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NRW: Mietrechtseinschraenkungen fuer Privatisierer
Die Regierung in NRW hat die Abschaffung der verlängerten Kündigungssperrfrist für umgewandelte Mietwohnungen verordnet. Damit besteht für Mieter in Umwandlungsobjekten nur noch einen Schutz vor Eigenbedarfskündigungen vom maximal 3 Jahren statt bislang bis zu 8 Jahren. Für Käufer privatisierter Wohnungsbestände wir die Umwandlung in Eigentumswohnungen damit leichter. Das Mieterforum Ruhr, das die Absicht der Landesregierung seit dem letzen Jahr bekämpft, kritisiert die hinter verschlossenen Türen gefällte Entscheidung heftig und kündigt weitere Proteste an.
Nach einer im April 2004 erlassenen Verordnung des Landes konnten sich der Erwerber von umgewandelten Mietwohnungen in vielen Städten in NRW für einen Zeitraum von 8 oder 6 Jahren nach erstmaligem Verkauf der Eigen-tumswohnung bei einer Kündigung des ursprünglichen Mieters nicht auf Eigenbedarf oder eine sog. unzureichende wirtschaftliche Verwertung berufen. Diese Landesverordnung zum Schutz privatisierungsbetroffener Mieter wurde nun zum 31. 12. 2006 aufgehoben. Für Mieter in umgewandelten Mietwohnungen, die bereits in den letzten Jahren verkauft wurden, gilt gemäß Landesverordnung übergangsweise eine Sperrfrist bis zum 31. 12. 2009. Für alle Umwandlungen ab dem 1. 1. 2007 gilt nur noch die bundesgesetzliche 3-jährige Sperrfrist.
Die „Verordnung zur Änderung der Verordnung zur Bestimmung der Gebiete mit Kündigungssperrfrist“ wurde ohne weitere Information des Parlamentes und der Öffentlichkeit bereits am 19. September von der Regierung erlassen, aber erst am 7. November im Gesetz- und Verordnungsblatt des Landes NRW veröffentlicht. Also nach der Bekanntmachung der Entscheidung zum Verkauf der landeseigenen LEG, die zu einem großen Presseecho führte. Mieterforum Ruhr wirft der Landesregierung vor, die Veröffentlichung ihrer Entscheidung zur Sperrfrist bewusst zurückgehalten zu haben, da die Nachricht einer so grundlegenden Schwächung des Mieterschutzes schlecht zu dem Versprechen gepasst hätte, die LEG-Mieter mit einer „Sozialcharta“ zu schützen.
Am gleichen Tag (7. 11.) stellte die Fraktion B90/Die Grünen im Landtag einen Antrag „Die Kündigungssperrfrist- und die Zweckentfremdungsverordnung müssen erhalten bleiben!“, der am 16. 11. 2006 in der Plenarsitzung behandelt und zur Beratung an den zuständigen Ausschuss überwiesen wurde. Bei dieser Gelegenheit fand auch eine inhaltliche Debatte statt. Der Landtag wurde jedoch selbst bei dieser Gelegenheit nicht über die bereits erfolgte Abschaffung der Sperrfrist unterrichtet.
