Unternehmen wollen am Strassenbau verdienen

Die Autobahnen: 12 000 Kilometer lang und bis zu 213 Milliarden Euro wert. Ein Schatz, den man durch Privatisierung heben könnte. Darauf hofft die Bauwirtschaft – bislang mit wenig Erfolg.

VON PETER STEINKE
Ausbau und Unterhalt der Verkehrswege kosten den Staat viel Steuergeld: Laut dem Fernstraßenausbauänderungsgesetz müssten bis 2015 rund 80 Milliarden Euro für das deutsche Straßennetz ausgegeben werden, davon alleine 28 Milliarden für den „vordringlichen“ Aus- und Neubau von Autobahnen. Geld, das der designierte Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) lieber zur Haushaltssanierung einsetzten würde. Sein Vorstoß zur Privatisierung von Autobahnen stieß allerdings auf eine breite Ablehnung – bei Parteien und Verbänden.
Die einzigen Befürworter – Bauwirtschaft und Finanzinvestoren – würden nur zu gerne mit dem Staat ins Geschäft kommen. Ihre Rechnung: Das Verkehrsaufkommen im Transitland Deutschland lasse sich genau kalkulieren. Die Ausgaben für den Kauf oder Neubau von Abschnitten könnten – durch langfristig garantierte Maut-Gebühren von Lkw und Pkw refinanziert – die Firmenkassen füllen. So wie es in 13 EU-Ländern bereits funktioniert, wo staatliche oder private Unternehmen die Maut erheben.
Der Bund favorisiert hingegen das so genannte A-Modell, das ohne eine zusätzliche Pkw-Maut auskommt: Der Staat leistet eine Anschubfinanzierung von maximal 50 Prozent der Kosten für den Ausbau von Strecken. Den Rest trägt zunächst die Baufirma. Sie ist 30 Jahre für den Betrieb und Erhalt zuständig. Der Bund gibt dem Betreiber dafür aber die Einnahmen der Lkw-Maut für das jeweilige Teilstück.

Zögerliche Kooperationen
Nach diesem Prinzip startete im Frühjahr Verkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) die privat-öffentliche Partnerschaft: Als Pilotprojekt ist der Ausbau der A 8 zwischen München und Augsburg europaweit ausgeschrieben. Vier weitere Abschnitte sollen folgen: auf der A 4 in Thüringen, der A 1/A 4 in Nordrhein-Westfalen, der A 5 in Baden-Württemberg und der A 1 in Niedersachsen.
Die Alternative, das „F-Modell“, ist hingegen erst einmal vom Tisch: Privatisierung ganzer Streckenabschnitte oder privater Streckenneubau mit anschließender Gebührenerhebung auch für derzeit noch mautfreie Pkw. Dies werde „nachrangig diskutiert“, bedauert Heiko Stiepelmann, Geschäftsführer des Arbeitskreises private Finanzierung beim Hauptverband der Deutschen Bauindustrie. „Das liegt primär an der Angst vor Bemautung“, kritisiert er die Politik. Stiepelmann glaubt, dass der Staat nicht als Bauherr von Autobahnen auftreten müsse, sondern sich mit der Qualitätskontrolle zufrieden geben könne. „Wir nehmen für uns in Anspruch, die Aufgabe wirtschaftlicher wahrnehmen zu können.“
Das Nachdenken über derartige alternative Finanzierungsmodelle ist indes nicht neu. Schon Anfang der 90er Jahre, als die Mammutaufgabe der Erneuerung des DDR-Verkehrsnetzes anstand, suchten Politiker nach neuen Wegen – mit geringem Erfolg. Lediglich zwei Tunnel wurden privat finanziert: Der Warnow-Tunnel bei Rostock und der Herrentunnel bei Lübeck. Zumindest bei Ersterem scheint sich die Investition nicht auszuzahlen, den Betreibern droht die Insolvenz, weil viel weniger Fahrzeuge den mautpflichtigen Tunnel passieren als geplant. Statt 30 Jahre wollen sie nun 50 Jahre lang Wegezoll kassieren.
Quelle:Frankfurter Rundschau, 20.10.2005

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