In einem Verfahren wegen eines „angeblich geplanten Brandanschlag auf den Abrissbagger vor zwei Jahren“ in Königs Wusterhausen ging es zwar auch um den Tatvorwurf als solchen, aber Wellen schlug vor allem die Tatsache, dass die denkmalgeschützte Gedenkstätte Ernst Thälmann in Ziegenhals abgerissen worden war. Die Gedenkstätte war ein wichtiges Zeugnis nicht nur der DDR-Geschichte: Auf dem Flecken Land am See fand 1933 die letzte Tagung des Zentralkomitees der KPD statt, bevor die Nazis den Vorstand verhafteten. Das Grundstück wurde 2002 für 86.000 Euro privatisiert, die Gedenkstätte 2010 abgerissen. Nun wartet eine Brache am Wasser auf die Bebauung mit Wohnhäusern. Ein Beispiel von vielen für den Ausverkauf von Filetstücken auf dem Gebiet der ehemaligen DDR durch die Treuhand.
Das Örtchen Ziegenhals liegt bei Königswusterhausen am Krossinsee (siehe Open Street Map). Ein hübsches Fleckchen Erde im Berliner Umland. Hier befand sich
ein Kleinod der deutschen Arbeiterbewegung und des Antifaschismus.
Quelle: Freundeskreis „Ernst-Thälmann-Gedenkstätte“ e.V.
Auf einer Tagung des ZK der SED wurde die Ernst Thälmann Gedenkstätte am 7.2.1953 eingeweiht. 1989/90 ging die Immobilie an die Treuhand, die später zur Treuhandliegenschaftsgesellschaft wurde. Die Gaststätte war verpachtet und die Gedenkstätte zur Pflege und Instandhaltung an den Freundeskreis „Ernsts Thälmann Gedenkstätte“ e.V. Ziegenhals übergeben. 1997 bekam der Verein die fristlose Kündigung. Zwar führten Proteste dazu, dass spätere Eigentümer_innen, Pächter_innen oder Verwalter_innen die Gedenkstätte weiter pflegen und instandhalten mussten. Aber mit der Privatisierung 2002 schien das keine Gültigkeit mehr gehabt zu haben. Die Proteste setzten sich 2003 zunächst noch für den offenen Zugang zur Gedenkstätte ein. Ab 2009 drohte dann sogar der Abriss.
Die Berliner Zeitung berichtet: Gerd Gröber, Ministerialbeamter und Chef der Oberen Bauaufsicht Brandenburg hat
das 4.600 Quadratmeter große Anwesen am Wasser mit der unter Denkmalschutz stehenden Gedenkstätte für 86.000 Euro ersteigert. „Das war ein absolutes Schnäppchen“, sagte der 36-jährige Renkl. Kurz darauf habe der Beamte beantragt, den Ort, der an die letzte Tagung des KPD-Zentralkomitees 1933 erinnerte, aus der Denkmalliste streichen zu lassen und abreißen zu dürfen. Er bekam die Genehmigung. Seitdem, so Renkl [Sprecher des Freundeskreises; FF], sei das Grundstück, auf dem Wohnhäuser gebaut werden sollten, eine Brache. Quelle: Berliner Zeitung, 6.6.2012
Einen Überblick darüber, wie die zuständigen Behörden und der brandenburgische Gesetzgeber sich in die Hände arbeiteten, um das Denkmalrecht eigentümerkonform zu gestalten und den Abriss zu legalisieren, liefert der Rundbrief des Freundeskreises aus dem Jahr 2011 auf Seite 4:
Dieses [Gutachten; FF] besagt, dass die Gedenkstätte historischen, wissenschaftlichen und Seltenheitswert besitzt und gleichzusetzen ist u.a. mit den Gedenkstätten „Plötzensee“ und „Deutscher Widerstand“ (Bendler-Block). Daraufhin wurde die Ernst-Thälmann-Gedenkstätte, wie auch schon im Kaufvertrag angekündigt, erneut in die Denkmalliste eingetragen und unter Schutz gestellt. Kurz danach, verabschiedete der Landtag, wie auf Bestellung, eine neue Denkmalschutznovelle, wonach jeder Eigentümer eines Objektes, auf dem sich ein Denkmal befindet, dieses abreißen kann, wenn ihm der Erhalt nicht zumutbar ist. Woraufhin dieselben Beamten, die eben erst den erweiterten Denkmalschutz erlassen hatten, nun den Abriss genehmigten. Quelle FK-Rundbrief 2011, S. 4
Die Berliner Zeitung zitiert die Richterin des Verfahrens um vermeintliche Brandanschlagsvorbereitungen wörtlich mit ihrer Antwort auf die Frage eines Verteidigers, wie sie zu dem Abriss stehe:
„Jeder, der hier in der Gegend wohnte oder wohnt, konnte den Abriss nicht billigen“.
Der Verein gebe auch trotz des Abrisses noch nicht auf:
„Wir wollen erreichen, dass die Gedenkstätte an diesem authentischen Ort wiedererrichtet wird“, sagte Renkl. Der Käufer habe die Pflicht zum Erhalt der Anlage missachtet. Man wolle daher den Kaufvertrag und die Gültigkeit der Abrissgenehmigung rechtlich überprüfen lassen.