„Wer behauptet, die Mieter würden bei einem Verkauf der LEG gegen Verdrängung geschützt, gleichzeitig aber das wirksamste Mittel für einen solchen Schutz klammheimlich abschafft, macht sich völlig unglaubwürdig“, wirft Mieterforum Ruhr Ministerpräsident Rüttgers vor. „Rüttgers betreibt bewusst ein doppeltes Spiel. In der Öffentlichkeit gibt er sich sozial, während sein Kabinett im stillen Kämmerlein die letzten Reste sozialer Wohnungspolitik in NRW von oben herab und ohne Information des Parlamentes beseitigt.“
Mieterforum Ruhr sieht in der Abschaffung der Sperrfrist, die Schwarz-Gelb bereits im Koalitionsvertrag vereinbart hatte, eine logische Ergänzung der Privatisierungspläne. „Ohne diesen verbindlichen Schutz ist die LEG gleich einiges mehr wert und selbst unverbindliche Selbstverpflichtungen können dann als Erfolg ausgegeben werden.“ Nicht ohne Grund richtet sich die „Volksinitiative sichere Wohnungen und Arbeitsplätze“, für die weiterhin landesweit Unterschriften gesammelt werden, deshalb sowohl gegen den LEG-Verkauf als auch gegen die Abschaffung der Sperrfrist. „Nach dem bekannt Werden der Abschaffung der Sperrfrist gilt das gleiche wie nach der Bestätigung der Verkaufsabsicht: Jetzt erst recht ist landesweiter Mieterprotest erforderlich!“
Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch gilt bun-desweit eine Sperrfrist von 3 Jahren. Die Landesregierungen dürfen diese Frist per Verordnung unter Berufung auf die Wohnungsmarktsituation für bestimmte Gebiete auf bis zu 10 Jahre verlängern. Viele – auch CDU-regierte – Länder haben das getan. In NRW gilt seit dem 1. 10. 2004 in 57 Kommunen eine Sperrfrist von 8 Jahren und in 48 Kommunen 6 Jahre Sperrfrist. Davor gab es in 274 NRW-Kommunen 10 Jahre Sperrfrist. „Der Erlass der NRW-Verordnung 2004 basierte auf einer umfassenden und langwierigen wissenschaftliche Untersuchung der Wohnungsmärkte in NRW. Die schwarzgelbe Regierung streicht die Verordnung jetzt nur zwei Jahre später ohne jede Untersuchung und behauptet einfach: Die Märkte sind entspannt“, sagt Aichard Hoffman vom Mieterforum Ruhr. „Die Anwendung der Verordnung war völlig bürokratiefrei und hat dem Land keinerlei Kosten verursacht. Dieser Schlag gegen den Mieterschutz ist rein ideologisch begründet.“
Als Folge der Entscheidung der Landesregierung befürchtet Mieterforum Ruhr eine weitere Anheizung der Umwandlungswelle und eine starke Verunsicherung der Mieter, die nun voreilig aus ihren Wohnungen ausziehen oder sich zu teueren Wohnungskäufen gezwungen sehen könnten.
Mieterforum Ruhr rät den betroffenen Mietern, nicht in Panik zu geraten. Auch nach Ablauf der Sperrfrist sei nicht sicher, ob ein Eigentümer die Wohnung auch selbst nutzen wolle. Vor allem ältere Mieter könnten einer Eigenbedarfskündigung aus sozialen Härtegründen widersprechen. Bei der Deutschen Annington und einigen anderen Unternehmen gelten zusätzliche Absicherungen aufgrund von freiwilligen Selbstverpflichtungen der Unternehmen, Belegungsrechten der Industrie oder Siedlungsvereinbarungen. Überdies sei zur Kündigungssperrfrist noch nicht das letzte Wort gesprochen.
„Nach unserer Rechtsauffassung wird durch die z. T. massive Verkürzung der Sperrfrist der Vertrauensschutz betroffener Mieter verletzt. Beim Verkauf der umgewandelten Wohnung haben Mieter eventuell ihr Vorkaufsrecht nicht genutzt, weil sie auf die längere Frist vertraut haben. Jetzt wird dieser Zeitraum verkürzt!“, erklärt Rainer Stücker vom Mieterforum Ruhr. „Auch für die Mieter, deren Wohnungen in den letzten Jahren umgewandelt, aber noch nicht verkauft wurden, ist rechtlich zu klären, ob sie sich auf Vertrauensschutz berufen können.“ Eine rechtliche Klärung wird aber vermutlich erst ab 2010 möglich sein.
Die nächsten Landtagswahlen sind 2010. Genau zu diesem Jahr läuft die Übergangsregelung aus und damit könnte es zu einer Welle von Eigenbedarfskündigungen kommen. „Wenn eine solche Entwicklung eintritt, kann sich Rüttgers im Wahlkampf auf einen Sturm einstellen“, so Mieterforum Ruhr.
