ppg heisst jetzt p/oeg – sonst aendert sich nix!

Die Redaktion (ja, sowas gibt’s hier mittlerweile) hat beschlossen, eine neue Selbstbezeichnung einzuführen. Auch wenn ein Namenswechsel immer das Risiko des Imageverlusts beinhaltet, so schien uns eine sinnvollere und transparentere Abkürzung notwendig.
Englischsprachig heißt das Netzwerk weiterhin P/PG, was für „Privatization/Public Goods“ steht.
In deutscher Sprache heißt das Netzwerk ab sofort: P/ÖG, was entsprechend für „Privatisierung/Öffentliche Güter“ steht.

Bodenbesitz und Reichtumsverteilung

Privater Bodenbesitz ist auch im 21. Jahrhundert eine wesentliche Quelle von ungleicher Reichstumsverteilung und politischer Macht. Doch detaillierte und umfassende Informationen zur Verteilung von Land und Boden gehören sowohl in der BRD als auch im internationalen Kontext zur Ausnahme. Im Folgenden sind einige Informationsquellen benannt, die bei einer Annäherung an das Thema hilfreich sein können.
Einen äußerst informativen Einstieg zur Frage „Wem gehört der Boden in der BRD“ gibt Hermann Behrens in einer Studie zum 1. Eigentumsworkshop der RLS Ende 01 [pdf]. Für die BRD als generelle Quelle sei auch der Agrarbericht, aktuell: 2005, aktuell: 2005. empfohlen.
Als allgemeine auch kritische Einstiege in die internationalen Bodenbesitzverhältnisse eignen sich die Webseiten des BoKu-Wien und des ökologisch orientierten world resources institute (WRI). Die Webseite This Land Is My Land von Monte Burke and William P. Barrett präsentiert die größten Grundeigentümer der USA. AuchAgrobusiness bietet globale Links zu den Besitzverhältnissen des Bodens. Eine Studie des World Resources Institute zu Tree Trade von 11/1999 gibt Auskunft über den Handel von Waldflächen zur Holzgewinnung.

Copyright-Gerangel um Galileo (Euro-Satelliten-Navigation)

Zitat aus dem Streit: „Man könne ja wohl auch keinen Leuchtturm bauen und verhindern, dass jemand beobachtet, wie oft das Licht aufleuchtet, und die Koordinaten misst: ‚Kann der Besitzer von mir eine Lizenzgebühr fordern, wenn ich das Licht anschaue? Nein. Warum sollte dann das Anschauen des Galileo-Satelliten etwas anderes sein?'“ Mehr im Telepolis-Artikel:
„Galileo-Code gecrackt“ von Florian Rötzer 11.07.2006
US-Wissenschaftler nehmen für sich das Recht in Anspruch, einen Code für das EU-Navigationssystem Galileo zu cracken, da man „elementare Daten über die physische Welt nicht durch Copyright schützen“ könne
Ende letzten Jahres, am 28.12.2005, wurde der erste Satellit des europäischen Satellitennetzes Galileo (1) in seine Umlaufbahn gebracht ( Verspätete Feierstimmung am 28. Dezember (2)). „Giove-A“ (Galileo In-Orbit Validation Element-A) ist ein Testsatellit. Eigentlich sollte bereits im Frühjahr 2006 ein zweiter folgen, der Start wurde jedoch auf den Herbst verschoben. Ab 2008 sollen dann die ersten vier „echten“ Galileo-Satelliten folgen, um dann 2010 in Konkurrenz mit dem amerikanischen GPS-System und dem russischen Glonass zu treten. Giove-A dient der Frequenzsicherung, der technischen Validierung und hat einen Signalgenerator an Bord.
Wie Mitarbeiter des Global Positioning System (GPS) Laboratory (3) der Cornell University berichten, haben sie den bislang geheim gehaltenen Code des Satelliten Giove-A geknackt. Das betrifft den Offenen Dienst (Open Service) von Galileo, der kostenlose Positions-, Geschwindigkeits- und Zeitangaben beispielsweise für Fahrzeuge und Mobiltelefone liefern soll. OS nutzt zwei Frequenzen für seine Signale, wodurch Fehler, verursacht durch Störungen in der Ionosphäre, korrigiert werden können und daher die Positionsbestimmungen genauer werden. Die Frequenzen enthalten zwei Code-Signale. Die Daten der Entfernungsmessung werden einem der Codes hinzugefügt, der zweite, der Pilot-Code, bleibt frei. Satelliten werden durch einen pseudozufälligen Code (PRN – pseudo random code) für den Empfänger identifiziert.
Der PRN auf dem Frequenzband L1 wurde, wie die amerikanischen Wissenschaftler süffisant anmerken (4), aber nicht veröffentlicht, obwohl es sich um das Signal des angeblich kostenlosen und frei zugänglichen OS handelte. Ein wenig scheinheilig spekulieren sie darüber, dass Galileo im Gegensatz zum GPS, das vom Pentagon mit Steuergeldern betrieben wird, möglicherweise auch für diese PRN-Codes eine Gebühr verlangen könnte. Nach langen Auseinandersetzungen mit dem Pentagon musste die EU nachgeben und für Galileo ein gleiches Grundsignal wie das GPS benutzen ( Wie weit geht der Einfluss? (5)). Das Pentagon kann so auch das Galileo-Signal in seiner Genauigkeit heruntersetzen, während es für das Militär das GPS-Signal weiter unbeeinträchtigt nutzen kann. Aufgrund des Abkommens mit den USA sind die Europäer verpflichtet, auch kostenlose Signale anzubieten, sagen die US-Wissenschaftler, was sie aber eben versäumt hätten – weswegen sie das wohl auf eigene Faust nachholen wollten.
Im Januar hatten die Wissenschaftler bei dem britischen Unternehmen Surrey Space Technologies Ltd. (6), das Giove-A entwickelt hat, nachgefragt, um die PRN-Codes zu erhalten, nachdem am 12. Januar die ersten Navigationssignale von Giove-A gesendet (7) wurden. Aber in Großbritannien wurden sie ebenso wie später in Deutschland abschlägig beschieden. Daraufhin begannen sie mit dem Versuch, diese zu knacken. Nachdem sie die Signale vom Satelliten entdeckt und, auch durch die Hilfe eines Tipps eines deutschen Wissenschaftlers, die Codes entschlüsselt und im April auf ihrer Website veröffentlicht (8) hatten, konnte eine kanadische Firma mit ihren GPS-Geräten den Satelliten verfolgen.
Kurz danach, am 19. April, wurden die PRN-Codes bekannt (9) gegeben, nur stimmten sie offenbar nicht mit denen überein, die vom Testsatelliten tatsächlich benutzt wurden. Überdies wurde vom Galileo-Konsortium vorausgeschickt, dass die „Galileo Navigation Primary Codes“ geistiges Eigentum seien, woraus die US-Wissenschaftler schlossen, dass man „aus dem Open Source Code Geld machen“ wolle. Nach Mark Psiaki vom GPS Laboratory ist das seltsam und stellt für ihn gewissermaßen die Rechtfertigung dar, den Code zu knacken. Man könne ja wohl auch keinen Leuchtturm bauen und verhindern, dass jemand beobachtet, wie oft das Licht aufleuchtet, und die Koordinaten misst: „Kann der Besitzer von mir eine Lizenzgebühr fordern, wenn ich das Licht anschaue? Nein. Warum sollte dann das Anschauen des Galileo-Satelliten etwas anderes sein?“
Angeblich waren sich die Wissenschaftler erst einmal doch nicht so ganz sicher, ob das Kracken eines Codes für ein offenes System, der aber nicht veröffentlicht wurde, nicht doch eine Copyright-Verletzung darstellt. Schließlich ist hier die US-Regierung zum Schutz ihrer Wirtschaft besonders scharf. Man habe sich also mit dem Rechtsberater der Universität darüber verständigt, der den Wissenschaftlern in diesem Fall die Lizenz zum Cracken gegeben habe. Die Begründung klingt jedenfalls interessant:
–Uns wurde gesagt, dass das Cracken der Verschlüsselung von kreativen Inhalten wie Musik oder Filmen illegal sei, aber das Cracken der von einem Navigationssignal verwendeten Verschlüsselung ist ein faires Spiel. … Die Europäer können elementare Daten über die physische Welt nicht durch Copyright schützen, selbst wenn die Daten von einem Satelliten kommen, den sie gebaut haben.–
Dasselbe könnte man freilich auch für Filme oder Fotos sagen. Und natürlich erst recht für genetische Daten. Man könnte auch fragen, ob diese Daten tatsächlich elementar sind, da man sie ja nur erhalten kann, wenn es Satelliten gibt, die die entsprechenden Signale aussenden.

