Berliner Wohnungsmangel schön gerechnet

Berliner Wohnungen sollen angeblich Mangelware sein. Zu diesem Ergebnis kommen gleich drei Studien, die die TAZ am Wochenende zitierte. Jedoch sind nicht etwa Wohnungen der Mangel. Das Problem liegt in der Vermarktung von Wohnraum als Kapitalanlage und in den steigenden Profitspannen mit der Ware Wohnraum.

Gleich drei Wohnungsmarktberichte sind in der vergangenen Woche erschienen: der Report des Immobilienunternehmens GSW sowie die Berichte der Investitionsbank Berlin (IBB) und der Analysten von Jones Lang LaSalle (JLL). Sie alle untermauern die „gefühlte Wohnungsnot“ in Berlin mit Zahlen: Die Mieten steigen in der ganzen Stadt, auch in den Randgebieten – laut GSW insgesamt um 7,8 Prozent bei Neuvermietungen, Jones Lang LaSalle kommt auf eine Steigerung von 9,3 Prozent. Den Leerstand Ende 2011 schätzt die GSW auf 2,7 Prozent. Weniger ist aufgrund von Fluktuation kaum möglich.

Interessant sind hier die unterschiedlichen Rechenergebnisse, die auch nach einiger Recherche nicht nachvollziehbar werden. Die Gründe liegen angeblich am rasanten Zuzug nach Berlin und der steigenden Nachfrage. Die Autor_innen sehen das anders und zitieren Andrej Holm im TAZ Interview:

Es waren politische Entscheidungen, die die Weichen für diese Entwicklungen gestellt haben.

Weitere Gründe werden von den Autor_innen angeführt:

Die schwerwiegendste Entscheidung für die Berliner Mieter war jedoch der Verkauf großer Teile der öffentlichen Wohnungsbestände, die mit dem Verkauf der bis dahin landeseigenen GSW an den internationalen Investor Cerberus 2004 ihren Höhepunkt erreichten. Heute hält das Land nicht mehr 30, sondern nur noch 14 Prozent der Wohnungen. Es hat damit weitaus geringeren Einfluss auf die Mietentwicklung – während Berlin durch die Privatisierungen zum beliebtesten deutschen Standort für Immobilienhandel wurde.

Der Artikel verweist auf das Hamburger Bündnis Recht auf Stadt für Alle, die eine Mietobergrenze von 4€ pro qm und die perspektivische Vergesellschaftung von Wohnraum fordern.

Und in Berlin?

Die letzten zwei bis drei Jahre sind viele Initiativen entstanden. Die verstreuten Gruppen tun sich jetzt zusammen und stellen gemeinsame politische Forderungen. Da ist eine größere Bewegung im Kommen (TAZ 3.3.2012).

Ein praktischer Anfang wäre das Kippen der Berliner Linie, wie die Mieter_innen der 23 verschenkten GSW Häuser finden.

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