Kontext TV: Der Kampf um die Gemeingüter

kontext_logoAngesichts von Massenarbeitslosigkeit, Prekarisierung, Vertreibungen und Sozialkürzungen schließen sich auf der ganzen Welt immer mehr Menschen zusammen, um gemeinsam gesellschaftliche Räume jenseits von Markt und Staat neu zu erobern und gemeinschaftlich zu nutzen: die Commons (Gemeingüter). Solche Initiativen – die beispielsweise auch aus der Occupy-Bewegung entstehen – könnten, wenn sie sich vernetzen, zu „Gemeinschaften des Widerstandes“ und Keimformen einer anderen Gesellschaft werden, so Silvia Federici.

Das gut 20-minütige Interview mit Silvia Federici, Prof. em. für Politische Philosophie an der Hofstra University, Long Island, New York; Buchautorin („Caliban und die Hexe“) ist online – auch in englischer Sprache. Mehr Kontext-TV zu Krise und Commons

Die Toten der Finanzkrise II

Es ist vorbei! 168/365
Creative Commons License Dennis Skley

In der aktuellen ver.di Publik ist zu lesen, welche tödlichen Folgen die seit 2008 immer drastischer ausfallenden Sparmaßnahmen in Griechenland haben. (Wir berichteten bereits im November 2012 von der steigenden Selbstmordrate und dem Überlebenskampf auf der Strasse durch eine Infizierung mit dem HIV Virus.)

Fast ein Viertel der Bevölkerung Griechenlands, also etwa drei Millionen Menschen, haben mit der Krise ihre Sozialversicherung verloren.

Die einen konnten ihre Beiträge nicht mehr zahlen, die anderen sind nach zwölfmonatiger Arbeitslosigkeit aus der Krankenversicherung geflogen.

Weitere Sparmaßnahmen, wie die Schließung von 250 staatlichen Polikliniken im Februar verschlechtert die Situation stetig.

Viele der durch die brutale Sparpolitik Verarmten aber können sich nicht einmal die Praxis- und Rezeptgebühr leisten. Vor allem für chronisch Kranke und ältere Menschen summieren sich die bescheiden aussehenden Beträge schnell zu untragbaren monatlichen Belastungen. Die Folgen der Einsparungen im Gesundheitswesen sind ohnehin schon drastisch: Einer Studie der britischen Universitäten Cambridge, Oxford und London zufolge haben seit Beginn der Krise im Jahr 2008 bis 2013 Totgeburten, Säuglingssterblichkeit, HIV-Neuinfektionen und psychische Erkrankungen sprunghaft zugenommen. So stieg die Säuglingssterblichkeit von 2008 bis 2010 um 43 Prozent, gleichzeitig wurden 19 Prozent mehr Kinder mit Untergewicht geboren. Fast ein Drittel der nicht altersbedingten Todesfälle wurden von der Krise verursacht. Das sind vor allem Selbstmorde, deren Rate zwischen 2007 und 2011 um 45 Prozent gestiegen ist.

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Das Monster „Sparmaßnahmen“ im Gesundheitssystem

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Theseus und Minotauros – Rom, Villa Albani

Die Politik der letzten drei Jahre erinnert mich an das kretische Monster Minotaurus aus der griechischen Mythologie: Die Schuldenlast ist der Minotaurus, der immer neue Opfer braucht, um ruhig gestellt zu werden“, sagt Vichas. In der griechischen Mythologie konnte König Theseus das Monster töten und der Aufopferung von Menschen ein Ende bereiten.

Vor einem Dreivierteljahr ging es auf diesem Blog um die Toten der Finanzkrise am Beispiel der Entwicklungen des Gesundheitssystems in Griechenland. In einem sehr eindrucksvollen Bericht in der ver.di publik schildert Rodothea Seralidou, wie es nur ein halbes Jahr später konkret in den Krankenhäusern Griechenlands aussieht. weiterlesen

Umverteilung nach unten

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Billige Salamipizza: Nichts gegen einzuwenden, aber auch nicht viel drin CC BY-SA rob_rob2001

Am Dienstag, den 14. Mai d. J., wurde der neue Haushalt von Israels neugewähltem Finanzminister Yair Lapid (Yesh Atid/Es gibt eine Zukunft) im Kabinett verabschiedet. Der Entwurf setzt die neoliberale Kürzungslogik der vergangenen Jahre unverändert fort. Lapids Änderungsversprechen hinsichtlich der wirtschaftlichen Krise sind als Wahlkampftaktik entlarvt.

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Auslöser sozialer Unruhen

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Andreas Winterer

Soziale Unruhen sind noch keine sozialen Kämpfe, aber die Presse horcht auf: Die International Labor Organisation – ILO untersuchte den Zusammenhang zwischen Verarmung und Protesten in wirtschaftlichen Krisenzeiten.

Als Folge der Wirtschafts- und Währungskrise ist das Risiko sozialer Unruhen in der EU in den vergangenen Jahren merklich gestiegen. Das geht aus einer Kurzanalyse der internationalen Arbeitsorganisation ILO hervor, die an diesem Montag bei einer Regionalkonferenz der zur Uno gehörenden Sonderbehörde in Oslo vorgestellt werden soll (Spiegel).