Knut Unger, Mieterforum Ruhr
Privatschulen in Hessen bekommen mehr Geld
Neues Gesetz soll Förderhilfe vom Land erhöhen und Kommunen umfangreichere Zahlungen an die Privaten auferlegen
Das Kabinett habe eine Gesetzes-Neufassung beschlossen, berichtete Kultusministerin Karin Wolff (CDU) am Montag in Wiesbaden. Die nicht-staatlichen Schulen sollen in der Folge etwa zehn Millionen Euro mehr erhalten.
Wiesbaden Die 152 Privatschulen mit rund 42 000 Schülern sollen mehr finanzielle Unterstützung bekommen. Um gut 5,5 Millionen Euro will das Land die Investitionsförderung anheben. Die Kommunen sollen ihre Ausgleichszahlungen an private Schulen um rund 4,5 Millionen Euro steigern. 2006 erhalten die Privatschulen laut Wolff 164 Millionen Euro.
Der Bundesverband Deutscher Privatschulen (VDP) sprach von „einem Schritt in die richtige Richtung, aber noch nicht weit genug“. Die Neufassung des Gesetzes berücksichtigt auch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Daher werde die Investitionsförderung in das Gesetz aufgenommen, erklärte Wolff. Den Trägern der öffentlichen Schulen – Kreisen und Städten – wird das geplante Gesetz nach Darstellung der Ministerin auferlegen, den privaten Schulen pro Schüler künftig 75 statt bisher 50 Prozent des Gastschulbeitrages zu überweisen, den sich die öffentlichen Träger pro Gastschüler gegenseitig zahlen.
Solche Beiträge werden fällig, wenn Schüler aus einem Kreis die Schule eines anderen Kreises oder einer Stadt besuchen. Damit kommt Wolff einer Forderung des VDP zum Teil nach. Der Verband fordert 100 Prozent der Gastschulbeiträge von 400 Euro. VDP-Geschäftsführer Christian Lucas kritisierte vor allem die Höhe des Zuschusses zu den Investitionskosten. „Er dürfte nur ein Tropfen auf den heißen Stein sein, vor allem weil die Höhe des Zuschusses im Gesetzestext völlig offen bleibt“. Die hessischen Privatschulen bekämen auch künftig zu wenig Geld vom Land. Eine Arbeitsgruppe aus Vertretern der Landesregierung und der Privatschulverbände müsse das Ersatzschulfinanzierungsgesetz grundlegend überarbeiten, verlangte Lucas. „Wir brauchen eine echte Reform und nicht nur ein Reförmchen.“ Wolff erklärte: „Die hessische Landesregierung bekennt sich in finanziell schwierigen Zeiten zur Partnerschaft mit den privaten Schulträgern.“ Die künftigen Investitionsanteile und die höheren Gastschulbeiträge nannte sie angemessen. Das Land übernehme ohnehin schon Aufgaben der Qualitätssicherung, der Schulverwaltung, der Lehrplanentwicklung und der Lehreraus- und Fortbildung für die Privatschulen.
Widerstand von den Landkreisen
Der Landkreistag kündigte Widerstand gegen die Regelung an. „Wir wehren uns dagegen“, betonte Sprecher Tim Ruder zu den drohenden Mehrkosten. „Das Geld haben wir nicht.“ Die zusätzliche Belastung verstoße zudem gegen das Konnexitätsprinzip.
Nach dem Prinzip darf das Land Kommunen nur dann neue Aufgaben übertragen, wenn es einen finanziellen Ausgleich dafür schafft. Laut Wolff übernehmen Kreise und Städte mit der Anhebung der Gastschulbeiträgen aber keine neue Aufgabe.
Grüne und FDP halten den Gesetzentwurf für halbherzig. „Die Chance, die Finanzierung der Privatschulen in Hessen auf eine dauerhaft verlässliche Basis zu stellen, wurde vertan“, kritisierte der Grünen-Landtagsabgeordnete Mathias Wagner. Die Regelung sei zwar besser als nichts, aber die Berechnungsgrundlage für die Leistungen werde nicht an die tatsächlichen Kosten angepasst.
