Rundfunkstaatsverträg legt öffentlich-rechtliche Digital-Allmende trocken
Was heute irgendwo auf der Welt ins Netz gestellt wird, kann in der Regel bis auf weiteres abgerufen werden. Was einmal veröffentlicht wurde, vergrößert die universelle Bibliothek im Netz. Jeder Mensch mit Internet-Anschluss hat so freien Zugang zu vielfältigen Informationen, zu Entwicklungen aktueller und vergangener Ereignisse überall auf der Welt, in Deutschland oder vor der eigenen Haustür. Damit soll jetzt Schluss sein, so die Novelle des Rundfunkstaatsvertrags, zumindest was öffentlich-rechtliche Inhalte angeht. Die tagesschau – prominenter Anbieter bisher – erklärt auf ihren Seiten das unvermeidliche und kündigt die Löschung ihres Seitentriebs der digitalen Allmende an. Gulli sieht den größeren Zusammenhang: Was flüchtig ist, soll flüchtig bleiben. Wäre ja noch schöner, wenn sich medienkompetente BürgerInnen jederzeit und selbstbestimmt ein differenziertes mediales Bild von der Welt verschaffen könnten – unabhängig von paternalistischer Bevormundung durch Programm und Sendezeiten entlang der Planung durch parteien-proportional besetzte Gremien… Soweit der erste Empörungsreflex. Aber alles ist komplizierter und vielleicht wirkt ja auch hier das Prinzip Mephisto, die Kraft, die stets das Böse will und stets das Gute schafft: Denn die digitale Informationsallmende keimt ja auch anderswo. Nur zwei Beispiele: Bei Wikinews erstellt und veröffentlicht eine offene Community frei lizenzierte Nachrichten. Bei indymedia darüberhinaus eignen sich die sozialen Bewegungen direkt die Nachrichtengestaltung an und öffnet sie für Diskussion, so dass es wirklich zu einer anderen inhaltlichen und politischen Ausrichtung kommt als in öffentlich-rechtlichen Medien. Von daher gesehen könnte der restriktive Staatsvertrag eine wahrscheinlich ganz unbeabsichtigte Wirkung entfalten: Er behindert die Überwucherung der digitalen Allemende mit staatsnahen und -konformen, öffentlich-rechtlichen Inhalten und schützt so deren potentiell dissidente Struktur.