Die Mitwirkung in der studentischen und akademischen Selbstverwaltung gilt einerseits gesetzlich als Recht und Pflicht, andererseits sollen die Studierenden dazu gebracht werden, ‚effektiv‘ und ‚effizient‘ zu studieren. Fredrik Dehnerdt und Clara Meier fragen in einem sehr lesenswerten Artikel nach den Bedingungen und Möglichkeiten von hochschulpolitischem Engagement in der unternehmerischen Hochschule. Sie beschreiben einerseits, wie dieses Engagement ggw. juristisch eingeordnet ist, anderseits beschreiben sie, wie sich studentisches Engagement wandelt. Aus Kritik und Selbstverwaltung wird Ressource. Sie schreiben:
Einerseits gilt Engagement in der studentischen und akademischen Selbstverwaltung gesetzlich normiert als Recht und Pflicht, andererseits werden Anforderungen des Arbeitsmarktes an die Studierenden gerichtet, die auf ein effektives und effizientes Studium zielen. Fehlverhalten im Rahmen der unternehmerischen Hochschule wird unter anderem wie oben beschrieben sanktioniert. Insbesondere Studierende, die sich hochschulpolitisch engagieren wollen, stehen dabei in einem Spannungsfeld zwischen ihrer Motivation zum Engagement und der Anforderung, das Studium als ausschließlich berufliche Qualifizierungsstrategie zu begreifen. […]
Neben der fast trivialen Feststellung, dass hochschulpolitisches Engagement im Kontext von Employability innerhalb studentischer Lebensentwürfe an Bedeutung verliert, ist eine aktuelle Entwicklung bemerkenswert, die Formen des Engagements aufwertet und gleichzeitig im Kontext unternehmerischer Hochschulen umdeutet und neu definiert. Engagement ist dann „nicht mehr politisch, sondern auf berufliche Initiativen und bessere Qualifizierung [aus]gerichtet.“ […]
Sigrun Nickel, seit einigen Jahren beim CHE als Beraterin von Hochschulen tätig, stellt unmissverständlich fest, dass unter einem partizipativem Management von Hochschulen nicht die Ausweitung von demokratischen Mitbestimmungsrechten oder gar die Einführung von Selbstverwaltungsstrukturen zu verstehen sei, sondern die „verstärkte Beteiligung von Mitarbeitern an der Willensbildung einer hierarchisch höheren Ebene der Organisation.“
Beii aller Beteilungsorientierung stelle partizipatives Management dabei einen Steuerungsansatz dar, dessen Hauptinteresse in der Verwirklichung von Organisationszielen liege. Formen von Beteiligung, oder – wie Nickel schreibt – von „motivationsfördernden und beteiligungsorientierten Managementtechniken“ werden somit genutzt, um von außen gesetzte Zielvorgaben effizienter und effektiver umsetzen zu können. Dieses neue Partizipationsverständnis sieht Formen der Beteiligung als Mittel, deren Ziel es ist, Expertise für Entscheidungen der Dekan_innen und Präsident_innen bereitzustellen und somit ihre Informationsgrundlage zu verbessern sowie als Instrument, um die Akzeptanz für Maßnahmen der Hochschulleitungen zu erhöhen, wie das CHE in einem Arbeitspapier von 2011 in Bezug auf eine Umfrage unter Dekan_innen und Präsident_innen formuliert. Die neue Bedeutung von Engagement entspringt somit nicht dem emanzipatorischen Ziel, individuelle und kollektive Freiheit über wirksame Mitbestimmungsrechte bei allen Fragen der Verteilung von Ressourcen sowie der Ziele und Bedingungen des jeweiligen Arbeitszusammenhanges herzustellen, sondern dem Ziel, ein Management an den Hochschulen zu implementieren, das die ‚Ressource Mensch‘ als Mittel zur Qualitäts- und Hochschul-Entwicklung nutzt. Hierfür wird die/der Studierende angerufen als unternehmerisches Selbs, das alle seine Aktivitäten als Teil eines lebenslangen Selbst-Qualifizierungs- und Selbst-Optimierungsprozesses innerhalb eines bildungsökonomischen Regimes zu begreifen hat. […]
Dem entspricht Michel Foucaults These, dass die Durchsetzung des Neoliberalismus und seines Leitbildes einer Gesellschaft aus Unternehmenseinheiten – und somit von unternehmerischen Studierenden in unternehmerischen Hochschulen – auf der Anwendung einer spezifischen, gouvernementalen Herrschaftstechnik beruhe.
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