Update vom 12.7.
Timo Thalmann, der den Blog Geograffiti (10) betreibt, hat bei Galileo Joint Undertaking (11) (GJU) wegen des von den US-Wissenschaftlern propagierten Hacks einmal nachgefragt (12). Hans Peter Marchlewski, General Counselor von GJU, sieht das gelassen:
–Es handele sich bei GIOVE-A um einen ersten Testsatelliten für das geplante europäische Satellitennavigationssystem Galileo, der natürlich einen anderen Code benutze, als das spätere komplette System. Nichts anderes haben die Wissenschaftler der Cornell Universität festgestellt. Allerdings sei der jetzt verwendete Code sehr einfach und kurz gehalten und damit nach Angaben der Galileo Technik-Verantwortlichen relativ simpel und in ein paar Stunden tatasächlich mit jedem PC knackbar. „Das hat uns alles sonderlich überrascht und macht uns auch nicht nervös“, sagte Marchlewski.–
Geprüft würde derzeit die rechtliche Argumentation, also dass Navigationssignale als elementare Daten über die physische Welt gelten und sie daher nicht als geistiges Eigentum geschützt werden können. Marchlewski geht davon aus, dass man mit dem Signal keine Geschäfte machen will, wie die Amerikaner dies unterstellten, definitiv zurückweisen wollte er es aber auch nicht.

LINKS
(1) http://ec.europa.eu/dgs/energy_transport/galileo/index_en.htm
(2) http://www.telepolis.de/r4/artikel/21/21661/1.html
(3) http://gps.ece.cornell.edu/
(4) http://www.news.cornell.edu/stories/July06/GPS.code.cracked.TO.html
(5) http://www.telepolis.de/r4/artikel/17/17749/1.html
(6) http://www.sstl.co.uk/
(7) http://www.sstl.co.uk/index.php?loc=27&id=895
(8) http://gps.ece.cornell.edu/galileo
(9) http://www.galileoju.com/page.cfm?voce=s2&idvoce=64&plugIn=1
(10) http://www.geografitti.de/
(11) http://www.galileoju.com/
(12) http://www.geografitti.de/index.php?itemid=134

