Privatisierungen fuer Schuldenabbau – 17 Milliarden aus Verkauf von Staatsbetrieben

Wien – Mit rund 4,5 Milliarden Dollar an Direktinvestitionen sollte die Türkei heuer nicht nur ihren eigenen Rekord gebrochen haben, sondern ist auch ein boomender Markt für Investoren.
Der harte Reformkurs, den die türkische Regierung seit Jahren fährt, hat nicht nur die Inflation seit dem Jahr 2002 von über vierzig auf deutlich unter zehn Prozent gedrückt, sondern auch das Vertrauen der Investoren gestärkt. 2006 hofft Wirtschaftsminister Ali Babacan mit Investitionen im Volumen von 4,8 Milliarden Dollar, 2007 will man die Fünf-Milliarden-Grenze überspringen.
Der Boom ist zugleich der Lohn für von der Regierung unter Premier Recep Tayyip Erdogan sehr konsequent durchgeführten Privatisierungen von Staatsbetrieben. Diese sollen heuer insgesamt einen Erlös von 20 Milliarden Dollar (rund 16,7 Mrd. Euro) einspielen. In den ersten neun Monaten wurden laut Finanzminister Kemal Unakitan bereits 15 Milliarden Dollar eingespielt.
Die Erlöse werden für den Abbau der Staatsverschuldung verwendet.Zumindest teilweise verkauft wurden die staatliche Telefongesellschaft Türk Telekom (für 5,5 Mrd. Euro) und 51 Prozent der Raffinerie Tüpras, die weitere 3,4 Mrd. Euro brachte. Heute, Dienstag, werden die restlichen 49 Prozent des Stahlkonzerns Erdemir in einem Tenderverfahren verkauft.
Derzeit liegt die türkische Staatsverschuldung bei etwa 74 Prozent des Bruttoinlandsproduktes von rund 420 Mrd. Euro. Die Privatisierungen gehören zu einem Reformprogramm, das die Türkei nach ihrer letzten schweren Wirtschaftskrise im Jahr 2001 mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) ausgehandelt hatte.
(ung, APA, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 04.10.2005)
>>> http://derstandard.at/?url=/?id=2195613

Hafen Hamburg treibt Privatisierung voran

Der Hamburger Hafenbetreiber HHLA hat die Vorbereitungen für die anstehende Privatisierung beschleunigt. Für das laufende Geschäftsjahr stellte der HHLA-Chef Klaus-Dieter Peters eine weitere Gewinnsteigerung in Aussicht.
„Wir liegen sehr gut im Fahrplan und werden die grundsätzliche Kapitalmarktfähigkeit voraussichtlich bereits Mitte 2006 erzielen“, sagte Peters bei der Präsentation des neuen Unternehmensauftritts. Ursprünglich war dieses Ziel für 2007 angestrebt. Der größte deutsche Seehafen wird interne Abläufe wie die Umstellung des Rechnungswesens zwar vorzeitig abschließen. Die Stadt Hamburg als alleiniger Gesellschafter will über den Ausstieg bei der HHLA jedoch erst in ein bis zwei Jahren entscheiden.
Hamburgs Finanzsenator Wolfgang Peiner hatte erklärt, dass sich die Stadt von bis zu 49,9 Prozent an der HHLA trennen will. Für die Teilprivatisierung würden neben einem Börsengang auch der Verkauf an Finanzinvestoren oder strategische Interessenten geprüft. Peiner schweben vor allem „langfristig denkende Investoren“ vor wie Versicherungen oder Pensionsfonds sowie ein Anteilserlös von rund 500 Mio. Euro.
Mit diesem Geld würden keine Löcher im Haushalt des Senats gestopft, ist sich HHLA-Chef Peters sicher: „Wir gehen davon aus, dass mit einem erheblichen Teil des Erlöses unser Eigenkapital aufgestockt wird.“ Das ist nötig, da der Hafenbetreiber bis 2013 sein bislang größtes Investitionsprojekt über rund 1 Mrd. Euro plant. Allein 800 Mio. Euro sollen in Modernisierung und Ausbau der Containerterminals fließen. Der Senat wird zwar ebenfalls 730 Mio. Euro für die Erweiterung des Hamburger Hafens aufbringen, in die HHLA will er jedoch kein Kapital mehr investieren.
Der boomende Welthandel und der dadurch ansteigende Containerverkehr bescheren den Hafengesellschaften weltweit seit Jahren kräftige Wachstumsraten. Die HHLA rechnet für 2005 mit einem Anstieg des Umschlagsvolumens von 12 bis 14 Prozent auf fünf Millionen Standardcontainer.
Da die Kapazitäten an vielen internationalen Häfen mittlerweile eng sind, muss die HHLA den Ausbau vorantreiben. Peters ist zuversichtlich, das Projekt im Zweifel auch ohne die Hilfe des Senats oder neuer Investoren zu stemmen: „Grundsätzlich sind wir in der Lage, unser Ausbauprogramm aus dem eigenen Cashflow zu gestalten“, sagte Peters der FTD. 2004 verfügte der Konzern über 113 Mio. Euro flüssige Mittel, die Nettofinanzschulden lagen bei 304 Mio. Euro und die Eigenkapitalquote nur bei 11,4 Prozent.
Für das laufende Geschäftsjahr stellte der HHLA-Chef eine weitere Gewinnsteigerung in Aussicht: „Wir avisieren durchaus ein Ergebnis jenseits der 60 Mio. Euro an“, sagte Peters. Damit würde der Vorsteuergewinn um mindestens 20 Prozent über die knapp 50 Mio. Euro des Vorjahres klettern. 2003 waren es lediglich 9,3 Mio. Euro. Im ersten Halbjahr 2005 stieg das Ergebnis bereits um 50 Prozent auf 34,4 Mio. Euro. „Ich bin zuversichtlich, dass dieser Trend für den Rest des Jahres anhält und über das Jahresende hinaus“, sagte Peters zur Bilanz der ersten sechs Monate. Alle vier Geschäftsfelder trugen zu der Verbesserung bei.
Neue Ausrichtung Der Vorstand hat die Einzelunternehmen der vier Sparten Container, Intermodal, Logistik und Immobilien in den vergangenen zwei Jahren von 60 auf 30 reduziert. Weitere Bereinigungen, aber auch Zukäufe schließt er nicht aus.
von Jenny Genger, Hamburg
Aus der FTD vom 04.10.2005
>>> http://www.ftd.de/ub/di/24634.html

