Buerger verhindern aehnliche Privatisierung. Stadtwerke-Verkauf: Muehlheim bei Offenbach und Muelheim/Ruhr behalten Versorgung in staedtischer Hand

Das derzeit heiß diskutierte Thema der 49-Prozent-Beteiligung eines Privatunternehmens wie Eurawasser an den Stadtwerken könnte Kreise über die Parlamentsebene hinaus ziehen. Im Umfeld der Kandidatenaufstellung für die Liste Die Linke/Liste Solidarität zur Kommunalwahl im März wurde das Stichwort dazu bereits genannt: Bürgerentscheid. Eine solche Abstimmung der Bürger zum gleichen Anliegen wurde gerade am Sonntag in der Stadt Mühlheim (Kreis Offenbach) durchgeführt – mit Erfolg für die Gegner einer Teilprivatisierung. Bei einer Wahlbeteiligung von 42 Prozent stimmten 97 Prozent der Bürger dafür, „dass die Stadt Mühlheim alleinige Gesellschafterin der Stadtwerke Mühlheim am Main GmbH bleibt“.
Mit diesem Ergebnis war der Bürgerentscheid erfolgreich, da das Quorum einer Mindestwahlbeteiligung von 25 Prozent erfüllt und die Mehrheit der Stimmberechtigten sich im Sinne der Gegner ausgesprochen hatte. Heinz-Jürgen Krug, Sprecher der Attac-Regionalgruppe Rüsselsheim, die ebenfalls vor dem hier geplanten Schritt einer Teilprivatisierung der Stadtwerke warnt, verweist in einer Mitteilung auf ein weiteres Beispiel, nämlich Mülheim/Ruhr. Dort wurde mit knapperer Mehrheit im Sinne der Antragsteller entschieden: Die Zahl der Ja-Stimmen lag nur um 248 über den geforderten 27 187 (20 Prozent der Wahlberechtigten).
An der Ruhr soll bei Änderung bestehender wie Gründung neuer städtischer Gesellschaften die Übertragung von Gesellschaftsanteilen an Private verhindert werden. Einbezogen waren dort fast alle öffentlichen Bereiche der Daseinsvorsorge, von Abwasser über Energie, Nahverkehr und Gebäudeunterhaltung bis zu Altenheimen und Stadtbücherei. Dem Thema Privatisierung war auch eine Veranstaltung eines Bündnisses von Gewerkschaften, Attac und des Evangelischen Dekanats gestern Abend im Gemeindesaal der Stadtkirche gewidmet (Bericht folgt). (bje)
Quelle: http://www.echo-online.de/suedhessen/template_detail.php3?id=339969

Das Netzwerk ppg laedt ein: Internationale Jahrestagung "Linke Politik oeffentlicher Gueter"

Das Netzwerk Privatisierung/Öffentliche Güter (ppg) der Rosa-Luxemburg-Stiftung lädt ein zur internationalen Jahrestagung 2005 zum Thema „Linke Politik öffentlicher Güter“

am 16. Dezember 2005
10 – 18 Uhr
Franz-Mehring-Platz 1
4. Stock, Raum 445

Um Voranmeldung wird gebeten unter nuss@rosalux.de
Einführung und Programm:

„Linke Politik öffentlicher Güter“
Gesundheit, Bildung, Wissen oder Naturressourcen dienen dem Kapital auf dem Wege der Privatisierung oder Inwertsetzung zunehmend als Anlagesphäre. Diese so genannten Öffentlichen Güter sind in private Güter transformierbar und daher nicht durch ihre stofflichen Eigenschaften bestimmt. Die Art und Weise der Bereitstellung eines Gutes ist vielmehr Ergebnis gesellschaftlicher Auseinandersetzung im Kontext kapitalistischer Produktions- und Herrschaftsverhältnisse. Die Verwendung des Begriffs „öffentliche Güter“ ist daher bereits selbst schon Strategie. Sie richtet sich gegen das neoliberale Credo von der größeren Effizienz privater Eigentumsrechte. Sie will sagen: Die Welt ist keine Ware! Vor diesem Hintergrund soll danach gefragt werden, wie die Linke „öffentliche Güter“ erkämpfen und verteidigen kann.

