reis kommt auf den Tisch?

monsanto
Schaufenstergestaltung, Marseille 2013

Kolumbianischer Reis ist ab jetzt teuer, weniger genießbar und kommt aus den USA.
Der Reis selbst wird auf ein Alter von ca. 11.000 Jahre geschätzt und in China verortet. Wie bei allen Getreiden gibt es etliche Sorten. Diese passen sich den klimatischen Bedingungen und der Bodenbeschaffenheit im Jahrtausende alten Anbau immer wieder exzellent an. Mit jeder neuen Aussaat ist das aus der vorangegangenen Ernte gewonnene Saatgut qualitativ ein bisschen besser als das vorherige. Ein uralter sinnvoller Kreislauf kleinbäuerlicher Landwirtschaft, der die Ernährung großer Bevölkerungsteile bspw. in Kolumbien sicher stellte. Der Ablauf von Aussaat, Pflege, Saatgutauswahl und Saatgutgewinnung, Ernte, Trocknung, die Reismahlzeit erhält sich selbst. Er braucht keine Zwischenhändler, keinen Staat, keine Gesetze und vor allem nicht Monsanto, DuPont und andere Saatgutkonzerne.
Anne Schweigler berichtet auf www.saatgutkampagne.org: Kolumbien_Bauernproteste. Die Bauern und Bäuerinnen sehen die kapitalistische Logik von Profit durch Zerstörung nicht ein und ordnen sich dieser nicht unter. Der empfohlene Film 970 schildert die Problematik und die Kämpfe sehr eindrücklich.

Wessen Stadt?

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Blick von Süden auf den Alten Hafen. In der oberen Bildhälfte die modernistischen Neubauten an der Stelle des gesprengten Viertels.

Marseille ist bekannt. Es gibt Bücher voll mitreißender Kriminalgeschichten (Jean Claude Izzo), Fluchterzählungen (Fred Wander, Anne Seghers), Berichte von Reiseaufenthalten (Walter Benjamin, hier im Volltext). Es ergibt sich eine Vorstellung von der Stadt mit Hafen, Bars, Mistral. Der Bahnhof St. Charles heisst reisende Lesende willkommen wie ein alter Bekannter: Hinunter gehts die Treppe in die hafenstädtische Geschäftigkeit. Das angelesene Wissen aus und über diese Stadt lässt Erwartungen und prickelne Neugierde aufsteigen. Und mit eigenen Erfahrungen in der Stadt stellen sich Freude und auch Enttäuschungen ein, z.B.: Französische Bauhausarchitektur und nationalsozialistischer Vernichtungswahnsinn widersprechen sich nicht. weiterlesen

Gesund in Madrid

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Fotomovimiento

Interessant und verblüffend, wie massivem Privatisierungsdruck im Bereich öffentlicher Versorgung der menschlichen Grundbedürfnisse Einhalt geboten werden kann: In Madrid, Spanien, hat ein Gericht zum zweiten Mal die Privatisierung von sechs Krankenhäusern verhindert.

El juzgado de lo Contencioso Administrativo 4 de Madrid ha paralizado de forma cautelar y para “proteger derechos fundamentales” el cambio de titularidad que el Gobierno regional de Madrid impulsó en los centros a lo largo del último año y culminó en agosto pese a tener varios procesos judiciales abiertos (el pais).

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Wer, wie, was, wieso und weshalb?

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Fragen Sie sich auch manchmal, warum die einen immer mehr Geld haben und die anderen immer weniger? Und das, obwohl letztere immer mehr arbeiten, sich immer mehr anstrengen, den Gürtel immer enger schnallen; sich also immer mehr in Bescheidenheit üben, nur um dann am Ende doch noch wieder zum Amt gehen zu müssen?

Das gewerkschaftsnahe Wirtschaftsforschungsinstitut für Makroökonomie und Konjunkturfoschung IMK hat hingeschaut und die letzten 20 Jahre zusammen betrachtet. Die Bereiche Haushaltsnettoeinkommen, die gestiegen sind, Armutsgrenze, die gestiegen ist, oder Bruttoerwerbseinkommen, die leicht gefallen sind, werden beleuchtet. Ein Begriffsglossar hilft auch Nicht-Ökonom_innen zu verstehen, wo die Probleme liegen.
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Das ist kein Science Fiction!

Moon sunset
Creative Commons License Elysium 2010

Der Stoff aus dem Science Fiction gemacht wird, liegt um die Ecke auf der Straße und ist bereits heute Realität. In den Kinos gibt es derzeit einen Film zu sehen, der viel Action zu bieten hat, Liebe, Traurigkeit und vor allem Nachdenkenswertes: Elysium.

Neill Blomkamp hat einen Film produziert, der eine Zukunftsvision abbildet, die irritierend bekannt ist und in den präsentierten Bilden erschüttert. Weiterlesen

Wem hilft die Polizei?

