Stadt zum Eigentum machen

 ricmartínez Spittelmarkt, Berlin  ricmartínez CC BY-NC-ND 2.0
Spittelmarkt, Berlin
ricmartínez
CC BY-NC-ND 2.0

und dadurch die Stadt verlieren. So jedenfalls liest sich die Beschreibung von Robert Kaltenbrunner in der FAZ. Städtischer Raum wird in Wohneigentum umgewandelt und eine gatet community daraus gemacht und das „ganze glückliche Lebensgefühl“ in dem so lebendigen Kiez gibt es zu dem Verkaufspaket der eigenen vier Wänden dazu.

Projektentwickler und Wohnungsunternehmen in den Städten haben es mit einer anspruchsvollen Klientel zu tun. Denn die zum Teil außerordentlich gut verdienenden Käufer wollen Wohnungen, die auf keinen Fall den Anschein einer bloßen Katalogware haben dürfen. Vor allem aber setzen sie auf ein Quartiersumfeld, welches ihren meist urbanen Lebensstilen entspricht. (FAZ 21.4.2015)

Als herausragendes Beispiel für diese Entwicklung wird die Stadt Berlin angeführt. Der Marthashof, eine Privatstrasse im Bezirk Mitte, wird als Urban Village beworben, das Wohlgefühl, Sicherheit, Ökologie und ein funktionales Quartiersumfeld verspricht und mit dem Slogan ganzheitliche Philisophie versieht (vgl. FAZ 21.4.2015).

Das Projekt orientiert sich an einer globalen Mittel- bis Oberschicht, die ihre Lebensweise gern auf Nachhaltigkeit trimmt, dies mit einem hohen Wohnkomfort und Urbanität verbinden möchte und dafür das nötige Kleingeld bereitzuhalten in der Lage ist.

Schön für die, die das Geld zur Verfügung haben und kaufen können, schlecht für die, die verdrängt werden und gehen müssen. Schlecht auch für die Stadt als heterogene Menschenansammlung. Ein ganzes Leben lässt sich nicht mit Geld kaufen. Der Kiez, zum Lifestyleaccessoire für das neue reiche Lebens- und Wohngefühl degradiert, verschwindet, denn die Subjekte wollen und können nicht nur Schmuckstück sein. Sie müssen auch ein Leben leben, d.h. wohnen, arbeiten, Essen kaufen, Essen kochen, die Kinder versorgen. Und wenn noch Zeit bleibt mit den Nachbarn schwatzen und auf der Bank in der Eckkneipe beim Bier zu finanzierbaren Preisen fletzen. Privateigentum schafft homogene Quartiere. Der Autor führt das Wohnquartier am Spittelmarkt an:

Doch wie die Anlage sich zum Stadtraum verhält, ist unmissverständlich auf einen Schild zu lesen: „Privateigentum. Betreten und Hausieren verboten.“ Genau hier beginnt die Sache heikel zu werden. Dass ein einzelnes Vorhaben sich von der Außenwelt abgrenzt, ist weder neu noch ungewöhnlich. Wenn aber diese Ausschließlichkeit ganze Quartiere zu prägen beginnt – wie es in dieser Gegend mittlerweile der Fall ist -, dann wird es problematisch. Denn dann droht die Stadt zu einem Archipel aus einzelnen Inseln zu werden, die so gut wie nichts miteinander zu tun haben. … In den Großsiedlungen wie den exklusiven Stadtquartieren blühen Monokulturen aller Art, wird Homogenität zur Beschränkung. Ganz anders dagegen sind kleinteilig strukturierte, von öffentlichen Räumen durchzogene Gebiete. Sie lassen Austausch und Entwicklung zu. Das ist es, was eine Stadt braucht: Quartiere, die nicht bloß an dem sie umgebenden Kiez partizipieren, sondern der Stadt auch etwas an Urbanität zurückgeben, anstatt sich nach innen abzuschotten.

Im Berliner Mieterecho wird es noch anschaulicher: Verdrängt werden öffentliche Schulen, denn es werden Privatschulen bevorzugt; Wochenmärkte, denn Lebensmitteleinkauf ist eine zu provane Alltagsaufgabe; Jugendclubs, in denen Bands proben und sich junge Menschen unterschiedlichster ökonomischer Situation sozialisieren können, denn ein Verbleiben unter sich ist in diesem Wohnkonzept Programm.

Hinterlasse eine Antwort