WISO-Studie: Krankenversicherung keinesfalls vollstaendig privatisieren!

Wenn die Kosten für die gesetzlichen Krankenkassen nur schwer zu finanzieren sind, stellt sich die Frage, wie zukunftsfähig diese Form der Krankenversicherung ist. Dazu hatte das Institut für Wirtschaft und Soziales (WISO) im Auftrag des AOK-Bundesverbandes Strukturen und Kostensteuerung im Gesundheitswesen untersucht sowie gesetzliche und private Krankenversicherung miteinander verglichen.
Die Ergebnisse zeigen, dass die vollkommene Privatisierung ein großer Fehler wäre. Wenn der Markt den Gesetzen vollständig unterworfen werden würde, wäre das Gut Gesundheit stark gefährdet. Für die Studie wurden Kostensteuerung und Strukturen untersucht. Um eine bessere Finanzierung zu ermöglichen, ist nicht die Privatisierung sinnvoll, stattdessen wäre es positiv, den Krankenkassen mehr Möglichkeiten zur Kostensteuerung zu geben. Zu diesem Ergebnis kommt Ulf Fink, ehemaliger Berliner Sozialsenator und Mitautor des WISO-Gutachtens in Berlin.
Eine Privatisierung würde nur den Fokus auf die Einnahmeseite und nicht auf die Ausgabenseite werfen.
Das eine Kostensteuerung nicht immer wirksam ist, sieht man im direkten Vergleich zwischen Privater Krankenversicherung (PKV) und Gesetzlicher Krankenversicherung (GKV): „Die Pro-Kopf-Leistungsausgaben der PKV sind zwischen 1985 und 2001 um 122,1 Prozent gestiegen, die Leistungsausgaben der GKV jedoch nur um 67 Prozent. Wären sie so gestiegen wie in der PKV, läge der Krankenkassenbeitrag bei durchschnittlich 18,5 Prozent“, so Fink.
Arens, Vorstandsvorsitzender des AOK-Bundesverbands bestätigt damit, dass nur der solidarische Grundsatz der GKV die relativ niedrigen Beiträge ermöglicht.
Die Kritik, dass die Beitragssätze der gesetzlichen Krankenkassen zu hoch seien, wurde von WISO ebenfalls zurückgewiesen. Die Auswirkungen der Finanzierung der deutschen Einheit über Beiträge der Sozialversicherten anstatt über Steuern dürfe man dabei nicht vergessen, so die Kritik von Fink.
>>> http://krankenkassenratgeber.com/news/6710