Pressespiegel: Trubel in der Linken um Privatisierungspolitik

Tagesspiegel, 04.07.2006
Für PDS-Realos ist Lafontaine ein Problem. Staatsverständnis ist einer der Streitpunkte
Von Matthias Meisner
Berlin – In der PDS wächst die Sorge, dass Oskar Lafontaine in einer vereinigten Linken zu mächtig werde könnte. Mehrere prominente Landes- und Bundespolitiker verständigten sich unter der Überschrift „Abschied und Wiederkehr“ auf einen „Aufruf aus der PDS zur neuen Linkspartei“. Das Papier verzichtet zwar auf eine direkte Abrechnung mit dem Vorsitzenden der Bundestagsfraktion. In einer ganzen Reihe von Punkten gehen die Unterzeichner aber auf Abstand zu Positionen Lafontaines, die dieser vor wenigen Wochen im Gründungsmanifest für eine vereinigte Linkspartei durchgesetzt hatte. Unter dem Einfluss Lafontaines könnte die neue Linkspartei programmatisch zurückfallen, heißt es aus dem Kreis der Autoren. Streitpunkte sind unter anderem das Staatsverständnis der neuen Linken, aber auch die Haltung zu Regierungsbeteiligungen. Unterzeichner des Papiers sind unter anderem die Landesvorsitzenden aus Berlin, Brandenburg und Sachsen-Anhalt, Klaus Lederer, Thomas Nord und Matthias Höhn, daneben dem Reformflügel zuzurechnende Bundespolitiker wie Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch, Vizeparteichefin Katina Schubert und der Berliner Fraktionsvorsitzende Stefan Liebich. Für die Klausurtagung der 53 Bundestagsabgeordneten, die am Montag in Rostock-Warnemünde begann, liefert das Papier Zündstoff. Lafontaine streitet für eine Verstaatlichung von Schlüsselindustrien, kämpft kategorisch gegen den Abbau des öffentlichen Dienstes. Die Autoren des PDS-Papiers, das dem Tagesspiegel vorliegt, werben dagegen für mehr Differenzierung, stellen die Bedeutung des Kompromisses in der politischen Auseinandersetzung heraus: Es reiche heute „nicht aus, nur auf den Staat, seine Gesetze und sein Geld zu schauen“. Das Versagen der Reformpolitik erkläre sich auch „aus dem fehlenden innovativen Unterbau in der Gesellschaft, aus der alleinigen Verantwortungszuweisung an den Staat“. Der Aufruf erinnert auch an die Erfahrungen der PDS in Parlamenten und Landesregierungen, ein „großer Vorteil“, den man hart erarbeitet habe.
Schon in der jüngsten Vergangenheit hatte es mehrere kritische Wortmeldungen gegeben. Sachsen-Anhalts PDS-Chef Höhn sowie der dortige Fraktionsvorsitzende Wulf Gallert – Mitunterzeichner auch des neuen Papiers – hatten in Lafontaines Gründungsmanifest „keine tragfähige Basis“ für eine Vereinigung erkannt. Die Gefahr des inhaltlichen Scheiterns sei „sehr real“, sagte Gallert dem „Neuen Deutschland“. Thomas Falkner, früherer Leiter der Strategieabteilung in der Parteizentrale, warnte, die Preisgabe der „alten PDS“ und die „Überforderung der WASG“ würden die „große historische Chance“ der neuen Linken zerstören. Zusammen mit der brandenburgischen Fraktionschefin Kerstin Kaiser kritisierte Falkner, die Linkspartei sei derzeit „faktisch nicht beziehungsweise nur unter großen internen Störungen“ regierungsfähig.

Junge Welt 08.07.2006, Titel, Seite 1
Privat zum Sozialismus
Rainer Balcerowiak
Geht es nach dem Willen von Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch, dann wird sich die Linkspartei.PDS an einer von der WASG und anderen Gruppen geplanten bundesweiten Antiprivatisierungskampagne im Herbst nicht beteiligen. In einer jW vorliegenden Beschlußvorlage, die am Montag im Parteivorstand abgestimmt werden soll, heißt es klipp und klar: »Die Forderung ›keine Privatisierung‹ resp. ›Den Privatisierungswahn stoppen‹ ist in dieser Form nicht für eine politische Kampagne geeignet, weil zu unbestimmt und abstrakt.« Zudem kollidiere die geplante Kampagne mit den für diesen Zeitraum geplanten bundesweiten Aktionen für einen gesetzlichen Mindeslohn, die bis November durchgeführt werden sollen. Doch in dem Antrag von Bartsch wird deutlich, daß es keinesfalls um terminliche Mißhelligkeiten geht. In den zur Begründung formulierten »Thesen zum weiteren Umgang mit diesem Politikfeld« wird die bisher von der Bundespartei und auch der Bundestagsfraktion formulierte strikte Ablehnung von Privatisierungen im Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge in Frage gestellt: »Privatisierungsbestrebungen von Bund, Ländern und Kommunen haben (…) auch einen Ansatzpunkt im realen Zustand der öffentlichen Haushalte, der öffentlichen Einrichtungen und öffentlichen Unternehmen.« Statt einer undifferenzierten Antiprivatisierungshaltung müsse die Partei »Positiv- und Negativkriterien« für den Verkauf öffentlichen Eigentums entwickeln.
Dem Autor dürfte die Brisanz seines Vorstoßes klar sein. In der Partei und auch aus den Reihen der WASG gab es in den letzten Wochen und Monaten massive Kritik am Verhalten von Kommunal- und Landespolitikern der Linkspartei.PDS besonders in Dresden und Berlin. In der sächsischen Landeshauptstadt stimmte eine Mehrheit ihrer Fraktion dem Komplettverkauf der städtischen Wohnungen zu. In Berlin haben mitregierende Sozialisten unter anderem einer Gesetzesnovelle zur Renditegarantie für die privatisierten Wasserbetriebe zugestimmt, in der die Kalkulationsgrundlagen für vereinbarte Preiserhöhungen zum »Geschäftsgeheimnis« erklärt und somit der Kontrolle der Abgeordneten entzogen werden. Auch das Gesetz zur Sparkassenprivatisierung kommt aus dem Haus eines Linkspartei.PDS-Senators. Diese neoliberale politische Praxis hatte unter anderem Oskar Lafontaine intern und öffentlich scharf kritisiert, und auch die gemeinsame Linksfraktion im Bundestag hat sich in Erklärungen – zuletzt auf einer Fraktionsklausur in dieser Woche – mehrheitlich gegen weitere Privatisierungen ausgesprochen. Da will Bartsch offensichtlich gegensteuern. In der Linken und in seiner Partei sei »durchaus streitig, inwieweit der Staat Leistungen der öffentlichen Daseinsvorsorge selbst erbringen muß und inwieweit er ihre Erbringung gewährleisten muß.« Kontroversen gebe es auch in der Frage »inwieweit die Antwort auf Markt und Profitdominanz zwingend öffentlicher Dienst, administrative Regulative und öffentliches Eigentum sein müssen«. Das Parteiprogramm der Linkspartei.PDS stelle »nicht eine bestimmte Eigentumsform in den Mittelpunkt«. Denkbar sei außer öffentlichem Eigentum auch »progressive Entstaatlichung« als »notwendiger Teil einer Transformationsstrategie zum demokratischen Sozialismus«. Man darf gespannt sein, ob der Parteivorstand am Montag der Idee, mittels Privatisierungen zum Sozialismus zu kommen, mehrheitlich folgen wird.