Die FDP-Abgeordnete Dorothea Henzler sprach von einem Herumbasteln am Gesetz aufgrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Auch aus ihrer Sicht müssten die Personalkosten neu berechnet werden.
Bericht der FR vom 23.05.2006
Bundesrat billigt Privatisierung der Deutschen Flugsicherung
Der Bundesrat hat grünes Licht für die weitere Privatisierung der Deutschen Flugsicherung (DFS) gegeben. Die Länderkammer ließ am Freitag in Berlin die „Neuregelung der Flugsicherung“ passieren. Damit werden die Voraussetzungen für eine Kapitalprivatisierung der bislang bundeseigenen DFS geschaffen. Vorgesehen ist zudem die Errichtung eines Bundesaufsichtsamtes für Flugsicherung. Mit der Novelle wird das deutsche Recht zugleich an EU-Vorgaben angepasst. Der Bund will 74,9 Prozent seiner Anteile an der DFS an private Anleger verkaufen und sich somit eine Sperrminorität von 25,1 Prozent vorbehalten. Für das Paket interessieren sich mehrere deutsche Unternehmen wie Lufthansa, TUI, LTU, Air Berlin, dba und Fraport. Aber auch Finanzinvestoren gehören zu den potenziellen Käufern. Die Rechte des Bundes sollen zum einen durch die Sperrminorität und zum anderen durch eine nationale Aufsichtsbehörde, das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung, abgesichert werden. Diese Behörde soll die Rechts- und Fachaufsicht über die DFS haben und mit Weisungsrecht ausgestattet sein. Private DFS-Gesellschafter können zudem im Verteidigungsfall verpflichtet werden, ihre Geschäftsanteile mit sofortiger Wirkung an den Bund zurückzugeben. Mit dem Gesetz wird es außerdem für Lotsen anderer EU-Länder einfacher, in Deutschland zu arbeiten.
Privatisierung der oesterreichischen Staatsdruckerei
Spezialdruck: Marken-Ware
Seit der Privatisierung ist es der Staatsdruckerei gelungen, attraktive Nischen auf internationalen Märkten zu erschließen – unter anderem mit dem Briefmarkendruck für Länder, denen die entsprechenden Produktionsmittel fehlen.
Besucher könnten den Eindruck gewinnen, es handle sich bei dem Gebäude um ein Hochsicherheitsgefängnis: Wer das Betriebsgelände betreten will, muss zunächst bei einer Gegensprechanlage sein Anliegen glaubwürdig vorbringen, sonst bleibt das massive Metalltor verschlossen. Ist die erste Hürde überwunden, tut sich eine weitere Barriere auf: Vor der Lobby verhindern aus Sicherheitsglas gefertigte elektrische Schiebetüren, dass ungebetene Gäste weiter vordringen können. Passieren darf nur, wer den Zweck seines Besuches hier neuerlich erläutert, einen Ausweis beim Portier hinterlegt und sich strikt an die Anweisungen des Sicherheitspersonals hält.
Auf dem derart abgeschirmten Areal befinden sich die Räumlichkeiten der Österreichischen Staatsdruckerei GmbH. Der Name ist freilich irreführend: Der einstige Beamtenbetrieb ist längst ein privates Unternehmen, das sich vorwiegend auf die Entwicklung von Sicherheitsdokumenten konzentriert. Zu den hauptsächlichen Produkten der seit 2002 im 23. Wiener Gemeindebezirk ansässigen Druckerei zählen Pässe, Personalausweise, Wert- und Briefmarken sowie Lotterielose. Die Druckwaren weisen stets mehrere Sicherheitsmerkmale auf, gelten als fälschungssicher und werden unter strengsten Schutzvorkehrungen entwickelt und erzeugt. „In manche Bereiche unseres Unternehmens darf nicht einmal ich hinein“, sagt Geschäftsführer Reinhart Gausterer, der den ehemaligen Staatsbetrieb gemeinsam mit seinem Kollegen Thomas Zach leitet.