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Wessen Geld?

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Creative Commons License Udo Schmidt

Ich persönlich bin mit einem regelmäßigen Einkommen in Geldform durch den Verkauf meiner Arbeitskraft gesegnet. Als Gehalt wird es am Monatsende auf mein Konto überwiesen. (Die Lohntüte ist leider etwas aus der Mode gekommen.) MEIN Einkommen auf MEIN Konto. Lebte ich nun in Zypern oder hätte die Bank meiner Wahl dort, wäre ein Teil meines Geldes dazu da, die Existenz der Bank zu retten und die Dauerkrise des Euro abzufangen. Natürlich ungefragt und überraschend über Nacht. Ursprünglich war geplant, dass von jedem Bankvermögen 6,5 Prozent einbehalten wird. (Nebenbei: Besitzer von Fonds und anderer fancy Anlageinstrumente sollten von Anfang an nicht besteuert werden.) Weiterlesen

Selbstbestimmte Verteilung

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Verteilung
foto CC BY-NC-SA 2.0 mr172

Die Menschen in Griechenland leiden seit sechs Jahren an einer ökonmischen Krise. Die Arbeitslosigkeit ist immens hoch, die Selbstmorde rasant gestiegen, die neofaschistische Bewegung am Erstarken. Perspektive auf Besserung gibt es nicht. Die Armut bei einem großen Teil der Bevölkerung hat zu selbstorganisierten Lebensmittelverteilungen der Bäuer_innen in den Städten geführt.

Eine dieser Verteilungsaktionen hat nun ein Bild in die Presse gebracht, welches an jene erinnert, die aus Katastophenländern bekannt sind. Menschen strecken ihre Hände nach den Lebensmitteln aus. Aber was ist die Situation in Griechenland anderes als eine Katastrophe? Warum wird in der täglichen Berichterstattung statt der Schuldenstände und der Börsenwerte nicht viel mehr Focus auf Beispiele von Selbstorganisierung und Solidarität gerichtet? Ist nicht die eigentliche Meldung, dass in einer Situation der kürzungsbedingten Strangulierung auf der Ebene menschlicher und sozialer Grundbedürfnisse (wie Gesundheitsversorgung und Wohnen) ausgerechnet die oft als primitiv verunglimpfte kleinbäuerliche Landwirtschaft dazu in er Lage ist, nicht nur Versorgungsengpässe auszugleichen, sondern sogar vielen Menschen eine alternative Lebens- und Wirtschaftsweise in der Krise aufzuzeigen?

Und der Jackpot geht an…

Feuerwerk
Feuerwerk
 CC BY-NC-SA 2.0 dolorix

Das Jahr endet wie es begonnen hat: Für einen großen Teil der Menschen mit wenig Geld zum Leben und in Armut. Ich möchte auf ein Lesestück von Stephan Kaufmann in der Berliner Zeitung zu Barmherzigkeit für Griechenland und einem Schuldenschnitt für die BRD aufmerksam machen. Weihnachten ist vorüber, das neue Jahr klopft an die Tür und die Möglichkeit eines realen Schuldenerlasses wird auch noch über den Januar hinaus relevant bleiben. Ein solcher bliebe immer noch eine vergleichsweise kleine Geste, denn zum Jahresende ist klar, an wen wieder einmal der eigentliche Jackpot geht. Weiterlesen

Erklärkonferenz: Die organische Krise

Die 2. internationale Transformationskonferenz kommenden Freitag und Samstag (Programm, Ort) zielt darauf ab, die Eigenarten «organischer Krisen» (Antonio Gramsci) im historisch-analytischen Vergleich genauer zu verstehen und das begriffliche und methodologische Instrumentarium eingreifender Krisenanalyse weiterzuentwickeln, um davon ausgehend Aussagen über die aktuelle Krise des Finanzmarkt-Kapitalismus, mögliche Szenarien ihres Verlaufs und Möglichkeiten emanzipatorisch-solidarischen Eingreifens treffen zu können.

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Die Toten der Finanzkrise

Kolovrechtis, Insel Euböa
Für viele Menschen in Griechenland bedeutet die Finanz- und Wirtschaftskrise Verelendung. Allerdings bringt der kontinuierliche und systematische Abbau von Sozialleistungen und Grundversorgung auch Tote mit sich. Es fällt schwer, diese nicht als einkalkulierte Verluste der durch die Troika erzwungenen Strukturanpassungen zu sehen („Kollateralschäden“). Was wäre das aber anderes als Mord? Weiterlesen

AKS = Abkürzungskrisensalat

Salat..diesmal mit Thunfisch
foto cc: diekatrin

Auf diesem Blog schreiben wir regelmäßig über die Krise. Die eine und die andere Abkürzung schleicht sich dann in die Texte und mag nicht immer ausreichend erklärt sein. Die Krise zeichnet sich durch einen Abkürzungsdschungel aus, der bestimmen soll, wer drin ist und wer draußen. Es wird suggeriert, dass es einen Plan gibt. Dieser kommt elitär daher und ist nicht für den_die Proleten/in ausgeheckt. Sabine Nuss hat dazu eine schöne Kolumne im ND geschrieben, auf die an dieser Stelle verwiesen werden soll.

