Christian Fuchs (vgl. Artikelbild ganz unten rechts) war zu Gast auf der Luxemburg Lecture. Es ging um Arbeit und die Frage, wem eigentlich meine digitale Arbeitskraft gehört. Digitale Arbeitskraft, die durch die Nutzung sozialer Medien erzeugt werde:
P1 ist das Produkt, was kostenlos angeboten wird, also keinen Gewinn abwirft, sondern nur Kosten verursacht.
P2 sind meine persönlichen Daten, die ich dort hinterlasse, die verkauft werden, um mich dann mit auf mich gemünzte Werbung zu versorgen und mich zum Konsum zu ermuntern, um also doch auch einem kostenlos angebotenen Produkt Geld zu gewinnnen. (Fuchs)
Und dieses Kapitalinteresse passe gut zusammen mit dem staatlichen Überwachungsinteresse. Allerdings verhalten sich die Machtinhaber*innen nur entspannt, so lange sich das in der Entstehung begriffene digitale Prekariat (warum eigentlich nicht Proletariat?!) nicht aufmuckt und niemand ausplaudert, was alles an Daten gespeichert wird, welches Ausmaß die Überwachung hat und welche gesamtgesellschaftlichen Lenkungs- bzw. Manipulationsmöglichkeiten damit verbunden sind. Dass das ganze kaum mit den nationalen wie internationalen Gesetzen zusammenpasst und auch nicht von einem informierten, öffentlichen, demokratischen Willensbildungsprozesse begleitet ist, mache diesen Angriff von oben komplett. Daher seien Whistleblower, allem sonntagsrednerischen Lob für Snowden zum Trotz, auch eine Gefahr, denn:
Whistleblower stellen diese Machtposition in Frage und werden daher zu Terroristen. (Fuchs)
Genau diese Verbindung zeigt der Dokumentarfilm citizenfour.
Laut Fuchs wird meine Arbeitskraft, die ich bei facebook leiste, zweifach ausgebeutet. Die Ausbeutung der Daten wird durch den sozialen Gebrauchswert ebenso verschleiert, wie der technologische Fetisch um die netztauglichen Geräte (Telefone, Computer, Körper- und Wohnungssensorik etc.) den Klassencharakter dieser Produkte verdeckt.
Fuchs schlägt ein commonsbasiertes Internet vor, fordert das Publikum auf, sich zu erlauben, wieder über Kommunismus nachzudenken und empfiehlt den digitalen Klassenkampf. Dazu gehörten nicht nur Alternativen wie Diaspora neben Facebook, sondern auch eine Vergesellschaftung von youtube, facebook und google. Außerdem wäre seiner Meinung nach eine partizipative Mediengebühr sinnvoll, mit transparenter Buchführung und Gewinnabführung an nicht-kommerzielle Initiativen.
Sehr interessant und lesenswert zum Thema Industrie 4.0 und die damit verbundenen Arbeitsbedingungen ist die aktuelle Ausgabe Zeitschrift Marxistische Erneuerung, Heft 103, September 2015:
Angeführt wird die gesamte Produktionskette: vom Markenzeichen der Gerätehersteller, über Rohstoffabbau, Transportwesen, Kabel verlegen, Satelliten ins All bringen (vgl. Huws, 20). Es geht um Wertschöpfungsnetzwerke (vgl. Butollo/Engel, 32), die Aufgaben, die sich den Aktiven in den Gewerkschaften stellen (vgl. Schumm-Garling, 54ff), denn Digitalisierung unter kapitalistischen Bedingungen ist gegen die Interessen der arbeitenden Menschen (vgl. Hagenhofer, 74). Den Abschluss des Themenschwerpunktes bildet die Betrachtung der Arbeitsbedingungen in den Bergwerken, die an jene von Sklaven erinnern und die Feststellung, dass die Regionen, die reich an den benötigten Rohstoffen sind, auch die ärmsten sind (vgl. Fuchs, 90f).