Amazon ist (mittlerweile) einer der größten Anbieter für allerlei alltagstaugliches Zeug: Toaster, Hosen, Lampenschirme, Bücher – rund um die Uhr, billig, schnelle Lieferung. Soweit so gut. Aber billig heißt in dem Fall miese Arbeitsbedingungen: Leiharbeit, Saisonarbeit, schlechte Unterbringung, niedrige Löhne, Schikanierung der Beschäftigten. Das ist schlecht für das Image. Und nur ein Fall von vielen.
In der Berliner Zeitung ist zu lesen:
Amazon reize bis zum Anschlag die Spielräume aus, die Gesetze zulassen. Dazu gehört, bei Löhnen zu knausern – auch in Bad Hersfeld. Der Tarifvertrag für den Versandhandel sieht Einstiegsentgelte zwischen 11,70 und 12,20 Euro pro Stunde vor. Für die Stammbelegschaft in Osthessen gilt laut Verdi derzeit aber ein Einstiegslohn von 9,83. Die Saisonkräfte, die als Leiharbeiter schufteten, hätten in der Spitze sogar nur 8,52 die Stunde bekommen.
Die Gewerkschaft ver.di will Tariflöhne durchsetzen und menschenwürdige Unterbringungen für die Saisonarbeiter_innen.
Für den Fall, dass das Management weiter blockiert, ist in Gewerkschaftskreisen von „Aktionen“ die Rede. Gemeint sind Streiks. Bad Hersfeld könnte auch zum Beispiel dafür werden, wie Sand in die perfekte Amazon-Maschinerie gestreut wird.
Das wäre auch in anderen Firmen nötig. Stefan Sauer schreibt in derselben Zeitung, dass es sich bei Amazon um keinen Einzelfall handelt. Auch Zalando glänzt durch Niedriglöhne und sogenannte Schnupperpraktika (Berliner Zeitung 19.2.2013).
In einer Pressemitteilung des DGB West fordert der Kollege Dietma Muscheid (DGB Landesvorsitzende West):
Amazon sei das Ergebnis falscher Arbeitsmarkt- und Europapolitik und Ausdruck eines offensichtlichen Sittenverfalls eines Teils der Wirtschaftselite. Die einseitige Austeritätspolitik habe dazu geführt, dass die Arbeitslosigkeit in vielen südlichen Ländern Europas massiv gestiegen sei. Die Menschen dort griffen inzwischen „nach jedem Strohhalm“. Zugleich habe die „Flexibilisierung“ des Arbeitsmarktes überbordende Leiharbeit, befristete Verträge und staatlich geförderte Praktika in Unternehmen überhaupt erst ermöglich.
Abgerechnet wird auch mit allzu kritischen Verbraucher_innen: Eine Kundin wollte aus Protest gegen die schlechten Arbeitsbedingungen ihr Kundenkonto kündigen. Geht aber nicht, es sei denn, sie verzichtet dann auch auf ihre E-books, die mit der Kündigung automatisch gelöscht werden. Denn das Kundenkonto und das App, was es zum Lesen der E-Books braucht, sind nur zusammen zu haben (vgl. Berliner Zeitung).
Auch beim Online-Shoppen gilt also: Augen auf beim Kaufhausrausch. Souveräne Konsument_innen schaffen keine bessere Gesellschaft. Wichtiger ist die Solidarität mit den Beschäftigten, um sie im Kampf für bessere Arbeitsbedingungen zu unterstützen. Und ein gutes Image ist jedem Unternehmen wichtig.
Wer nochmal nachlesen möchte, wie die Geschichte der Flexibilisierung des Arbeitsmarktes und der Schaffung des Niedriglohnsektors in der BRD ablief, kann das bspw. bei wikipedia tun.