Neuorientierung. Nachdem die Druckerei vom vormaligen Eigentümer ÖIAG an das Wiener Private-Equity-Unternehmen ECP Euro Capital Partners veräußert wurde, sind auch die Strukturen gründlich überarbeitet worden. „Es hat für die Aufgaben, welche die Staatsdruckerei früher zu erfüllen hatte, gut funktioniert“, meint Gausterer. „Doch um am freien Markt bestehen zu können, mussten wir einiges umbauen.“ Die neuen Eigentümer sahen erhebliches Wachstumspotenzial vor allem jenseits der österreichischen Landesgrenzen. Langfristig sollte die Abhängigkeit von heimischen staatlichen Aufträgen so weit wie möglich reduziert werden.
Heute wachsen die Umsätze laut den Geschäftsführern pro Jahr um „zweistellige Prozentbeträge“. Die Gesamteinnahmen liegen im höheren zweistelligen Millionen-Euro-Bereich – detailliertere Zahlen werden nicht bekannt gegeben. Etwa 20 Prozent der Umsätze stammen bereits von Auftraggebern außerhalb Österreichs. „Das Ende der Fahnenstange ist aber noch lange nicht erreicht“, glaubt Gausterer. „Wir peilen bei den Exporten mittelfristig die 30-Prozent-Marke an. Und längerfristig ist sicher noch mehr möglich. Das alles muss aber vor dem Hintergrund betrachtet werden, dass die Exportquote vor fünf Jahren bei null lag.“
Eines der Standbeine des Auslandsgeschäfts ist der Druck von Briefmarken. Etwa ein Drittel des Umsatzes bestreitet die Staatsdruckerei heute mit deren Herstellung, wobei rund 30 Prozent des Auftragsvolumens im Ausland akquiriert werden. So ist die Wahrscheinlichkeit, dass Briefe im arabischen Raum mit aus Österreich stammenden Briefmarken frankiert sind, relativ hoch. Mit dem Oman etwa unterhält die Staatsdruckerei seit Längerem ein geschäftliches Übereinkommen. Dort stieß unter anderem die gemeinsam mit der österreichischen Post entwickelte „Swarovski-Kristallmarke“, die modernste Drucktechnologie mit in die Marke integrierten Kristallsplittern vereint, auf äußerst positive Resonanz. Für den Jemen wiederum hat die Druckerei bereits mehrere Milliarden Briefmarken produziert. Denn wie in anderen arabischen und auch asiatischen Ländern fehlen dort Produktionsmittel und das Fachwissen, um Briefmarken in ausreichender Menge und Qualität herzustellen.
Und auch im Fernen Osten scheinen die Produkte der Österreicher durchaus gefragt zu sein. Bei einer Geschäftsreise nach China, berichtet Gausterer, habe er am Ende der Seidenstraße ein winziges Postamt entdeckt. Aus reiner Neugierde habe er das dortige Angebot an Briefmarken gesichtet – und die mit Kristallsplittern besetzte Swarovski-Marke gefunden: „Das hat mich dann schon ein wenig stolz gemacht.“ Gemeinsam mit den Postgesellschaften von China und Österreich wird die Staatsdruckerei 2006 anlässlich des Mozart-Jahres zudem eine spezielle Briefmarke entwickeln – eine Weiterentwicklung des Swarovski-Konzeptes. Auf der Marke soll die Illusion eines Feuerwerks entstehen.
Sicherheitsdruck. Im Wege des Briefmarkengeschäfts, so der Plan der Österreicher, sollen allerdings auch Absatzkanäle für weitere Produkte eröffnet werden: vor allem für den Export von Sicherheitsdokumenten. Denn im Zusammenhang mit der Briefmarkenherstellung, so Thomas Zach, „stellen wir unser Können im Sicherheitsdruck unter Beweis“. Internationale Konferenzen und Zusammenkünfte von Briefmarkendruckern werden nun vorwiegend zum Knüpfen von Kontakten genutzt: „Dadurch gelingt es uns immer besser, die für uns recht neuen Märkte zu bearbeiten“, meint Reinhart Gausterer.
