Von Burghard Flieger
Die Überschrift »Schweiz wie sie singt und lacht« hätte für diese Veröffentlichung auch gepasst. Es ist ein mitreißendes Buch, das hier von Bettina Dyttrich, Giorgio Hösli zur Solidarischen Landwirtschaft in der Schweiz herausgegeben wurde. Auch hier gibt es eine »Dreigliederung«. Im ersten Teil geht es um die
Hintergründe der solidarischen Landwirtschaft, ihre Geschichte, ihre Organisationen und die Bewegungen in den Nachbarländern der Schweiz. Der zweite Teil stellt fünfzehn beeindruckende Projekte aus der ganzen Schweiz vor. Im dritten, eher kurzen Teil wird die Umsetzung skizziert, aufbauend vor allem auf Erfahrungen in der Schweiz.
Besonders die Vorstellung der fünfzehn Projekte diese Buches ist beeindruckend. Dafür gibt es mindesten vier Gründe: Die Autorin und WOZ-Redaktorin Autorin Bettina Dyttrich hat eine gute Schreibe. Der Text ist leicht zu lesen und trotzdem voller inhaltlicher Details, die der Mensch wissen sollte, wenn er sich mit der Solidarischen Landwirtschaft beschäftigt. Die ausgewählten Beispiele hätten kaum vielfältiger und besser sein können. Es ist einfach rundum überzeugend, was hier engagierte Menschen auf den Weg gebracht habe. Durch die schönen, farbigen Fotos von Giorgio Hösli wird dies noch anschaulicher und weckt Appetit auf mehr. Bei den Projektedarstellungen geht es zudem immer um die dahinter stehenden Personen. Sie sind etwas Besonderes und gleichzeitig Teil einer tragfähigen Bewegung. Alles zusammen macht aus dem Buch ein lesenswertes Buch. Der erste Teil als Einführung gibt einen Überblick über die Solidarische Landwirtschaft, ihre Wurzeln und die verschiedenen Ausprägungen und Nuancen in den verschiedenen Ländern von USA, Deutschland, Frankreich bis hin zu Österreich. Dabei wird deutlich, dass es auch beim Selbstverständnis erhebliche Unterschiede gibt. Die starke Ausrichtung auf eine Vertragslandschaft, in der die CSA-Gruppen die Kosten finanzieren, steht besonders in Deutschland im Mittelpunkt. In der Schweiz wird undogmatischer damit umgegangen. Dies hat seine Gründe auch in den schwierigen Bedingungen, Land für die Landwirtschaft erwerben zu können. Deutlich wird hier aber auch durch ein breiter gefasstes Selbstverständnis von Solidarischer Landwirtschaft.
Die 20 Seiten zur Solidarischen Landwirtschaft in der Praxis, stellen die Schweizer Bedingungen in den Mittelpunkt. Für Deutschland sind sie nur begrenzt nutzbar. Sie zeigen aber, dass die jeweiligen rechtlichen und steuerlichen Bedingungen, prägend für die gewählten Lösungen sind. An dieser Stelle noch einmal ein Verweis auf die Beispiele: Zwei davon fallen besonders aus dem Rahmen: Im Verein Schweizer Bergheimat helfen sich Bergbauern und Bergbäuerinnen gegenseitig, unterstützt von Konsumentinnen und Konsumenten. Die Genossenschaft Conprobio im Tessin ist eine Handelskooperative, die sich an regionalen und sozialen Grundsätzen orientiert. Beides zeigt, dass es eben auch außerhalb der regionalen Vertragslandwirtschaft Formen solidarischer Zusammenarbeit gibt. Hier sollten in Deutschland mehr Anknüpfungspunkte gesucht und genutzt werden.
Bettina Dyttrich, Giorgio Hösli: Gemeinsam auf dem Acker. Solidarische Landwirtschaft in der Schweiz, (Rotpunktverlag) Zürich 2015, 170 Farbfotos, 288 S., 34,00 EUR
Diese Rezension erschien zuerst in CONTRASTE, Monatszeitung für Selbstorganisation, Nr. 373 (Oktober 2015).