Eines kann dem AgrarBündnis angesichts des neuen Kritischen Agrarberichtes nicht abgesprochen werden: Dass es strittigen Themen aus dem Weg geht. Schon länger gibt es in der Ökolandbau und –vermarktungsszene eine Debatte darüber, wohin der Weg in Zukunft gehen soll. In Richtung eines eher industrialisierten Biolandbau (Bio 3.0) und weiterem „Wachstum“, womöglich verbunden mit dem Risiko, noch tiefer in die Falle der Konventionalisierung zu tappen, und/oder eher in die Richtung von mehr regionaler und lokaler Produktion, verbunden mit der Wiedergewinnung von (urbaner) Ernährungssouveränität? Der neue „Kritische Agrarbericht“ bildet einen Teil dieser Kontroverse unter dem Schwerpunkt „Wachstum“ ab. 19 seiner fast 50 Beiträge (in elf thematischen Kapiteln) widmen sich ausdrücklich diesem Thema. Eine Lösung ist vorerst nicht in Sicht, denn angesichts der immer noch vergleichsweise geringen Flächenanteile des Ökolandbaus und der geringen Anteile im Lebensmittelhandel muss und will jener unzweifelhaft wachsen. Gleichzeitig wird ihm in vielen Regionen durch die hohen Pachtpreise für Böden das Flächenwachstum erschwert. Hauptproblem scheint zu sein, dass in Deutschland und weltweit weiterhin Pflanzen vor allem als Rohstoff zur Fleischproduktion verwendet werden.
Die meisten AutorInnen haben einen akademischen Background, arbeiten an Universitäten oder in Forschung und Verbänden, was dem Sprachgebrauch vieler, wenn auch nicht aller Artikel anzumerken ist. Ein großer Teil der Beiträge dieser ausdrücklich zu empfehlenden Ausgabe ist online frei zugänglich, die vorherigen Ausgaben sind komplett open access. Wer und welche also über die Zukunft der Ökolandwirtschaft mitreden möchte, sollte die aktuelle Ausgabe dieses seit 1993 jährlich erscheinenden alternativen Agrarberichtes kaufen oder seine Texte lesen.
AgrarBündnis (Hrsg.): Der kritische Agrarbericht 2016; Konstanz/Hamm 2016, 320 Seiten, 22,00 EUR zzgl. Porto www.kritischer-agrarbericht.de
Was ich auch empfehlen kann sind die Videos auf Youtube von „Zukunftsfähige Landwirtschaft“ mit Vorträgen und Diskussionen zu diesem Thema
Zukunftsstiftung Landwirtschaft äussert sich zu Bio 3.0.
Unter der Überschrift „Bio 3.0“ diskutiert die Internationale Biovereinigung IFOAM seit einem Jahr über die Zukunftsperspektiven des Biologischen Landbaus. Keine andere Wirtschafts- und Bewirtschaftungsform hat bessere Antworten auf die globale Krise von Ernährung, Klima, Biodiversität und Ressourcenverbrauch – trotzdem bleibt der Biolandbau eine Nische. Warum? Braucht Bio neue Technologien und Marktstrukturen? Welche Innovationen helfen weiter? Auf eine Denkschrift „Mit Bio zu einer modernen nachhaltigen Landwirtschaft“ (PDF) von führenden deutschsprachigen Bioverbands- und -forschungsvertretern antwortet die Zukunftsstiftung Landwirtschaft anlässlich der Biofach 2016 mit einiger Kritik und vielen Verbesserungsvorschlägen. Im Zentrum steht aus ihrer Sicht ein integraler Produktivitätsbegriff, der alle Aspekte von Produktion und Verbrauch einschließt und von allen Mitgliedern der Biobewegung geteilt wird. Den Text der Zukunftsstiftung Landwirtschaft können Sie hier als PDF nachlesen.