Denn die Staatsdruckerei exportiert neben Briefmarken auch Sicherheitsdokumente wie Reisepässe. „Ausgenommen sind zwar Süd- und Nordamerika, besonders gut vertreten sind wir dafür in Asien und Afrika“, sagt Gausterer. Zwecks steter Innovation wird dabei auch mit Unternehmen wie Philips und dem Chiphersteller Infineon sowie Wissenschaftern des Forschungszentrums Seibersdorf und der deutschen Fraunhofer-Institute kooperiert. Angespornt wurde die Zusammenarbeit mit den Experten durch die Entwicklung des neuen, ab kommenden Herbst international vorgeschriebenen Reisepasses, der biometrische Daten seiner Inhaber dauerhaft speichern soll. Die im nächsten Jahr eingeführten Reisedokumente müssen vorerst zwar lediglich ein Foto des Inhabers elektronisch gespeichert haben, doch in der Staatsdruckerei ist man bereits auf die Speicherung weiterer, umfangreicherer Sicherheitsmerkmale vorbereitet.
Gemeinsam mit dem Forschungszentrum Seibersdorf wird derzeit außerdem an neuen Druckfarben getüftelt, die unverwechselbar und fälschungssicher sein sollen. Ein mögliches Geschäftsfeld schwebt Gausterer bereits vor: „Ein indischer Beamter hat mir einmal im Vertrauen erzählt, dass ihre Lebensmittelmarken für Bedürftige recht oft gefälscht werden. Die Fälscher hamstern Konsumgüter und verkaufen sie dann.“
Johannes Strohmayer, ECP-Chef und Aufsichtsratsvorsitzender der Staatsdruckerei, zeigt sich mit der Entwicklung des Unternehmens jedenfalls durchaus zufrieden. „Besser konnte eine Privatisierung nicht laufen“, meint der frühere LIF-Politiker. „Der Finanzminister kassiert heute von uns mehr Steuern, als er früher Dividende bekam.“ Knapper äußern sich naturgemäß die früheren Eigentümer. „Wir denken, dass die nunmehrigen Gesellschafter durchaus zufrieden sein können, wie sich das Unternehmen entwickelt hat“, konstatiert ÖIAG-Sprecherin Anita Bauer. Gerhard Hennerbichler wiederum, Zentralsekretär der Gewerkschaft Druck, Journalismus und Papier, findet, dass „bei der Privatisierung für uns zwar eine recht unangenehme Situation aufgrund personeller Härten entstanden ist“. Dennoch könne man „die Staatsdruckerei als einen der wenigen österreichischen Musterbetriebe bezeichnen“.
Offenbar sehen dies auch ausländische Geschäftspartner und Branchenbeobachter ähnlich: Im vergangenen Jahr erhielt die Staatsdruckerei, passend zum 200-jährigen Bestehen des Unternehmens, in einer bestimmten Kategorie den ersten Preis bei der „Government Postage Stamp Printers Conference“ – einer Art Oscar-Verleihung für Briefmarkenhersteller.
Mario Wally
Quelle: Profil 39/05 (>>> http://www.profil.at/index.html?/articles/0538/560/122198.shtml)
Kritik an der Privatisierung von Petrom
19. September 2005, Neue Zürcher Zeitung
Kritik an der Privatisierung von Petrom
Der rumänische Präsident rügt Abkommen mit OMV
Der rumänische Staatspräsident Basescu stösst sich daran, dass die Kraftstoffpreise in seinem mit Rohölreserven reichlich gesegneten Land im Gleichschritt zu den Weltmarktnotierungen laufend in die Höhe klettern. Schuld daran sei der im Sommer 2004 erfolgte Verkauf der nationalen Mineralölgesellschaft an die österreichische OMV.