Lnkszeitung.de, 09.07.2006
WASG plant bundesweite Kampagne gegen Privatisierung Gegen Verschleuderung öffentlichen Eigentums
Berlin (ppa). Felicitas Weck und Thomas Händel, geschäftsführende Bundesvorstandsmitglieder der WASG, haben jetzt ihre Absicht bekundet, gemeinsam mit Linkspartei, GlobalisierungskritikerInnen, Sozialverbänden und Gewerkschaften gegen die Privatisierung Front zu machen. „Mit der Verschleuderung öffentlichen Eigentums zur kurzfristigen Etatsanierung muss jetzt endlich Schluss gemacht werden“, so Weck und Händel am Sonntag. Die WASG habe bereits eine Arbeitsgruppe mit der Vorbereitung beauftragt und lädt die Linkspartei zu einem Arbeitstreffen ein, Möglichkeiten, Anforderungen und Realisierung einer Kampagne „Für eine solidarische Gesellschaft – gegen die Privatisierung öffentlichen Eigentums“ in Umsetzung der Parteitagsbeschlüsse der Linkspartei.PDS und der WASG zu bestimmen und diese Kampagne im Rahmen des Parteibildungsprozesses zu führen. Erste Beratungen sollen noch im Juli stattfinden. In einem Brief an den Parteivorstand der Linkspartei.PDS wird betont, dass der Kampf gegen Privatisierungen ein Kampf für die Schwächsten, für Demokratie, für soziale Gerechtigkeit und damit ein zentrales Markenzeichen linker Politik weltweit ist. Mit dieser Kampagne könne ferner der Parteibildungsprozess weiter politisiert und über die Mitgliedschaften beider Parteien hinaus erweitert werden.
Die WASG hatte auf ihrem Bundesparteitag im April u.a. die Kampagne „Für eine solidarische Gesellschaft – gegen die Privatisierung öffentlichen Eigentums“ beschlossen. Ähnlich beschloss die Linkspartei.PDS auf ihrem zeitgleichen Bundesparteitag in Halle/S. eine Kampagne „Privatisierungswahn stoppen – Öffentliche Daseinsvorsorge erhalten“.

Tagesspiegel, 10.07.2006
Linkspartei zankt um Privatisierung
Berlin – Zum zweiten Mal binnen weniger Tage versucht der Reformerflügel der PDS, die Partei auf mehr Realitätssinn einzuschwören. In einer Vorlage für die Sitzung des Parteivorstands an diesem Montag in Berlin schlägt Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch vor, auf eine geforderte Kampagne gegen die Privatisierung öffentlichen Eigentums zu verzichten. In dazu von ihm vorgelegten Thesen wirbt er in der Debatte für ein undogmatisches Vorgehen. In der Linken selbst sei die Haltung zur Rolle öffentlichen Eigentums „nicht unumstritten, sondern differenziert“. Bartsch schreibt: „Streitig ist durchaus, inwieweit der Staat Leistungen der öffentlichen Daseinsvorsorge selbst erbringen muss und inwieweit er ihre Erbringung gewährleisten muss.“
Indirekt geht Bartsch mit seinem Vorstoß auch auf Distanz zum Vorsitzenden der Linksfraktion im Bundestag, Oskar Lafontaine. Schon vor der Klausur der Bundestagsfraktion vergangene Woche in Rostock hatten führende Landespolitiker Lafontaines Staatsbegriff kritisiert. Im von Lafontaine durchgesetzten Gründungsmanifest für eine vereinigte Linkspartei heißt es, die Linke wolle „Schluss machen mit einer Politik, die das öffentliche Vermögen verkauft und damit die Bevölkerung enteignet“. Statt einer „neoliberalen Privatisierung“ wolle sie eine staatliche und kommunale Verantwortung für Bildung und Gesundheit, Wasser- und Energieversorgung, für Stadtentwicklung und Wohnungen, für öffentlichen Nah- und Fernverkehr sowie für wichtige Teile der Kultur. Bartsch hingegen argumentiert, auch eine „progressive Entstaatlichung“ könne notwendiger Teil einer „Transformationsstrategie zum demokratischen Sozialismus sein“.m.m.

Junge Welt, 10.07.2006
Abgeschrieben*: WASG will bundesweite Kampagne gegen Privatisierung starten
* Wir dokumentieren in Auszügen eine Medieninformation des Bundesvorstandes der WASG vom Sonntag: Der Bundesvorstand der WASG hat nachdrücklich seine Absicht bekräftigt, eine bundesweite Kampagne gegen Privatisierung zu starten. Felicitas Weck und Thomas Händel, geschäftsführende Bundesvorstandsmitglieder der WASG unterstrichen ihre Absicht gemeinsam mit Linkspartei, Globalisierungskritikern, Sozialverbänden und Gewerkschaften gegen die Privatisierung Front zu machen. »Mit der Verschleuderung öffentlichen Eigentums zur kurzfristigen Etatsanierung muß jetzt endlich Schluß gemacht werden«, so Weck und Händel am Sonntag.
Die WASG habe bereits eine Arbeitsgruppe mit der Vorbereitung beauftragt und lädt die Linkspartei zu einem Arbeitstreffen ein, Möglichkeiten, Anforderungen und Realisierung einer Kampagne »Für eine solidarische Gesellschaft – gegen die Privatisierung öffentlichen Eigentums« in Umsetzung der Parteitagsbeschlüsse der Linkspartei.PDS und der WASG zu bestimmen und diese Kampagne im Rahmen des Parteibildungsprozesses zu führen. Erste Beratungen sollen noch im Juli stattfinden. In einem Brief an den Parteivorstand der Linkspartei.PDS wird betont, daß der Kampf gegen Privatisierungen ein Kampf für die Schwächsten, für Demokratie, für soziale Gerechtigkeit und damit ein zentrales Markenzeichen linker Politik weltweit ist. Mit dieser Kampagne könne ferner der Parteibildungsprozess weiter politisiert und über die Mitgliedschaften beider Parteien hinaus erweitert werden. (…)