Aneignung von Land und Stadt

Es gibt eine Landlosenbewegung in Europa. Im spanischen Andalusien hält die Landarbeitergewerkschaft (Sindicato de Obreros del Campo – SOC) seit März die Finca „Somonte“ besetzt. Ebenfalls in Andalusien besetzt die Andalusische Arbeitergewerkschaft SAT seit Juli die vom Militär weitgehend ungenutzte Finca „Las Turquillas“. In den Städten wird hingegen auf die Umverteilung von Lebensmitteln gesetzt. Letzte Woche wurden in einer Aktion der SAT Lebensmittel aus zwei Supermärkten an Bedürftige weiterverteilt.

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Schönwetterlage?

Wolke
Creative Commons License photo by: *~sTeRnDaL~*

Solidarität ist keine leere Worthülse, sondern basiert auf konkretem Handeln. Beispielsweise wäre es solidarisch, wenn in der BRD die Löhne stiegen, statt dass sie in Griechenland gekürzt werden. Das ergäbe einen Wettbewerbsvorteil für Griechenland, sie könnten dort wieder produzieren und hätten in der BRD einen erweiterten Absatzmarkt.

Die Euro-Krise sagt uns also vor allem eines, und genau das sagt die deutsche Kanzlerin nicht: Schon die gemeinsame Währung selbst trug Züge einer imperialen, am vordergründigen nationalen Interesse ausgerichteten Politik der deutschen Regierungen. Und es ist genau diese deutsche Vorherrschaft, die Merkel retten will, wenn sie sagt, sie rette den Euro. Berliner Zeitung 11.6.2012

Umgesetzt wurde diese Vorherrschaft in der BRD u.a. durch systematische Lohnzurückhaltung in den vergangenen ca. 15 Jahren vor dem Hintergrund geschwächter Gewerkschaften, auch nicht zuletzt mittels Hartz IV, Leiharbeit und illegalisierte migrantische Arbeit. Ich möchte das lesenswerte Interview mit dem Wirtschaftswissenschaftler und Buchautor Heiner Flassbeck in der aktuellen ver.di Publik empfehlen. Denn vielleicht liegt in der Schönmalerei der deutschen Verhältnisse ja der Grund, warum hierzulande die Proteste immer noch ausbleiben.

Handlungsoptionen gegen Fiskalpakt

A miner fires a home-made rocket as he hides behind a wall during a clash with Spanish national riot police inside the „El Soton“ coal mine in El Entrego (Reuters / Eloy Alonso)

Am Freitag soll im Bundestag der Fiskalpakt ratifiziert werden. Es ist vorgesehen, dass die europaweite Schuldenbremse im Grundgesetz festgeschrieben werden. Michael Schlecht,Chefvolkswirt der Bundestagsfraktion DIE LINKE,schreibt:

Dann werden die Staatshaushalte auf Teufel komm raus herunter gekürzt, der Sozialstaat europaweit weiter zusammengeknüppelt. Denn: Haushaltssanierung mit Mehreinnahmen durch massive Besteuerung von Vermögenden und Reichen ist nicht vorgesehen! […] Und es soll Wachstumsimpulse geben! Das naheliegende wird komplett ausgeblendet, ist überhaupt nicht diskutiert worden: Auf Druck vor allem von Merkel wird Europa bis 2014 mit Sozial- und anderen Haushaltskürzungen von mehr als 500 Milliarden Euro überzogen. Dies hat zur Folge, dass die Wirtschaft nicht nur in Griechenland, sondern auch in Spanien und Italien immer stärker einbricht und der Kollaps droht. Wer meint diese gefährliche Logik verstanden zu haben und Wachstum fordert, der müsste ja wohl erst einmal diese Kürzungen stoppen. Oder zumindest massiv abschwächen. […] Die Dramatik beschreibt der Österreichische Wirtschaftswissenschafter Stephan Schulmeister: „Gegen den Fiskalpakt ist Hartz IV eine Lappalie.“

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Occupy geht weiter

Rund um die Occupy-Bewegungen war es in letzter Zeit ruhig geworden. Doch nun scheint es wieder los zu gehen: Für den 16. bis 19. Mai stehen europaweite Aktionstage an mit zahlreichen Protesten gegen die aktuelle Krisenpolitik der EU. In Frankfurt/Main wird in diesem Rahmen zu Blockupy Frankfurt aufgerufen. In anderen europäischen Städten dürfte ebenfalls mit Besetzungen im Occupy-Stil zu rechnen sein. Und auch in den USA, wo viele Camps polizeilich geräumt worden waren, geht die Occupy-Bewegung in die nächste Runde. So haben AktivistInnen in Berkeley vor einigen Tagen ein Grundstück der UC Berkeley besetzt und begonnen, dort einen großen Gemeinschaftsgarten anzulegen. Fazit: Augen aufhalten — Occupy geht weiter!