Das Monster „Sparmaßnahmen“ im Gesundheitssystem

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Theseus und Minotauros – Rom, Villa Albani

Die Politik der letzten drei Jahre erinnert mich an das kretische Monster Minotaurus aus der griechischen Mythologie: Die Schuldenlast ist der Minotaurus, der immer neue Opfer braucht, um ruhig gestellt zu werden“, sagt Vichas. In der griechischen Mythologie konnte König Theseus das Monster töten und der Aufopferung von Menschen ein Ende bereiten.

Vor einem Dreivierteljahr ging es auf diesem Blog um die Toten der Finanzkrise am Beispiel der Entwicklungen des Gesundheitssystems in Griechenland. In einem sehr eindrucksvollen Bericht in der ver.di publik schildert Rodothea Seralidou, wie es nur ein halbes Jahr später konkret in den Krankenhäusern Griechenlands aussieht.

Was der große Andrang in Kombination mit den gekürzten Geldern mit sich bringt, weiß Krankenpfleger Konstantis ganz genau. Er ist seit kurzem für die Materialien zuständig, die die Chirurgen des Krankenhauses während einer Operation brauchen – zum Beispiel Pinzetten, Scheren, Zangen. „Unser Vorrat reicht nur für wenige Tage. Oft fehlt es an einfachsten Sachen, zum Beispiel im Moment an Schwämmen zur Reinigung der Utensilien. Vor wenigen Monaten waren die Spritzen knapp.“ Wenn das Telefon klingelt, sind oft Kollegen von anderen Krankenhäusern dran, denen das eine oder andere ausgegangen ist: „Wir versuchen, uns gegenseitig mit Medikamenten und Materialien zu helfen, obwohl das offiziell verboten ist.“

Aber nicht nur an der Ausstattung, auch am Personal wird gespart. Zeitverträge werden nicht verlängert, Neueinstellungen gibt es kaum. „In den letzten drei Jahren sind über 300 Kollegen gegangen, eingestellt wurden nur 55“, sagt Pfleger Konstantis. Es reiche hinten und vorne nicht mehr. Deshalb würden auf allen Stationen seit kurzem weniger Patienten aufgenommen, als die Bettenkapazität eigentlich erlaubt. Besonders schlimm sieht es in der Pathologie aus: Dort sind für 60 Patienten nur drei Krankenschwestern da. „Wenn Sie mich fragen, wie wir das schaffen“, sagt der Kardiologe Sioras und hält kurz inne, „muss ich gestehen: Wir schaffen das nicht. Ich bin mir sicher, dass mit dieser Unterbesetzung Menschenleben aufs Spiel gesetzt werden.“

Nicht zuletzt ist für dieses menschenverachtende Desaster ein von der BRD anempfohlenes Krankenhaussystem verantwortlich. Das Bundesgesundheitsministerium brachte griechichen Expert*innen im März 2011 beispielsweise Fallpauschalen und Diagnosis-Related Groups nahe.

Jetzt, zwei Jahre später, steht das griechische Gesundheitswesen vor dem Kollaps.

Wir wollen auf keinen König hoffen, aber sollten vielleicht die selbstorganisierten Initiativen unterstützen, die soziale Arztpraxen aufbauen:

In einem unauffälligen Gebäude im dicht besiedelten Perama, dem Viertel der Arbeiter am Rande von Piräus, engagieren sich die „Ärzte der Welt“ in einer sogenannten Sozialen Arztpraxis für die sozial Schwachen.

Wer mehr erfahren möchte oder Unterstützung anfragen will: solidarity.for.all@gmail.com

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