Neues Deutschland, 11.07.2006, URL: http://www.nd-online.de/artikel.asp?AID=93383&IDC=2
Linkspartei will mit Kampagne warten
WASG drängt auf Aktion gegen Privatisierung Von Tom Strohschneider
Zwischen Wahlalternative WASG und Linkspartei gibt es Unstimmigkeiten über Termin und Ausrichtung einer Kampagne gegen Privatisierungen. Der Vorstand der Linkspartei hat gestern bei einer Gegenstimme beschlossen, eine bundesweite Kampagne gegen Privatisierungen nicht vor Abschluss der Aktivitäten für einen Mindestlohn vorzubereiten. Mit dem Start entsprechender Aktivitäten ist demnach nicht vor 2007 zu rechnen. In einer von PDS-Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch eingereichten Vorlage heißt es, »zwei Kampagnen gleichzeitig lassen sich nicht führen«. Außerdem seien die Forderungen »Keine Privatisierungen« bzw. »Den Privatisierungswahn stoppen« für eine politische Kampagne »zu unbestimmt und abstrakt«, also nicht geeignet. Der Vorstand möge stattdessen weiterhin regionale Aktivitäten und kommunale Kampagnen politisch und materiell unterstützen.
Darüber hinaus war in dem Papier darauf hingewiesen worden, dass »die Haltung zur Rolle öffentlichen Eigentums« auch in der Linken »nicht unumstritten« sei, etwa mit Blick auf Rolle und Aufgaben des Staates. Die »grundsätzliche Position« der Linkspartei bleibe davon aber unberührt. Der Parteivorstand müsse jedoch praxistaugliche Kriterien weiterentwickeln, so das Papier. Nach dessen Bekanntwerden hatte sich die WASG-Spitze am Wochenende in einem Brief an den PDS-Vorstand gewandt und nochmals die Notwendigkeit einer Anti-Privatisierungs-Kampagne bekräftigt. Die WASG strebt einen Kampagnen-Start im November an. Der Bundesvorstand hatte bereits Anfang Juli eine Arbeitsgruppe gebildet, die die Aktion »Für eine solidarische Gesellschaft – gegen Privatisierung öffentlichen Eigentums« vorbereiten soll. Erste gemeinsame Beratungen, so das Angebot an die Sozialisten, könnten am 15. Juli stattfinden. Die Linkspartei-Spitze gab gestern grünes Licht für die Teilnahme an diesem Gespräch, sieht aber noch weiteren Klärungsbedarf.
In der WASG-Spitze zeigte man sich gestern irritiert – nicht zuletzt, weil es in der Vorlage Bartschs heißt, Initiativen für eine Kampagne seitens des WASG seien der Linkspartei nicht bekannt. Zum Zeitpunkt, zu dem die Beschlussvorlage des PDS-Geschäftsführers verfasst wurde, hatte die WASG-Spitze ihre Arbeitsgruppe zwar noch nicht gebildet. Jedoch hätte man dies, so die Kritik, jederzeit – etwa während der Fraktionsklausur in der letzten Woche – in Erfahrung bringen können.

Junge Welt, 11.07.2006, URL: http://www.jungewelt.de/2006/07-11/038.php
Basis watscht Bartsch ab
Jörn Boewe
Dietmar Bartsch fand es gar nicht witzig. Eigentlich hatte der Geschäftsführer der Linkspartei.PDS gehofft, der Vorstand würde am Montag seinen Antrag, eine geplante Antiprivatisierungskampagne fallenzulassen, ohne viel Aufsehen durchwinken. Aber nach den zahlreichen wütenden Protestmails und Anrufen vom Wochenende war ihm schon klar, daß das schwierig werden würde.
Die Kampagne findet doch statt, aber nicht vor 2007. Auf diese salomonische Lösung verständigte sich der Parteivorstand am Montag nachmittag. Zur Vorbereitung wird ein gemeinsamer Arbeitskreis mit der Wahlalternative Arbeit und Soziale Gerechtigkeit (WASG) gebildet, an dem für die Linkspartei die Vorstandsmitglieder Sahra Wagenknecht und Harald Werner beteiligt sein werden. Auf ihrem Bundesparteitag Ende April in Halle hatte die Linkspartei beschlossen, gemeinsam mit der WASG im Herbst eine »Kampagne zum Stopp des Ausverkaufs öffentlichen Eigentums und zur Zurücknahme der unsozialen Privatisierungspolitik im Bereich der Daseinsvorsorge« zu führen. Doch die Gegenoffensive des Apparats ließ nicht lange auf sich warten. Wie jW am Sonnabend berichtete, hatte Linkspartei-Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch in einem Antrag an den Parteivorstand gefordert, von dem Vorhaben Abstand zu nehmen. Vordergründig argumentierte er, man könne neben der bereits laufenden Aktion zum Thema Mindestlohn keine zweite Kampagne führen. Wenn die im November beendet sei, stünde der Parteibildungsprozeß auf der Agenda und nicht eine neue Kampagne. In den Thesen, mit denen Bartsch seinen Antrag untermauerte, wird indes deutlich, daß es um mehr geht, nämlich um eine ideologische Rechtfertigung der Privatsierungspolitik, die Linksparteifunktionäre nicht nur in den Landesregierungen von Berlin und Mecklenburg-Vorpommern, sondern auch in zahlreichen Kommunen betreiben. Nahegelegt wird, daß Privatisierung ein Weg zur »Verbesserung der Finanzausstattung der Kommunen« sei. Unstrittig sei lediglich, daß die Linke Privatisierung »nicht aktiv« initiieren und vorantreiben solle. Während die Linksparteiführung das leidige Problem erstmal in einen Arbeitskreis verschoben hat, hält die Schwesterpartei WASG das Thema nach wie vor für zentral. »Mit der Verschleuderung öffentlichen Eigentums zur kurzfristigen Etatsanierung muß jetzt endlich Schluß gemacht werden«, hatten die WASG-Bundesvorstandsmitglieder Felicitas Weck und Thomas Händel in einer am Sonntag verbreiteten Erklärung gefordert. In einem Brief an den Linksparteivorstand hatte die WASG Ende letzter Woche vorgeschlagen, noch im Juli mit Arbeitstreffen zur Vorbereitung der Kampagne zu beginnen. »Privatisierung der Daseinsvorsorge greift in wesentliche demokratische Rechte ein«, bekräftigte Felicitas Weck die WASG-Position gestern gegenüber jW, »Wir können uns nicht immer stärker von Konzernen unter Druck setzen lassen.«