CC BY-NC-ND 2.0 txmx 2
CC BY-NC-ND 2.0 txmx 2

In Hamburgs Innenstadt werden Jugendliche wegen ihres migrantischen Aussehens intensiven polizeilichen Kontrollen unterzogen. Sie sollen aus dem öffentlichen sozialen Raum vertrieben werden. In Altona ist ihnen noch der Azra Kiosk geblieben: Sie treffen sich hier, um zu chillen, was den neu Zugezogenen im Stadtteil und der Polizei nicht gefällt. Verschärfte Kontrollen sollen erhöhte Sicherheit suggerieren. Und irgendwann ist jeder Bogen überspannt: Seit Mitte Juli organisiert sich Widerstand. Weiterlesen

Kein Streik

Signal Box Romanshorn II
Creative Commons License Kecko

Es hätte auch ein gut organisierter Bummelstreik am Mainzer Stellwerk sein können. Ein Teil der Beschäftigten bei der Deutschen Bahn sind in ihrem wohlverdienten Sommerurlaub. Andere melden sich wegen völliger Überlastung krank. Das Stellwerk wird wegen Personalmangel vorübergehend geschlossen. Das ist nicht schön, aber wirksam: Wie sonst sollten die Arbeiter_innen in den Stellwerken der Deutschen Bahn, von deren Aufgabenbereich kaum jemand wusste und deren Relevanz kaum jemand ahnte, auf sich und ihre schlechten Arbeitsbedingungen aufmerksam machen? Sie sieht niemand, sie hört niemand, aber so steht das Problem jetzt in allen Zeitungen.

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Welche Kräfteverhältnisse brauchen wir zur Reichtumsumverteilung?

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Coverbild: Javi S&M CC BY-SA

Die aktuelle Ausgabe der Zeitschrift LuXemburg widmet sich dem Thema Reichtum, der ungleichen Verteilung unter allen Menschen und der Folgen für die Zugänglichkeit öffentlicher Güter und demokratischer Gesellschaften.

Mit der Austrocknung des Öffentlichen verschiebt sich außerdem der Zugang zu den Grundlagen eines guten Lebens: Gesundheit, Bildung, Wohnen – und die Verteilung von Arbeit und Zeit, auch zwischen den Geschlechtern. Umverteilung findet nicht nur von unten nach oben statt, sondern auch innerhalb einer Klasse: Gender-Pay-Gap und Elterngeld –  aber auch von kleinem zu großem Kapital.

Es wird der Frage nachgegangen, welche Voraussetzungen und Bündnisse ein linkes Projekt für eine faire Umverteilung und garantierte Zugänglichkeit öffentlicher Güter braucht: zur Leseprobe und zum Online-Artikel „Umverteilen und Neuverteilen“ von Horst Kahrs. Und am Rande geht es sogar über Umverteilung hinaus unter dem Schlagwort „Occupy Lenin“ (nur im gedruckten Heft) um die Reorganisation der Produktion.

Die Flächen interessieren Alle

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Franziska Frielinghaus
Juli 2012

Landgrabbing wird vom allgemeinen Verständnis her in Afrika und Südamerika verortet. Flächen werden zur Agrarnutzung in großen Mengen aufgekauft – von Unternehmen, von Staatsregierungen. Mit dem Anbau von Monokulturen wie Soja und Raps wird die Produktion für Tierfutter, Lebensmittel und Biosprit realisiert. Perspektivisch soll die Ernährung der eigenen Bevölkerung gesichert werden – auf Kosten derer, die bereits in den begehrten Landstrichen leben und arbeiten. Aber die Auswirkungen des neoliberalen Kapitalismus, lassen sich auch vor der eigenen Haustür und im aktuellen Fall vor den Toren Berlins beobachten.

Der Verein Ökologischer Landbau Bienenwerder e.V. bei Müncheberg, Märkisch Oderland meldet:

Seit drei Jahren sind wir, der Organische Landbau in Bienenwerder  dem konstanten Druck der Existenzgefährdung durch die Landvergabepolitik in unserer Region ausgesetzt. Und nun wurden wieder anliegende Flächen, die für diesen Hof wichtig sind, zum Verkauf ausgeschrieben (Quelle: Bündnis jungen Landwirtschaft).

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Diagnose Gesundheitssystem

lux_argu_GesundheitSich zu Geburtstagen und zum neuen Jahr Gesundheit zu wünschen, ist allgemein üblich – und in der BRD heutzutage leider auch bitternötig, wenn das eigene Einkommen im unteren und untersten Niveau angesiedelt ist. Das lesenswerte Heft „Gesundheit ist eine Ware“ von Nadja Rakowitz, herausgegeben von der Rosa Luxemburg Stiftung, setzt sich mit der aktuellen Gesundheitspolitik, deren Mythen und der Klassenversorgung auseinander.

Soziale Ungleichheit fördert Krankheit. Je geringer die sozialen Differenzen innerhalb der Gesellschaft sind, desto besser ist die soziale und gesundheitliche Situation aller. Armut erhöht das Krankheitsrisiko massiv und kann einen großen Teil der gesundheitlichen Ungleichheit in der Bevölkerung erklären“. Gesundheit ist ein Ware, 33