Als Bauer und Bäuerin in Paraguay ist man gut beraten kein Soja anzubauen. Die riesigen Soja-Felder zerstören die Gesundheit der Menschen und andere Pflanzenkulturen auf den benachbarten Äckern. „Soja ist für mich wie eine Bombe,“ heisst es in dem Film „Raising Resistance“. Dokumentiert wird der Soja-Konflikt zwischen Kleinbauern und _bäuerinnen, Agrarindustrie und Gesundheitslobby. Auf heise.de schreibt Rüdiger Suchsland:
Eindringlich schildert der Film den wachsenden Widerstand dieser Campesinos gegen die Dominanz landwirtschaftlicher Großkonzerne und den aggressiven Einsatz von Gentechnologie, der ihre Kinder erblinden und das Vieh sterben lässt.
Das gentechnisch veränderte Soja kann trotz massiven Einsatzes von Pestiziden, Bioziden, Herbiziden, Insektiziden wachsen. Je nach Windrichtung vernichten die Chemikalien die Pflanzen der benachbarten Anbauflächen. Die Kleinbauern und -bäuerinnen kämpfen ums Überleben.
Auf der Webseite der Pro Paraguay Initiative ist zu lesen:
Hinsichtlich des grausamen und gewaltsamen Gesichts der Soja-Industrie im Bereich des Mercosur ist Paraguay ein extremer Fall. Jeden Hektar Soja bezahlen die ländlichen Gemeinschaften in Paraguay mit ihrem Blut. Für das Agro-Business stellt die ländliche Kleinbauernwirtschaft ein Hindernis dar, welches zum Zwecke der eigenen Expansion aus dem Weg zu räumen ist.
Sie berichten vom Kampf um ausreichend Anbaufläche für die Kleinbäuer_innen, von Vertreibungen durch Militärs und Paramilitärs, land grabbing und vom Scheitern einer Landreform an der fortschreitenden Privatisierung öffentlichen Lands.
Rüdiger Suchsland weist in seinem Artikel darauf hin, dass die auf Soja basierende Tofuproduktion ihre Abnehmer_innen nicht zuletzt in deutschen Wohlstandsvierteln findet. Aber nicht nur Vegetarier_innen und Veganer_innen stellen die tödliche Nachfrage. Soja kommt in großem Stil als Futter in der Viehwirtschaft und damit der Fleischproduktion zum Einsatz. Nicht nur die Gegenüberstellung Soja = gut, Fleisch = böse kommt so ins Wanken, sondern – allgemein gesprochen:
die schlichten Gleichungen von Teilen der Gesundheitslobby [sind] viel zu einfach und billig […]. Es geht hier auch um übertriebene Reinheitsvorstellungen: Sauberes Essen, saubere Natur.
Aber ohne Blick auf die Produktionsbedingungen ist kein „sauberes“ Essen möglich. Denn das Gute Leben der Konsument_innen hängt mit dem Guten Leben der Produzent_innen zusammen. Und ohne Gute Arbeit kein Gutes Leben. Damit wird „Konsument_innen-Souveränität“ zu Klassenkampf.
Der Film „Raising Resistance“ läuft jetzt in den Kinos.
letztlich ist es die transformation von nahrungsmitteln zu weltweit in echtzeit elekronisch gehandelten warenbeständen, die preissteigerung und hunger verursachen. „Dabei könnte aber auch die Frage gestellt werden, warum Nahrungsmittel überhaupt eine Ware sein müssen.“
http://www.heise.de/tp/blogs/8/153799
Und ein weiteres Phänomen, auf das die Süddeutsche Zeitung im Zusammenhang mit dem moralisch als sehr positiv erlebten und zugeschriebenen Einkauf im Bio-Markt zu sprechen kommt:
Gestern in der Berliner Zeitung: Pflanzen lernen von anderen Pflanzen: Auch Vegetarier müssen sich fragen, „Wen“ sie essen
Das bürgerliche Bewußtsein trennt die Produktionsbedingungen ab – vor allem wenn sie unschön sind – und packt sie in abstrakter Form in den Preis – der in der Regel um so niedriger wird, je beschissener die Vernutzung von Mensch und Natur in der Produktion abläuft. Ein gutes Beispiel für die fetischisierte Rolle, die Tofu im kapitalismuskritikvergessenen Lifestylevegetariertum und -veganismus spielt, liefert eine ausführliche Reportage in der Berliner Zeitung über die „blitzende Edelstahl-Welt der Tofu-Produktion“. Dort kommt Soja „aus einem Trichter unter der Decke“. Kein weiteres Wort zu den globalen Produktionsbedingungen des Rohstoffes.