Kommunalpolitik rückt wieder in das Zentrum der Auseinandersetzungen

Zum Jahreswechsel haben die Spitzenverbände der Kommunen wieder auf die desaströse Finanzlage der Kommunen hingewiesen. Gleichzeitig verweisen sie auf daraus möglicherweise resultierende Folgen für die öffentliche Daseinsvorsorge. Krise und Steuerrechtsänderungen haben 2009 zu Mindereinnahmen in Höhe von 7,7 Mrd. Euro geführt.
Nun ist von den Spitzenverbänden freilich kein offensiver Aufruf zur Verteidigung des Öffentlichen zu erwarten. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund kleidet seine Kritik in ein Szenario der kommenden Entwicklung:
„Viele Städte und Gemeinden sind bereits heute finanziell nicht mehr in der Lage, freiwillige Leistungen anzubieten. Gerade die freiwilligen Aufgaben prägen aber das Leben der Bürger vor Ort. Bibliotheken, Schwimmbäder oder der öffentliche Nahverkehr bedeuten ein Stück Lebensqualität. Sie sind zudem ein Kernstück kommunaler Selbstverwaltung! Damit es nicht soweit kommt, dass die Kommunen ihre Aufgaben in Zukunft nicht mehr erfüllen können, müssen alle kommunalen Aufgaben auf den Prüfstand. Eine grundlegende Aufgabenkritik ist notwendig. Kürzungen sind unvermeidlich. Hier sind Bund und Länder gefordert! Die Kommunen müssen bei den von Bund und Ländern auferlegten Aufgaben entlastet, staatliche Standards müssen abgebaut werden. Das Konnexitätsprinzip, das einen angemessenen finanziellen Ausgleich für die staatliche Aufgabenübertragung sicherstellen soll, muss strikt eingehalten werden.“ (Wachstum nur mit
starken Städten und Gemeinden. BILANZ 2009 und AUSBLICK 2010
der deutschen Städte und Gemeinden
)

Die Organisation fordert an gleicher Stelle:
– Deutliche Erhöhung der Bundesbeteiligung bei den Kosten der Unterkunft für SGB II-Empfänger.
– Kompensation der Steuermindereinnahmen der Städte und Gemeinden im Rahmen des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes.
– Kurzfristige Überbrückungshilfen für mindestens zwei Jahre, damit Städte und Gemeinden in der Krise im Interesse von Staat und Gesellschaft handlungsfähig bleiben.
– Kurzfristige Einführung eines Bundesteilhabegeldes für Menschen mit Handicap.
– Finanziell unterlegtes Bekenntnis des Bundes, dass es sich bei der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsunfähigkeit um eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe handelt.
– Ein dauerhaftes Konzept, das die Finanzierung der gesetzlichen Aufgaben der Kommunen ohne immer neue Schulden sichert, dazu gehört auch eine starke Gewerbesteuer.

Wie auch immer die Dinge sich entwickeln – der Druck auf öffentliche Leistungen wird größer werden. Einmal durch die Bundespolitik, auf der anderen Seite durch kommunale Konsolidierungsmaßnahmen. Von der Bundesseite ist wenig zu erwarten. Mehr Netto vom Brutto heißt ja auch nicht, dass Menschen wirklich über mehr Einkommen verfügen. Mehr Netto vom Brutto heißt nur, dass sie das, was sie vorher etwa an Sozialleistungen oder öffentlich subventionierten Leistungen erhielten, jetzt auf dem „freien Markt“ kaufen sollen. Die hier von der Bundesregierung versuchte Quadratur des Kreises wird nun auf der kommunalen Ebene als Verlust von Lebensqualität und Lebenschancen für viele Menschen bedeuten. Das ist die Botschaft des Städte- und Gemeindebundes. Nimmt man das ernst, so geht es also um einen grundlegenden haushaltspolitischen Kurswechsel. Der wird sich aber kaum von alleine vollziehen. Die Forderungen des Städte- und Gemeindebundes bieten durchaus Ansatzpunkte für gemeinsames Handeln im parlamentarischen wie auch im außerparlamentarischen Raumes – und dies von der kommunalen bis auf die Bundesebene. Angesichts der enormen Staatsverschuldung wurde mit der Schuldenbremse und faktischen Privatisierungsgeboten bereits unter der Großen Koalition die neue Runde des Ringens um das Öffentliche eingeläutet. Der Umgang der Regierung mit den Forderungen der Kommunen wird ein Testfall für die Konfliktbereitschaft der Regierung, die Konfliktbereitschaft der Verbände und der Aktions- und Bündnisfähigkeit der sozialen Bewegungen werden.

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