Auf der Jahrestagung des Netzwerks ppg der Rosa-Luxemburg-Stiftung sollen daher konkrete Praktiken zur Verteidigung öffentlicher Güter vorgestellt werden, beispielsweise die Kämpfe um den Erhalt von Wasser als öffentliches Gut, alternative Eigentumsformen an digitalisiertem Wissen oder die Strategie einer „Aneignung von unten“. Die Relevanz von „Global Governance“ zur Verteidigung globaler öffentlicher Güter steht ebenso zur Debatte. In verschiedenen Beiträgen soll das Konzept der öffentlichen Güter selbst diskutiert werden und gefragt werden, ob und wie weit es trägt im Kampf gegen die zunehmende Inwertsetzung der Welt.
Das Programm:

10.00 – 11.45 Uhr
Gaye Yilmaz (Türkei)
Öffentliche Güter: eine konzeptionelle Annäherung und Alternativen
Jannis Milios (Griechenland)
Öffentliche Güter, gesamtgesellschaftliche Reproduktion und die Veränderung der sozialen Kräfteverhältnisse
11.45 – 12 Uhr Kaffeepause

12.00 – 13.45 Uhr
Philipp Terhorst (England)
Deprivatisierung von Wasser: Kollektiver Aufbruch zur gesellschaftlichen Gestaltung der Wasserversorgung?
David Berry / Giles Moss (England)
The Libre Commons

13.45 – 15.15 Uhr Mittagspause

15.15 – 16.45 Uhr
Michael Krätke (Niederlande)
Globale öffentliche Güter – der Testfall für „Global Governance“?
Alessandro Pelizzari (Schweiz)
Perspektiven gesellschaftlicher Aneignung

16.45 – 17.00 Uhr Kaffeepause

17.00 – 17.45 Uhr
Özgür Müftüoglu (Türkei)
Privatisierung öffentlicher Güter und Dienstleistungen in historischer Klassenperspektive

Linkspartei sucht nach Profil. Privatisierung von Unikliniken soll Wahlkampfthema werden

Die Linkspartei will in Hessen im Jahr 2008 zur Ablösung der Regierung von Roland Koch (CDU) beitragen. Bisher jedoch hat die Partei keine landespolitischen Konzepte zu bieten, wie führende Vertreter beim Parteitag in Frankfurt am Wochenende einräumten. Das wollen sie ändern.

Frankfurt · Der Protest gegen die Privatisierung der Universitätskliniken in Gießen und Marburg soll für die Linkspartei ein erstes Thema zur Profilierung in der Landespolitik werden. Durch die Unterstützung eines entsprechenden Volksbegehrens wolle man „zeigen, dass eine Mehrheit der Bevölkerung die neoliberale Sachzwanglogik der Regierung Koch eindeutig ablehnt“, heißt es im Leitantrag der hessischen Linkspartei, der beim Parteitag verabschiedet wurde. Mit diesem Thema will die Linkspartei bei den anstehenden Kommunalwahlen 2006 auf sich aufmerksam machen.
Neben Mittelhessen seien weitere Krankenhäuser – etwa in Frankfurt-Höchst – „akut von der Privatisierung bedroht“, betont die Linkspartei. Dies sei „mit gravierenden Folgen für die Beschäftigten und die medizinische Versorgungsleistung der Bevölkerung“ verbunden. Die Krankenhausversorgung müsse öffentlich organisiert werden, fordern die Linken. Es war eines der wenigen landespolitischen Themen, die beim Parteitag eine Rolle spielten. Der umbenannten PDS fehle es an Positionen auf diesem Feld, räumte der Landesvorsitzende Ulrich Wilken ein, der in Frankfurt mit 78 Prozent der Stimmen im Amt bestätigt wurde: „Es gibt dieses landespolitische Profil nicht.“ Hier sei noch viel zu tun. Einen Anstoß dazu solle der Kongress „Die Linke in Bewegung“ liefern, der für den 17. Dezember im Frankfurter Gewerkschaftshaus geplant ist.

„Reibungslose Zusammenarbeit“
Neben den Delegierten der ehemaligen PDS kamen beim Parteitag auch Vertreter der Wahlalternative Soziale Gerechtigkeit (WASG) zu Wort, mit denen bis Mitte 2007 eine gemeinsame Partei gegründet werden soll. Anders als in anderen Bundesländern laufe die Zusammenarbeit zwischen Linkspartei und WASG in Hessen reibungslos, betonten beide Seiten, und feierten ihr Wahlergebnis von 5,3 Prozent landesweit bei der Bundestagswahl.
In Hessen wäre nach Ansicht des Linkspartei-Vorsitzenden Wilken sofort eine Vereinigung der Parteien möglich. Doch biete ein längerer Prozess größere Chancen dazu, auch bisher nicht parteigebundene Linke einzubeziehen. Wolfgang Gehrcke, Bundestagsabgeordneter der Linkspartei, forderte, bei den Kommunalwahlen 2006 mit „offenen Listen“ zu agieren, auf denen Vertreter von Sozial-, Friedens- oder Umweltgruppen antreten könnten. Gehrcke und der andere hessische Bundestagsabgeordnete Werner Dreibus (WASG) wollen sich im Kommunal-Wahlkampf engagieren, „als ob wir selbst zur Wahl stünden“. Es gehe darum, den Weg für ein erfolgreiches Antreten bei der Hessen-Wahl zu bahnen. „Wir werden antreten, im Jahr 2008 die Koch-Regierung abzulösen“, kündigte der hessische WASG-Vorstandssprecher Hermann Schaus an.
Geballte Kritik äußerten Redner von WASG und Linkspartei an der Koalitionsvereinbarung von CDU, CSU und SPD auf Bundesebene. Sie hätten „die kleine Chance zur Korrektur der neoliberalen Politik verschenkt“, sagte Werner Dreibus. Vor allem kritisierten die Linken die Rolle der SPD. Mit Hohngelächter nahmen es die Delegierten auf, als ein Redner die Behauptung der SPD-Linken Andrea Nahles zitierte, der Koalitionsvertrag trage deutlich sozialdemokratische Handschrift.
Pitt von Bebenburg
Frankfurter Rundschau, 14.11.2005

Frankreich versilbert Stromkonzern. Europas groesster Stromproduzent geht an die Boerse. Gegen den Teilverkauf der Electricite de France hagelt es Proteste

PARIS taz Der größte Atomstromhersteller der Welt, die französische „Electricité de France“, geht an die Börse. Zunächst 15 Prozent von Frankreichs profitabelstem staatlichen Unternehmen will der französische Staat verkaufen. Der Verkauf der EDF-Aktien, den die Regierung seit drei Jahren hinter verschlossenen Türen vorbereitet, soll noch im November beginnen. Premierminister Dominique de Villepin vermied gestern den Begriff „Privatisierung“ und sprach lieber von einer „Kapitalaufnahme“ der EDF, die für weitere internationale Zukäufe der EDF nötig sei. Um die bittere Pille zu versüßen, unterzeichnete er gleichzeitig einen „Vertrag über den öffentlichen Dienst“. Er garantiert niedrige Tarife und günstige Konditionen für sozial schwache Stromverbraucher. Zumindest bis zum Sommer 2007.
Dass dieses tarifliche „Zugeständnis“ reicht, um die Kritik sämtlicher Gewerkschaften und aller linken Parteien zu bremsen, ist fraglich. Die Linke hat angekündigt, dass sie diese „Verschleuderung des öffentlichen Dienstes“ verhindern will. Die Gewerkschaften von EDF haben schon in den vergangenen Monaten stellenweise den Strom aus Protest abgeknipst. Heute will die CGT, die größte von ihnen, die ersten 100.000 Unterschriften unter ihre Petition „EDF 100 % public“ bei der Regierung abgeben. Sie verlangt, dass die Gewinne der EDF dem „Allgemeininteresse zugeführt werden und nicht den Portefeuilles von Aktionären“. Einer der linken Präsidentschaftskandidaten, Laurent Fabius von den Sozialisten, hat versprochen, für den Fall seiner Wahl zum Staatspräsidenten im Jahr 2007 die Privatisierung rückgängig zu machen.
Bei der EDF-Privatisierung, die von dem ehemaligen linken Regierungschef Lionel Jospin und dem neogaullistischen Staatpäsidenten Jacques Chirac gemeinsam bei einem EU-Gipfel in Barcelona vereinbart worden ist, tut sich die französische Regierung schwerer als bei anderen Privatisierungen. Denn EDF ist eine Cash Cow – ein Unternehmen, das allein in diesem Jahr einen Umsatz von 6,6 Milliarden Euro und Nettogewinne von 2,1 Milliarden Euro erwartet. Auch seine hohe Schuldenlast kann der Konzern in diesem Jahr um rund 22 Prozent auf nur noch 19,1 Milliarden Euro senken. Der französische Monopolist hatte sich nur verschuldet, weil er sich in den vergangenen Jahren weltweit bei anderen Stromherstellern einkaufte. In Deutschland hält der französische Stromriese seit dem Jahr 2001 45 Prozent des viertgrößten deutschen Stromversorgers, EnBW in Baden-Württemberg.
Die Franzosen quer durch alle politischen Lager hängen an dem öffentlichen Unternehmen EDF: Der Konzern biete verlässliche Qualität zu sozialen Gebühren. Die Arbeits- und Lohnbedingungen für die 160.000 Beschäftigten sind gut und gelten als beispielhaft für die Privatwirtschaft.

DOROTHEA HAHN
Quelle: taz Nr. 7802 vom 25.10.2005, Seite 8 >>> http://www.taz.de/pt/2005/10/25/a0108.nf/text.ges,1