Als Freiburgs Oberbürgermeister Dieter Salomon am 1. April 2006 ankündigte, die städtischen Wohnungen verkaufen zu wollen, glaubten viele Bürger an einen Aprilscherz. Doch der grüne Bürgermeister meinte es ernst. Als die darauf gegründete Bürgerinitiative »Wohnen ist Menschenrecht« einen Bürgerentscheid gegen den Verkauf anstrebte, war niemand so recht von einen Erfolg überzeugt. Zu oft hatte sich der Ritus »Bürgermeister verkündet Verkauf, Bürger leisten Widerstand und am Ende wird doch verkauft« abgespielt. Um so größer war die Verwunderung, als sich acht Monate später 70 Prozent der Freiburger gegen den Verkauf aussprachen und den Grünen in ihrer ureigensten Disziplin eine Niederlage beibrachten: der Basisbeteiligung.
Über ein Jahr nach der Abstimmung hat die siegreiche Bürgerinitiative nun ein Buch veröffentlicht, in dem mehr als 40 Aktivisten ihre Perspektive auf die zurückliegende Auseinandersetzung schildern. Das Spektrum reicht von betroffenen Mietern, Gewerkschaftern und Hochschulprofessoren, von Kommunisten über SPD-Stadträte bis hin zu Vertretern der Kirche. Gerade diese gesellschaftliche Breite macht das Freiburger Volksbegehren und damit auch das vorliegende Buch so besonders. Die Beteiligten schildern etwa die Erfahrungen mit Samba- und Clowngruppen, den Einsatz von Bodenzeitungen, den Umgang mit Medien und die Diskussion um Heuschrecken als Symbol für Finanzinvestoren. Ausführlich werden die Gründe gegen den Wohnungsverkauf dargestellt.
Zusammen bilden die Texte einen Leitfaden zur Verhinderung von Privatisierungsplänen, die in Deutschland mittlerweile auf der Tagesordnung stehen. Insofern ist das Buch mit seinen rund 60 Beiträgen Menschen zu empfehlen, die sich für die (linke) Protestkultur in Freiburg interessieren oder ebenfalls den Verkauf öffentlichen Eigentums zu verhindern versuchen. Ein »Rezept für einen Bür-gerentscheid« bietet es allemal.
Der Erlös kommt der Bürgerinitiative »Wohnen ist Menschenrecht« zu Gute, die bereits die nächste Kampagne plant: Die Mieterhöhungen in den städtischen Wohnungen sollen gekippt werden.
ND vom 18.1.08, von Christian Klemm