- Wirtschaftlichkeitsvorteile bei ÖPP-Projekten der 2. Generation meist nur marginal
- Vergleichsberechnungen hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit häufig fragwürdig
- Baumaßnahmen stets alternativ als Eigenrealisierung und als ÖPP-Projekt ausschreiben
- Überlange Vertragslaufzeiten vermeiden und Projekte transparent im Staatshaushaltsplan ausweisen
Karlsruhe: Der Rechnungshof hat der Landesregierung und dem Landtag seine Beratende Äußerung
„Wirtschaftlichkeitsanalyse von ÖPP-Projekten der ersten und zweiten Generation bei Hochbaumaßnahmen des Landes“
vorgelegt. Darin geht der Rechnungshof der Frage nach, ob und in welchem Umfang Projekte in Öffentlich-Privater Partnerschaft (ÖPP) wirtschaftlicher sind als Baumaßnahmen, die das Land in Eigenregie durchführt.
Der Rechnungshof hat sechs große ÖPP-Projekte in Baden-Württemberg mit einem Auftragsvolumen von 280 Mio. Euro untersucht. Nach seinen Berechnungen spart das Land bei fünf dieser Vorhaben durch die Realisierung als ÖPP-Projekte gegenüber der Eigenbauvariante voraussichtlich 5 Mio. Euro, was einer Einsparung von durchschnittlich 2,67 % entspricht (siehe Tabelle in der Anlage). Dies deutet darauf hin, dass bei ÖPP-Projekten des Landes die vielfach in den Raum gestellten Effizienzrenditen von über 10 % auf Dauer nicht zu erwarten sind.
Zu einzelnen Projekten:
Für das Behördenzentrum Kurfürstenanlage Heidelberg ergibt sich auf den ersten Blick eine rechnerische Effizienzrendite der ÖPP-Variante gegenüber der Eigenrealisierung in Höhe von 9,66 %. Würde sich das Land aber gegen die noch verbleibenden Risiken absichern und diese an den Investor übertragen, würde sich der Barwertvorteil auf lediglich 4,53 % reduzieren. Dieser Wirtschaftlichkeitsvorteil kam zudem durch einen Sondereffekt zustande: Nach dem Abriss des alten Gebäudebestandes konnte der Investor auf dem Grundstück eine höhere Baumasse realisieren und am Markt verwerten.
Als wirtschaftlich unvorteilhafter hätte sich für das Land dagegen der Neubau des Polizeireviers Ellwangen als ÖPP-Projekt erwiesen. Der haushalts- bzw. kreditfinanzierte Eigenbau, den das Land realisiert hat, war 40.000 Euro oder 0,84 % günstiger als das ÖPP-Modell.
Diese Beispiele zeigen, dass ÖPP-Projekte nicht von vornherein als die wirtschaftlichere Variante angesehen werden können. Deshalb benötigt man eine belastbare Vergleichsbasis für die Entscheidung zwischen einem ÖPP-Modell und der Eigenbau-Variante. Dabei ist ein Vergleich anhand konkreter Angebote für beide Varianten erforderlich. „Schätzungen sind hypothetisch, Marktpreise real“, führt der Präsident des Rechnungshofs Max Munding aus. Insbesondere bei den ÖPP-Projekten der zweiten Generation, die neben Planung, Finanzierung und Bauen auch den Betrieb umfassen, sei es wegen der Kosten für die Risikovorsorge und den langen Vertragslaufzeiten schwierig, Vergleiche mit einer Eigenrealisierung hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit anzustellen. Es müsse ein sorgfältiger Vergleich auf Basis von Marktpreisen für alle Realisierungsvarianten vorgenommen werden.
Das Land muss die Möglichkeiten der alternativen Ausschreibung verstärkt nutzen. Bisher schreibt die Staatliche Vermögens- und Hochbauverwaltung regelmäßig nur Investorenmaßnahmen (ÖPP-Projekte der ersten Generation) alternativ mittels sogenannter A-B-C-/bzw. A-C-Ausschreibungen aus. Mit diesem Verfahren sind Wirtschaftlichkeitsvergleiche für die Eigenbau- und Investorenvariante anhand aktueller Marktpreise möglich, die sich aufgrund objektbezogener Ausschreibung ergeben haben. Dagegen werden bei den ÖPP-Projekten der zweiten Generation tatsächliche Angebotspreise von Investoren mit geschätzten Gesamtbaukosten für die Eigenrealisierung auf Basis von Kostenkennwerten verglichen. Dieser hypothetische Vergleichswert für die Eigenrealisierung (sogenannter Public-Sector-Comparator oder kurz PSC) führt zu erheblichen Unsicherheiten in den Wirtschaftlichkeitsanalysen. Hinzu kommen kalkulierte Risikozuschläge als fiktive Kostenbelastung der Eigenbauvariante.
Für die Verwirklichung großer Baumaßnahmen des Landes, die sich als ÖPP-Projekt eignen, empfiehlt der Direktor beim Rechnungshof, Prof. Dr. Dieter Kiefer, ein transparentes und ergebnisoffenes Vorgehen: „Die Maßnahmen sollen sowohl als Eigenrealisierung als auch als ÖPP-Projekt im Landeshaushalt veranschlagt und ausgeschrieben werden. Nur so ist gewährleistet, dass nach erfolgter Ausschreibung der Zuschlag auf das wirtschaftlichste und sparsamste Gebot erteilt wird.“
Abschließend stellt der Rechnungshof fest, dass auf Dauer derart hohe Wirtschaftlichkeitsvorteile, wie sie für bisher realisierte kommunale ÖPP-Projekte und aus anderen Bundesländern berichtet werden, bei den untersuchten Projekten nicht festgestellt werden. Die Gründe hierfür könnten vor allem bei unterschiedlichen Annahmen bezüglich der Kosten der Eigenrealisierung und den Risikozuschlägen liegen. Außerdem warnt der Rechnungshof vor einer steigenden Vorbelastung künftiger Haushalte durch ÖPP-Projekte bei Vertragslaufzeiten von üblicherweise 20 bis 30 Jahren („graue Verschuldung“). Deshalb muss der Staatshaushaltsplan durch entsprechende Übersichten noch deutlich transparenter werden.