Freitag-Serie: Bildungsprivatisierung

Die Wochenzeitung „Freitag“ eröffnet eine Reihe, die sich mit Tendenzen beschäftigen wird, wie Bildung mehr und mehr den Charakter einer Ware annimmt. Die Beiträge werden einmal pro Monat erscheinen. Der erste Artikel erschien in der Ausgabe 28 am 7.7.06: Vom Menschenrecht zur Markenware von Clemens Knobloch
PRIVATISIERUNG DER BILDUNG
In Schulen und Universitäten regieren immer mehr die Gesetze des Marktes. Öffentliche Lernorte sind durch neoliberale Reformen und finanzielle Auszehrung bedroht
Die neoliberale Vermarktung der öffentlichen Bildungseinrichtungen hat in den letzten Jahren erheblich an Fahrt gewonnen. Je prekärer die beruflichen und ökonomischen Perspektiven breiter Schichten werden, desto besser lassen sich „Bildungsreformen“ verkaufen, scheint doch die „gute Ausbildung“ die beste und einzige Rückversicherung gegen die Wechselfälle eines harten globalen Arbeitsmarktes zu sein. Es ist freilich ironisch und paradox, dass ausgerechnet der traditionelle Bildungsaufstieg, der Berufschancen an öffentliche Bildungsdiplome bindet, als Motiv für Privatisierung und Entkopplung von Bildung und öffentlicher Hand herhalten muss. Denn am Ende dieser „Reformen“ wird Bildung kein öffentliches Gut mehr sein, über dessen politisch verantwortete Verteilung ein Stück Chancengleichheit hergestellt wird – sondern eine Markenware.
Beharrlich und Schritt für Schritt wird das öffentliche Bildungswesen in betriebswirtschaftliche Strukturen eingefädelt. Die Maßnahmen sind immer die gleichen, in reichen wie in armen Ländern: Freie Konkurrenz der Institutionen, freie Wahl der Bildungseinrichtungen durch die „Kunden“, freie Auswahl der „Kunden“ durch die Bildungseinrichtungen, Schulgeld und Studiengebühren oder Bildungsgutscheine, die an den Institutionen eingelöst oder in eine kostspieligere Ausbildung eingebracht werden können.

