Philanthropie unterstellt immer eine zweckfreie Generosität beim Geben, Schenken und Helfen, die durchaus zur sonstigen unternehmerischen Lebenspraxis kontrastiert. Ihre Rhetorik soll zumeist zwei bestimmte Images der Mehrheit der Superreichen propagieren. Sie seien wohltätige Angehörige einer bodenständigen oberen Mittelklasse, wofür ihre entsprechenden Aufwendungen für Bildung, Kunst und Kultur, Gesundheit oder Tierschutz und Umwelt verweisen. Oder wir haben es mit der Imagepolitik der eigentlichen Spitzengruppe des globalen Reichtums zu tun. Deren Referenz ist die Menscheit und der Planet Erde. Sie unterstellen, mit ihnen umgehen zu können – und dies auch noch wohltätig und zu einem guten Ende. Sie sind der gute Souverän der Zukunft.
Sicher sind auch die reichen Bezieher leistungslosen Einkommens aus geerbtem Vermögen – in Deutschland die Schickedanz, Oppenheim, Sachs, Flick, Bismarck, Horten, Haniel, Engelhorn etc. als Philanthropen aktiv. Sie agieren zuweilen peripher etwa auch im Kunst- und Kulturbereich und werden oftmals in der Yellow Press-Öffentlichkeit fälschlicherweise als die eigentlichen Repräsentationen des Reichtums angesehen. Tatsächlich kann davon ausgegangen werden, dass der kontinuierlich wachsende Anteil des Erbvermögens zusätzlichen Legitimationsbedarf produziert, schließlich wird eine zentrale Norm (Leistungsgerechtigkeit) immer krasser verletzt. Doch das ist eher lästige Symbolpolitik, die Beträge sind dürftig.
Beim weitaus größten Teil der philanthropischen Aktivitäten handelt es sich um strategische Kapitalanlagen in Form von social business und social investment. Sie dienen dazu, Restbestände der Sozialstaatlichkeit zu schleifen und das private Kommando über globale Vermögen auszubauen. Die Philanthropie ist längst eine riesige Branche geworden und verbindet den demonstrativen Konsum und das, was seit einiger Zeit als „imperiale Lebensweise“ bezeichnet wird, mit dem Basisprozess der kapitalistischen Produktion. Wohltätige Schenkungen gelten zwar als intrinsisch gute Taten und Ausdruck eines verantwortungsvollen Reichtums, was für die übliche „Plusmacherei“ (Marx) keineswegs gilt. Superreiche erfinden ihre guten charity-Taten und vermarkten sie als Problemlösung, verschaffen also beispielsweise Branchen, Städten oder Berufsgruppen soziales Kapital und Anerkennung. Der Philanthrokapitalismus verknüpft mittlerweile in aller Regel aber auch nicht wenige Infrastrukturen der luxuriösen Lebensweisen der Reichen mit denen der Produktions- und Reproduktionsbedingungen der Kapitale der Wohlhabenden („social business“). Die Luxusimmobilien und Yachten, Clubs und Resorts, Bilder und Hotels, Flugzeuge, Inseln und Uhren haben also mehrere Zwecke: sie verleihen celebrity-Status (Bill Gates, Warren Buffet, George Soros) und mit ihnen werden nicht nur Lebensweisen und Konsum der Reichländer mit gebildet und reproduziert, sondern auch ihr Kapital, das sie dort anlegen und ständig mehren. Luxus und Philanthropie sind nicht bloß Verschwendung und Wohltäterei, sondern immer mehr zugleich dynamische Kapitalakkumulation – eine „wohltätige Umverteilung von Geld und Macht.“ Was die Superreichen „weg geben“, behalten sie aber gerne unter Kontrolle. Dass die Eingeborenen Reichlands zuweilen in ihrem alten Häuschen vorbeischauen und ihre Stammbäume pflegen, gehört dazu. So natürlich auch die Zuckerbergs.