Der Datenskandal um das US-Überwachungsprogramm PRISM ist in aller Munde (nebenbei gefragt: was ist eigentlich aus Tempora geworden?). Die eigenen Daten sind offensichtlich weniger sicher als erwartet. Doch nicht nur staatliche Institutionen haben ein Interesse an unseren elektronischen Personendaten, sondern auch Wirtschaftsunternehmen – allen voran Facebook und Google. Wie die Geschäftsmodelle des „Data-Minings“ funktionieren versucht das Spiel Data Dealer zu beleuchten. Es reiht sich damit ein in die Reihe der educational video games wie Sim City oder Civilization, lehnt sich vom Spielprinzip aber vor allem an das erfolgreiche Facebookspiel FarmVille an. „Let’s call it a bastard offspring of certain shiny 2010 Facebook Games and the 1990 TV simulation game Mad TV, reborn with the souls of South Park and Bruce Schneier. Or simply: PRISM. The Game.“ (Data Dealer auf Kickstarter) Durch Mittel der „Gamification“ soll die Sensibilität für das Thema Datenschutz gesteigert werden und die Realität des real existierenden Datenabschnorchelns erfahrbar gemacht werden. Das Spiel soll zukünftig auch für die Aufklärungsarbeit an Schulen eingesetzt werden.
„Immer wenn wir gedacht haben, wir haben jetzt etwas wirklich Düster-Dystopisches erfunden, haben wir gesehen – das gibt es schon!“ (Wolfie Christl, einer der Erfinder von Data Dealer in der FAZ)
Das Spiel beginnt man mit einer Datenbank und einem bescheidenen Budget, mit welchem man sich nach und nach Datensätze von Flirting-Sites, Gewinnspielen, Paybackkarten oder dem prekären, schlecht bezahlten und überarbeiteten Krankenhauspersonal beschafft. In der Datenbank werden die von mehr oder weniger zwielichtigen Quellen gekauften Daten dann ausgewertet und zu möglichst aussagekräftigen Personendaten aggregiert, um danach an verschiedene Konzerne weiterverkauft zu werden. Mit dem verdienten Geld werden dann wiederum die Möglichkeiten des Datensammelns ausgebaut und die zeitweise aufgebrachte öffentliche Meinung wieder beschwichtigt, und so weiter… Neben den Plattformen „Tracebook“ und „Smoogle“ wurde nach dem NSA-Skandal noch schnell Edward Snowden als Spielfigur eingeführt.
Eine erste Demoversion des Spiels, welches sich durch eine Crowd-Funding-Kampagne finanziert, erschien bereits im April letzten Jahres. Die englischsprachige Demo-Version gibt es jedoch erst seit Kurzem. Im Oktober soll nun die Vollversion des Spiels auf Facebook, Google+ und als Browserspiel erscheinen – das Spiel erscheint unter einer Creative Commons-Lizenz. Neue Funktion in der Vollversion wird neben einer Multiplayerfunktion unter anderem das Mobbing von DatenschützerInnen sein.
„Der Skandal um die umfangreiche Überwachung des Internet durch die NSA und andere Behörden kam kurz nach der Veröffentlichung der ersten englischen Version unseres Spiels ins Rollen. Das hat uns in puncto Aufmerksamkeit einerseits sicher genützt, andererseits mussten wir innerhalb kürzester Zeit einiges umbauen. Das ist uns allerdings nicht schwergefallen. Wenn die Vollversion online ist, haben wir schließlich genau das vor. Wir betrachten unser Spiel als Medium und planen, immer wieder Ereignisse aus der Realität in unsere Spielwelt zu integrieren. (…)
Die kommerzielle Datensammelei ist momentan wirklich kein großes Thema. Dabei spielen die beiden Bereiche hier geradezu mustergültig zusammen. Die großen Internet-Konzerne speichern umfangreichste Informationen über das Leben der halben Weltbevölkerung und der Staat greift darauf zu. Überall dort, wo eine große Menge an persönlichen Daten verwaltet wird, besteht die Gefahr des Missbrauchs.“ (Wolfie Christl, einer der Erfinder von Data Dealer in der FAZ)
Die Demoversion von Data Dealer spielen: hier
One Response to “Das real existierende Datenabschnorcheln”