Bildung als Dienstleistung
Bei den Studiengebühren ist jetzt nach langer und vorsichtiger Annäherung die Schwelle überschritten. Das Publikum hat sich an den Gedanken Schritt für Schritt gewöhnen lassen. Die Stationen waren: Niemals – vielleicht – für Langzeitstudenten – für alle. Man darf davon ausgehen, dass jetzt auch die Beträge ins Purzeln geraten werden. Denn Obergrenzen sind natürlich staatlicher Dirigismus, wenn die Hochschulen einmal in die betriebswirtschaftliche „Autonomie“ entlassen sind. Symptomatisch ist das Verhältnis zwischen den noch öffentlichen und den schon privaten Hochschulen. Dass die Privatuniversität Witten/Herdecke ebenso wie die International University Bremen (IUB) pro Student weit mehr Geld aus dem Landeshaushalt erhalten als die öffentlichen Hochschulen, ist ebenso bekannt wie skandalös. Es ist auch ein Beleg dafür, dass Privatisierung öffentliche Politik ist und großzügigst aus Steuergeldern subventioniert wird. „Frei“ sind die Privaten in der Festsetzung ihrer Studiengebühren. Aber das ist noch nicht das Ende. Über die Liberalisierungen der Dienstleistungen in der EU (auch Bildung ist eine „Dienstleistung“) werden private Anbieter künftig darauf insistieren können, dass sie mit öffentlichen Anbietern gleichgestellt und letztere nicht konkurrenzverzerrend subventioniert werden. In der Folge wird der Druck wachsen, öffentliche Bildungseinrichtungen zu privatisieren oder die privaten den öffentlichen materiell gleichzustellen. Für die privaten Anbieter ist das eine win-win-Situation, für die öffentliche Bildung das Gegenteil.
Die staatliche Universität wird ausgehungert, das eingesparte Steuergeld macht die Privaten fetter. Und, merkwürdig genug, es schadet dem Ansehen der Marke Uni Witten/Herdecke gar nicht, wenn die fachliche Begutachtung (wie jüngst geschehen) es nahe legt, die Medizinausbildung zu schließen, weil sie den modernen Ansprüchen nicht genügt. Für eine öffentliche Universität wäre das ein Skandal ersten Ranges. Die Bezeichnung „Privatuniversität“ transportiert aber schon per se den Nimbus der Elite, gleich wie die Ausbildung dort tatsächlich aussieht. Es gibt viele Indizien, die anzeigen, dass bei den privaten Anbietern vor allem eine hoch entwickelte Fassadenkunst vorherrscht. Sie haben es eben gelernt, eine Marke zu bewerben. Eine private Medienhochschule in Hamburg verspricht ihren Studierenden (Jahresgebühr: 15.000 Euro) ganz dreist, dass man sie mit den Mächtigen und Einflussreichen der Branche zusammenbringen wird.
Parallel dazu werden die Bildungseinrichtungen betriebswirtschaftlichen Controlling-Prozeduren auf allen Ebenen unterworfen. Das geht so weit, dass zum Beispiel für Studiengänge festgelegt wird, dass sie geschlossen werden müssen, wenn sie eine bestimmte Studentenzahl unterschreiten. Das Regime der Kennzahlen ist sachzwangförmig und muss nicht politisch durchgesetzt werden. Kein Land hat bisher den Mut gehabt, eine Universität zu schließen. Warum auch, wenn man Bildungseinrichtungen viel eleganter in die Pleite entlassen kann?
Für diese Politik gibt es einen Auftrag. Aber nicht vom Wähler, sondern von der Firma Bertelsmann, die sich mit Hilfe williger Politiker den hoch expansiven und profitträchtigen Bildungsmarkt schafft, den sie einmal zu beliefern hofft.
Dass die Bertelsmann-Stiftung die vakante Position eines Bundesbildungsministeriums (manche sprechen sogar von einem „Ministerium für Volksaufklärung und Propaganda“) zunehmend selbstbewusst besetzt, ist inzwischen nicht einmal mehr ein offenes Geheimnis, sondern ein Gemeinplatz. Wo Schulen, Hochschulen oder öffentliche Verwaltungen neoliberal umgebaut werden, braucht man nach der Bertelsmann-Stiftung nicht lange zu suchen. Dabei wirken die gewählten Akteure der Politik nicht einmal als Verführte oder Getriebene. Der Beobachter hat vielmehr den Eindruck von Lemmingen mit ausgeprägtem Todestrieb. Die Gewählten scheinen froh und glücklich, dass sie mit der Verantwortung für den Sozial- und Umverteilungsstaat gleich auch noch die Verantwortung für das öffentliche Bildungswesen loswerden. Schließlich haben sie ja den ganzen PISA-Ärger auszubaden. Dass sie damit auch die Quellen für die Legitimierung der eigenen Macht zum Versiegen bringen, scheint den wenigsten bewusst zu sein. Wir werden sehen, wie viel „Staat“ allein mit Armee und Polizei zu machen ist.
Ist es angesichts dieser Lage ein Wunder, dass die dienstbaren Geister des Hauses Bertelsmann nachgerade platzen vor Selbstbewusstsein und auch schon einmal die „Wir können auch anders“-Platte auflegen? Die Form der (gemeinnützigen und von der Steuer befreiten) Stiftung erlaubt es dem tragenden Konzern, seine langfristigen politischen und ökonomischen Interessen effizient zu vertreten, ohne dass er dabei überhaupt als interessierter Konzern auftreten muss.
Das stiftungseigene Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) spielt virtuos auf allen Manualen der öffentlichen Meinungsbildung. Sein Lieblingskind, die Studiengebühren (in NRW neuerdings als „Studienbeiträge“ rhetorisch geschönt), hat das CHE kurz nach seiner Gründung der Hochschulrektorenkonferenz zur Adoption angeboten. Die griff bekanntlich zu und ließ sich auch weiterhin inspirieren von einer durch das CHE inszenierten Umfrage, wonach sogar die Studierenden mehrheitlich Studiengebühren befürworteten. Den chronisch unterfinanzierten Hochschulen wurde systematisch der Mund wässerig gemacht, sollten sie sich doch eine Verbesserung ihrer finanziellen Situation errechnen können. So wurden in vielen Hochschulgremien die Studiengebühren schon verteilt, ehe sie noch erhoben wurden.
Noch erfolgreicher agiert die Bertelsmann Stiftung in der Schulpolitik. Interessant auch, dass der Arm des Medienriesen bis weit in die Gewerkschaften reicht und gerade auch in der Sozialdemokratie und bei den Grünen die Schulpolitik konzeptuell auf Vordermann bringt. Strategisch ist das wieder einmal erste Sahne. Gerade als „links“ und egalitär geltende Organisationen werden die Einführung von Schulgeld für die Sekundarstufe II (ebenfalls ein Lieblingskind der Bertelsmänner) glaubwürdig öffentlich vertreten können.
Vielfach flankiert wird Bertelsmann vom Stifterverband für die deutsche Wissenschaft, der, nach dem Zweiten Weltkrieg als Stifterverband der Wirtschaft gegründet, heute fast das gesamte einschlägige Stiftungsvermögen der Privatwirtschaft als Lobbyorganisation verwaltet.

Rhetorik der Freiheit
Rhetorisch kommt der Markt immer als „Freiheit“. In NRW haben wir jetzt ein „Hochschulfreiheitsgesetz“, das die Universitäten (wie es in der vielfach bewährten Sprache heißt) noch leistungsfähiger und international wettbewerbsfähiger machen soll. „Freiheit“ zieht jetzt endlich auch in die Schulen des größten Bundeslandes ein. Durch die Auflösung der Schulbezirke können künftig Eltern auch die Grundschule ihrer Kinder frei wählen.
Die zweite Säule der neoliberalen Reformrhetorik verbindet Staat und Bürokratie mit der Verhinderung von „Öffnung“, „Wettbewerb“ und „notwendigen Reformen“. Kapitalisiert wird an dieser Front die wachsende öffentliche Unzufriedenheit mit den Zuständen im öffentlichen Bildungswesen. Dessen materieller und reputativer Ruin ist durchaus Teil der Strategie. Jeder Schulskandal von PISA bis Rütli ist Wasser auf die Mühlen der Privatisierer. Wer alles Mögliche für den Bildungsaufstieg seiner Kinder tun möchte, der wird bei jedem Bericht über katastrophale Zustände an öffentlichen Schulen bereit sein, ein Stück tiefer in die eigene Tasche zu greifen. Und das Motiv, den Kindern eine „gute Ausbildung“ mit auf den Lebensweg zu geben, kann man unbesorgt in jede rhetorische Kalkulation einsetzen.
Jeder, der im Schul- oder Hochschulwesen tätig ist, kann freilich bestätigen, dass mit der wachsenden Lautstärke des auf allen Kanälen gespielten Freiheitsliedes zugleich auch die Kontroll- und Regelungsdichte überproportional zunehmen. Mit der „Freiheit“ kommt an den Gymnasien (in NRW) auch das Zentralabitur, außerdem ein ganzes Netz zentraler Leistungsprüfungen, die an den Schulen durchgeführt und ausgewertet werden müssen. Mit der Auflösung der Staatlichen Prüfungsämter für das schulische Lehramt kommt eine detaillierte Regelung aller Prüfungen und Zwischenprüfungen, die von den Hochschulen nun „autonom“ veranstaltet werden müssen. Je „freier“ das Personal an den Bildungseinrichtungen, desto schamloser werden die geforderten Unterwerfungsriten. Die Fiktion autonomer Akteure wird inszeniert im Gewande von Zielvereinbarungen zwischen den Bildungseinrichtungen und ihren (natürlich stets im Rückzug befindlichen) öffentlichen Trägern. Dabei legt sich die Bildungseinrichtung auf Ziele fest, über deren Bewältigung sie nicht die geringste Kontrolle ausübt (Studentenzahlen, Erfolgsquoten, Drittmittel, Doktorandenzahlen). Der Träger verspricht finanzielle Einbußen, wenn die vereinbarten Ziele nicht erreicht werden.
Zur erfolgreichen rhetorischen Implementierung neoliberaler Bildungspolitik gehört die Allgegenwart des „Ranking“ und „Rating“. Dabei kommt es nicht so sehr darauf an, wer an welchen Rangplatz gerät. Der erste muss strampeln, um seinen führenden Platz zu erhalten, und der letzte, um seinen Abstieg in die Regionalliga zu verhindern. Der Effekt ist immer der gleiche: die Zerstörung der gemeinsamen Interessen und die Befeuerung der Konkurrenz.