T. K. Wien, 18. September
Benzinpreiserhöhungen sind für die meisten Volkswirtschaften ein Ärgernis, doch in Rumänien mit einem Durchschnittseinkommen von monatlich nur 353 Fr. können sie zu einer Frage des wirtschaftlichen Überlebens werden. Die sukzessive Anpassung des Literpreises Normalbenzin von 27 000 auf rund 37 000 Lei (Fr. 1.58) innerhalb eines Jahres wird in Bukarest umso stossender empfunden, als 80% des Konsums aus eigenen, auf nationalem Territorium gelegenen Rohölreserven stammen. Die rumänische Explorations- und Verteilergesellschaft Petrom lässt sich dadurch freilich nicht beirren: Der Chef des Unternehmens erklärte zu Beginn der letzten Woche, die Absatzpreise müssten an die Vorgaben des Weltmarktes angepasst werden, wolle sich Rumänien nicht dem Vorwurf des Preisdumpings aussetzen.
Basescus Schelte
Der Präsident der Petrom, der Österreicher Wolfgang Ruttenstorfer, liess darüber hinaus verlauten, dass sich das Unternehmen wöchentlich mit dem rumänischen Wirtschaftsminister zur Abstimmung der Geschäftspolitik treffe. Diese Erklärungen reichten dem rumänischen Staatspräsidenten Traian Basescu freilich nicht. Bei seiner Abreise an den Uno-Gipfel fand er Anfang letzter Woche vernichtende Worte für die Petrom-Preispolitik. In New York angekommen, bezeichnete er den im Sommer 2004 erfolgten Verkauf des Unternehmens (und damit auch der gesamten nationalen Rohölreserven) an eine private Gesellschaft (die von Ruttenstorfer geführte österreichische OMV) als «Fehler», und nach seiner Rückkehr am Samstag zweifelte er offen an der Rechtmässigkeit des Privatisierungsvertrages, den er nun überprüfen und später möglicherweise auch veröffentlichen will. Damit hat der streitbare Basescu, der seit Amtsübernahme Ende des vergangenen Jahres immer wieder direkt in die Regierungsgeschäfte eingreift, in ein weiteres Wespennest gestochen.
Reputationsprobleme
Verfassungsspezialisten werfen ihm vor, dass rumänische Staatspräsidenten solche Prüfungen gar nicht vornehmen dürfen, sondern sich im Zweifelsfalle an die zuständigen staatlichen Stellen (in diesem Fall die Wettbewerbsbehörde) wenden müssten. Der ehemalige sozialdemokratische Regierungschef Nastase verteidigte die von ihm selbst (und auch vom österreichischen Regierungschef Schüssel) intensiv «begleitete» Abtretung einer 51%-Aktienmehrheit der Petrom an die OMV als ein vorteilhaftes Geschäft, das der Regierung mit einer Restbeteiligung von 40% genügend Einfluss auf die Preisgestaltung lasse.
Der gegenwärtige Ministerpräsident Popescu Tariceanu kann sich an der Bedrängnis seines Vorgängers jedoch nur beschränkt erfreuen. Er erkennt im Vertragswerk mit der OMV zwar ebenfalls «nicht sonderlich vorteilhafte Klauseln», meint jedoch, dass eine Revision des 1,5- Mrd.-Euro-Geschäftes aus Rücksicht auf die Reputation des auf ausländische Investoren angewiesenen Landes unangebracht und – wegen juristischer Gegenmassnahmen der OMV – auch gefährlich wäre. Einen Ausweg aus dem Dilemma hat nun aber möglicherweise Tanasescu, Nastases Finanzminister und heutiger Vorsitzender des parlamentarischen Haushaltsausschusses, gefunden: Um die Revision des Petrom-Privatisierungsvertrages zu vermeiden und die Energierechnungen für die Bevölkerung verdaubarer zu machen, schlägt er dem Parlament vor, die Treibstoff-Abgaben während sechs Monaten um 13% und den entsprechenden Mehrwertsteuersatz von 19% auf 16% zu kürzen. Dem Dumping-Vorwurf würde sich damit nicht Petrom, sondern der Staat aussetzen.
Diesen Artikel finden Sie auf NZZ Online unter:
>>> http://www.nzz.ch/2005/09/19/wi/articleD5JGO.html