Die Lohnkürzungen in Griechenland um bis zu 30% sind unfassbar. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Einkommen bei durchschnittlich 750 € lagen. Die Aufforderung des BRD-Wirtschaftsministers Schäuble an die griechische Regierung, nach deren Verabschiedung des krassen Sparpakets, doch die bald anstehenden Parlamentswahlen zu verschieben, um das Sparpaket zu sichern, verrät einiges über dessen Verständnis von Demokratie.
Unterschlagen wird, dass BRD in Griechenland einen der wichtigsten Absatzmärkte ihrer exportorientierten Industrie hatte. Wenn die griechische Bevölkerung aber kein Geld mehr für Konsum zur Verfügung hat, könnte ja bspw. in der BRD mehr von den eigenen Produkte konsumiert werden.
Der Wirtschaftsexperte Michael Schlecht schreibt:
Das grundlegende Problem für die „Eurokrise“ ist das deutsche Lohndumping. Hierzulande sind die Löhne seit 2000 um preisbereinigt 4,5 Prozent gefallen. Dies gab es in keinem anderen Land. Deshalb tragen die Menschen weniger Geld in die Geschäfte, sodass viele andere Länder es schwer haben nach Deutschland zu exportieren. Andererseits konnten die Unternehmer mit gedrückten Löhnen die Exporte massiv steigern. […] Wenn ein Land laufend massive Exportüberschüsse erzielt, dann müssen sich die anderen Länder beständig verschulden. Nur so können sie diese Überschüsse bezahlen. Das deutsche Lohndumping und die Schulden der europäischen Krisenländer sind zwei Seiten derselben Medaille.
In der BRD haben die potentiellen Käufer auch immer weniger in den Taschen. Dort werden die Exportweltmeister ihr Zeug also auch nicht los.
Was ist zu tun?
Verdi für den öffentlichen Dienst und die IG Metall für die Metall- und Elektroindustrie fordern eine Lohnsteigerung von 6,5%. Vor dem Hintergrund des oben ausgeführten erscheint diese Forderung noch viel zu gering. Interessant wäre es doch, wenn die Forderung 30% lauten würde: Statt in Griechenland die Löhne um 30% zu senken, diese um eben so viel in der BRD zu erhöhen: die Standortbedingungen nach oben nivellieren, das wäre eine nationale Tarifrunde mit internationalistischem Touch.
Im Zuge des ersten „Rettungspakets“ waren sich die deutschen Staatshaushalter nicht zu schade, auch noch Milliardengewinne für den Bundeshaushalt aus dem Zinsunterschied zwischen Deutschland und Griechenland einzufahren. Den Umgang mit diesen Extraprofiten regelt das jetzt verabschiedete „Rettungspaket“ anders. Wenigstens die Europäische Zentralbank schreibt 12 Milliarden Euro derartiger Arbitragegewinne der griechischen Regierung gut (Berliner Zeitung 22.2.2012). Ob diese kleine Kurskorrektur nun plötzlichem Edelmut von Politikern, den harnäckigen Protesten der Griech_innen oder der in solchen Fragen durchaus auch hin und wieder kritischen Wirtschaftsberichtserstattung zu verdanken ist, sei dahingestellt.
Positiv ist die Krankenhausbesetzung und die Überführung des Betriebs in Selbstverwaltung, von der Mike Nagel auf diesem Blog berichtete. Wichtig wäre die Kolleg_innen solidarisch zu unterstützen.
Und es geht gerade so weiter, die deutsche Wirtschaftspolitik verschärft Ungleicheit in Europa: