Marsch gegen die Privatisierung: Am Donnerstag wollen die Postler gegen den geplanten Boersengang des gelben Riesen aufmarschieren – Die Protestmassnahmen koennten theoretisch in einen Streik muenden

Der Wiener Standard (17.01.) berichtet von den Kämpfen gegen die Postprivatisierung: „Der Post-Börsengang spaltet nicht nur Regierung und Opposition, sondern geht wie ein Riss quer durch alle Lager. Während SPÖ und sozialdemokratische Gewerkschafter (FSG) den Zeitpunkt für falsch befinden, eine Wachstumsstrategie und eine Absicherung des staatlichen 51-Prozentanteils vermissen, findet Ex-Finanzminister und SPÖ-Parade-Industrieller Hannes Androsch, dass die Republik sogar 75 Prozent minus eine Aktie über die Börse privatisieren könnte.

„Noch kein Übernahmekandidat“
Denn bei einer Privatisierung von 49 Prozent werde die Post noch nicht zum Übernahmekandidaten, widerspricht Androsch seinem Parteichef Alfred Gusenbauer. Im Gegenteil: „Wenn man eine großzügige Mitarbeiterbeteilung macht und einige österreichische Kernaktionäre einbindet, dann kann man auch auf 25 Prozent plus eine Aktie privatisieren“, sagte Androsch zum STANDARD. Eine staatliche Sperrminorität (25 Prozent plus eine Aktie) sei unter den genannten Bedingungen ausreichend Schutz.
Er, Androsch, verstehe zwar die Bedenken der Gewerkschaft, die „möglichst viele Rechte abgesichert wissen will“, und ebenso die Unterstützung der Gewerkschaftsposition durch die SPÖ. Androsch: „Das ist verständlich, wenn man sich etwa das Verscherbeln der Austria Tabak ansieht.“ Aber schließlich hätten die Privatisierungen Anfang der 90er-Jahre unter Ex- Minister und Ex-ÖIAG-Chef Rudolf Streicher begonnen und die Unternehmen gehörten heute allesamt zu den erfolgreichsten Firmenbeispiele an der Wiener Börse.

Geschäftswelt wäre von Streik am meisten betroffen
Kommt es entgegen allen Erwartungen doch zu Arbeitsniederlegungen, würde dies vor allem die Geschäftswelt zu spüren bekommen. Sie verschickt mit Rechnungen, behördlichen Schriftstücken und Reklamematerial die meisten Poststücke. Einen Beschluss über Protest- und Kampfmaßnahmen gegen den Post-Börsengang haben die rund 100 Mitglieder des Zentralvorstands der Gewerkschaft der Post- und Fernmeldebediensteten bereits im Dezember 2005 gefasst – und zwar mit den Stimmen der Christgewerkschafter.
Einen Streikbeschluss im engeren Sinn umfasse dieser aber (noch) nicht. Dafür brauche es zusätzlich einen ÖGB-Beschluss, sonst bekommen die Streikenden kein Geld.
Unwahrscheinlich war ein Streikbeschloss aber bereits vor der Sitzung – auch deshalb, weil diesen die Telekombediensteten mittragen müssten. Und die haben weder einen Grund noch eine Legitimation dafür. Denn die Telekom schreibt Rekordgewinn und es steht kein nennenswerter Personalabbau bevor. „Wir können einen Streik nicht wirklich rechtfertigen“, sagt denn auch ein hoher Gewerkschaftsfunktionär zum STANDARD. Die Post bleibe vorerst ja mehrheitlich im Staatsbesitz.
Zank um den Post-Börsengang gibt es auch bei den Grünen. Der Anlass: Parteichef Alexander van der Bellen kann sich eine Vollprivatisierung der Post vorstellen, wenn die Versorgungssicherheit gewährleistet ist. Das kritisieren die Alternativen und Grünen GewerkschafterInnen (AUGE/UG) als „nicht nachvollziehbar“, weil die Privatisierung von Infrastrukturunternehmen „insbesondere unter dem Aspekt der Versorgungssicherheit der Bevölkerung mit Postdienstleistungen absolut kontraproduktiv“ wirke. Nachsatz der AUGE: „Wenn bereits jetzt hunderte Postämter geschlossen und tausende MitarbeiterInnen abgebaut worden sind, kann sich jeder ausmalen, was wohl passieren würde, wenn ein Unternehmen wie die Post voll privatisiert ist.“

Schutz der Kleinen
SP-Justizsprecher Hannes Jarolim hat beim Post-Börsengang den Schutz der Kleinaktionäre auch im Fall eines so genannten passiven Kontrollerwerbs verlangt. Bundeskanzler Schüssel sei gefordert, Stellung zu beziehen, dass das Übernahmerecht auch in diesem Fall zur Anwendung komme und damit ein Angebot an den Streubesitz gelegt werden müsse.
Von einem passiven Kontrollerwerb spricht man dann, wenn ein bestehender Großaktionär aussteigt oder bei einer Kapitalerhöhung nicht mitzieht, so dass die Kontrolle über das Unternehmen automatisch auf den nächstgrößten Aktionär übergeht – etwa von der ÖIAG auf einen anderen Großinvestor. Für Anlegerschützer Wilhelm Rasinger ist eine gelbe Volksaktie nur dann gut, wenn Kleinanleger im Übernahmegesetz besser gestellt werden.“
Quelle: http://derstandard.at/?url=/?id=2306820

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