Unternehmen sollen ja mehr Verantwortung an den Hochschulen übernehmen, so fordert es die Bundesregierung seit langer Zeit. Von den Konsequenzen berichtet die taz in der heutigen Ausgabe. Der Berliner Politikwissenschaftler Peter Grottian hat einen Vertrag zwischen der Deutschen Bank und zwei Berliner Universitäten offengelegt. (Bzw.: Er hat den Vertrag der taz offengelegt, im Netz ist er bisher nicht zugänglich.) Im Kooperationsvertrag einigte sich die Deutsche Bank mit der HU und der TU in Berlin darauf, ein Institut für Angewandte Finanzmathematik zu gründen. Die taz schreibt: ->
Mitsprache in der Lehrkonzeption, Lehraufträge für Bankmitarbeiter, Vetorecht bei der Veröffentlichung von Forschungsergebnissen, gesonderte Werberechte an der Uni. Mit einem exklusiven „Sponsoren- und Kooperationsvertrag“ hat die Deutsche Bank sich an zwei Berliner Universitäten weitreichende Mitspracherechte zusichern lassen. […] Besonders an der Vereinbarung sind die umfassenden Mitwirkungsrechte, die sich die Bank zusichern lässt. So heißt es: „Alle Forschungsergebnisse der Universitäten oder ihrer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die im Rahmen der zwischen den Vertragspartnern abgestimmten Forschungsprojekte entstehen, sind der Deutschen Bank […] zur Freigabe vorzulegen.“ […] Auch auf die Lehre sichert sich die Bank Einfluss: Bankmitarbeiter sollen „Lehraufträge erhalten und zu Prüfungen herangezogen werden können“ – „soweit die Interessen der Deutschen Bank nicht beeinträchtigt werden“.
Der taz Redakteur ist vom Vorgang irritiert, sieht die „Wissenschaft vor dem Ausverkauf“ und fragt in seinem Kommentar: „War das wirklich Ihr Plan, Frau Schavan?“
Ja, das war ihr Plan, würde ich antworten. Aber der Vorgang ist natürlich auch ein weiterer Hinweise darauf, dass die „Uni brennt„, dass die Transformation von Universitäten in Unternehmen und Bankfilialen gestoppt werden muss.
Aber die Situation ist nicht nur deshalb fatal, weil die Deutsche Bank sich ein Institut kauft. Elmar Altvater kritisierte in seiner Abschiedsvorlesung mit Blick auf die gegenwärtige Hochschullandschaft die „Brotgelehrten“.
Das sind mehr oder weniger pfiffige Tüftler, wissenschaftliche Politikberater, deren geistiger Horizont kein Quäntchen weiter reicht als derjenige der Auftraggeber. Heute würden wir auch Drittmittelforscher hinzuzählen, die von einem Projekt zum nächsten streben und vor allem damit beschäftigt sind, Forschungsanträge und Abschlussberichte zu schreiben.
Was ein Hinweis kurzer darauf ist, dass die Transformation der Universität in Unternehmen weit über die direkte Einflussnahme hinausgeht, dass sie strukturell verankert ist. Dazu hat Ingrid Lohmann die „Zehn Thesen zum Funktionswandel der Universität“ formuliert.
Das die Universitäten in Deutschland Geheimverträge mit der Industrie haben, ist nichts neues!
Da gibt es z.B. an der Uni Köln einen Geheimvertrag mit der Bayer AG. Hier ist Klage zur Veröffentlichung eingereicht worden, vor dem Kölner Verwaltungsgericht.
Und das ist auch Richtig so, denn Einrichtungen die mit öffentlichen Steuerhelfern gefordert werden, sollten sich Transparenz und Öffentlichkeit auf die Fahne schreiben! Ganz zu schweigen von ethischen Grundsätzen in der Wissenschaft…
Ein 2. Beispiel ist die Uni Karlsruhe, wo es am KIT Institut einen skandalösen Geheimvertrag über Militärforschung gibt!
Was daraus geworden ist, wäre auch interessant zu verfolgen…
Da an der Uni Karlsruhe die Militärforschung geheim war bzw. das große Ganze nicht überblickt werden konnte, war es für die Bachelorabsolventen, die nur Teilprobleme in ihrer Abschlussarbeit zu lösen hatten, unmöglich herauszufinden wofür letztendlich ihre Forschungsergebnisse benutzt werden…
Hier noch einige Reaktionen aus der Presse:
Deutschlandfunk vom 30.5.2011: http://www.dradio.de/dlf/sendungen/campus/1470141/
Süddeutsche vom 30.5.2011: http://www.sueddeutsche.de/karriere/humboldt-universitaet-und-tu-berlin-deutsche-bank-mischt-bei-uni-forschung-mit-1.1103047
Spiegel: http://www.spiegel.de/unispiegel/studium/0,1518,765337,00.html