Kampf um beste Köpfe
Regelmäßig angestimmt wird auch das Lied von der Notwendigkeit effektiver Elitenbildung und Elitenförderung im Zeitalter der globalen Konkurrenz um „die besten Köpfe“, die natürlich verkümmern, wenn sie die Bildungseinrichtungen zusammen mit den viel zahlreicheren Holzköpfen besuchen müssen. Da nützt es wenig, daran zu erinnern, dass die anerkannt besten Bildungssysteme das gemeinsame Lernen prämieren. Da nützt es noch weniger, daran zu erinnern, was der Darmstädter Soziologe Michael Hartmann gezeigt hat: dass die deutschen Macht-, Geld- und Verwaltungseliten ein nahezu geschlossenes System der Selbstrekrutierung bilden. Die Durchlässigkeit nach unten geht gegen Null. Wie öffentlich über Eliten gesprochen wird, zeigt nur an, ob diese Selbstrekrutierung für legitim gelten soll oder für einen politischen Skandal.
Wer die Folgen abschätzen will, welche die neoliberale Revolution im Bildungswesen hervorbringen wird, wenn sie nicht auf entschiedenen politischen Widerstand stößt, braucht nicht viel Phantasie. Für die breite Masse wird jedwede berufsqualifizierende Ausbildung schlecht und teuer. Trotz wachsender Kosten für die „Kunden“ wird die Massenbildung chronisch unterfinanziert bleiben, weil sich die gewinnträchtigen Komplexe aus (kleiner, aber feiner) Markenuniversität, betuchtem Publikum und reichen Forschungsgeldern an wenigen Stellen konzentrieren werden. An allen anderen Stellen wird der Mangel mehr oder weniger effektiv verwaltet werden.
Es wäre natürlich albern, wollte man dem öffentlichen Bildungswesen bescheinigen, dass es die beste aller möglichen Welten hervorbringen hilft und die Chancengleichheit garantiert. Und natürlich kann es auch gute Privatschulen (meinethalben sogar gute Privatuniversitäten) geben. Fatal an der neoliberalen Privatisierungspraxis ist aber in jedem Falle der Umstand, dass die Verteilung von Chancen stärker an den Geldbeutel gebunden und der öffentlichen politischen Zuständigkeit entzogen wird. Für Bildungspolitik wird es am Ende gar keinen Adressaten mehr geben, wenn der Bildungsmarkt einmal durchgesetzt ist.
Ein kommerzielles Bildungssystem ist immer ein undemokratisches Bildungssystem. Dass mit der überbordenden Freiheitsrhetorik die demokratische Selbstverwaltung der Hochschulen restfrei entsorgt wird, dass die „Öffnung“ der Hochschule für die Gesellschaft faktisch ihre Auslieferung an das Kapital bedeutet, ist kein Zufall. Wo Ökonomie und Controlling regieren, ist jede Form von demokratischer Beteiligung ein schlechter Scherz. Von der verfassungsmäßigen Lehr- und Forschungsfreiheit bleibt dann nur, was der Hochschulrat befürwortet.

openDemocracy: "Free thinking for the world"

„Remix World: towards a global digital commons“ – A online-debate: A rich and surprising fusion of word, sound and image is generating a new, transcultural creative space: the digital commons. It’s also free – and that provokes opposition from those with legal, business or artistic interests in keeping culture under copyright. openDemocracy writers map the history, potential and barriers of the new „remix world“.

Existenzgeld-Debatte im Zusammenhang mit Oeffentlichen Guetern diskutieren!

Wenn alles privatisiert bzw. kommerzialisiert ist, haben nur noch die mit Geld zugang. Wenn aber alle genug Geld haben, um alles was sie brauchen zu bezahlen, dann hätte ja keiner ein Problem. Unter diesem Gesichtspunkt gehört die Debatte um ein (entsprechend hohes) Existenzgeld (wie sie z.B. bei Verdi geführt wird) wenigstens in die Nähe der Themen Privatisierung und Öffentliche Güter.

Antikapitalistische Linke fuer mehr oeffentliches Eigentum

Linke und Linksradikale aus PDS, WASG und ihrem Umfeld scheinen sich an der Schnittstelle zu und in den Parlamenten zu organisieren. Auf jeden Fall treten sie als Antikapitalistische Linke an die Öffentlichkeit mit einem Aufruf „Gegen Privatisierungen – für die Ausweitung öffentlichen Eigentums“. Neben dem Aufrufstext, der per online-Formular zu unterschreiben ist, gibt es Materialien.