In der vergangenen Woche fand in Weimar das 10. Betriebswirtschaftlichen Symposium Bau an der Bauhaus-Universität statt. Attac, ver.di und Transparency International hatten in diesem Jahr die Gelegenheit auf einer Podiumsdiskussion Pro-Kontra PPP im Rahmen der Konferenz ihre Kritikpunkte an diesem Modell der Privatisierung vorzutragen. Hier einkopiert ein Bericht der ebenfalls auf meinem Blog veröffentlicht ist:
Privatisierungslobby traf sich in Weimar. PPP = Privatisierung
Hier nun ein kleiner Bericht vom 10. Betriebswirtschaftlichen Symposium Bau an der Weimarer Bauhaus-Universität, an welchem ich in der vergangenen Woche teilgenommen habe. Die Veranstaltung ist eine Werbeveranstaltung der Lobbyisten für Öffentlich-Private-Partnerschaften (ÖPP oder auch PPP) und fand bereits zum zehnten Mal statt (Programm). Die Tagung dient vor allem dazu Vertretern der öffentlichen Hand das Privatisierungsmodell schmackhaft zu machen. Attac und der Ortsverband der Partei DIE LINKE liefen vor dem Tagungsgebäude zu einer Protestkundgebung auf und machten auf die Risiken und hohen Kosten von PPP aufmerksam.
Außerdem stelle ich die beiden, der Tagungsbroschüre beigelegten kurzen Statements von Renate Sternatz und mir für das Pro-Kontra-Podium an welchem wir für ver.di bzw. attac teilgenommen haben hier online:
PPP – die Realität sieht anders aus, ein Blick hinter Hochglanzbroschüren
Seit Ende 2005 beschäftigt sich der ver.di Fachbereich Gemeinden mit Public-Private-Partnership. In Kooperation mit der Hans-Böckler-Stiftung haben wir im Rahmen des Projektes „Gemeinwohl- und Arbeitnehmerorientierung kommunaler PPP-Projekte“ einige geplante PPP-Vorhaben unter die Lupe genommen. (Hier das Statement von Renate Sternatz lesen.)
ÖPP – Hohe Kosten und langfristige Risiken für die öffentliche Hand
Öffentlich-Privaten-Partnerschaften halten einer Prüfung auf Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit nicht stand und sind mittel- und langfristig ein gefährlicher Weg für Städte, Gemeinden und Länder, weil durch sie die Finanzierungslast in die Zukunft verschoben wird und durch sie nicht abschätzbare Risiken eingegangen werden. (Hier das Statement von Mike Nagler lesen.)
Die Teilnehmer der Konferenz kamen in etwa zu 35 % aus dem öffentlichen Bereich (Kommunalverwaltung, Landesbanken, Landesministerien, Hochschulen, Politiker) und zu ca. 65 Prozent aus der Privatwirtschaft (priv. Banken, Berater, Baukonzerne).
Die Eröffnung begann mit einem Grußwort des Rektors der Universität Weimar. Wobei er die Veranstaltung und den Hauptverantwortlichen und Initiator Prof. Alfen überschwenglich lobte. Kein Witz: Wörtlich sprach er dabei u.a. von „PPP als einer Art neuen Religon“ und nannte in diesem Zusammenhang Herrn Prof. Alfen als den „Papst“ dieser neuen Religion.
Da ich die Debatten um die zunehmende Bedeutung von der Gewinnung von Sponsoren aus der Privatwirtschaft für die staatlichen Hochschulen aus meiner hochschulpolitischen Tätigkeit kenne, schätze ich mal, dass die Bauhaus-Universität Weimar sicherlich sehr gute Sponsoren in Sachen „Drittmitteleinwerbung“ aus der Bauindustrie hat. Es liegt also die Vermutung nahe, dass die Hochschule sehr stark von privaten Geldgebern abhängig ist und sich deshalb sogar der Rektor derart äußert.
Danach sprach Prof. Alfen, der Initiator der Tagung und betonte in seiner Rede die steigende Bedeutung von Öffentlich-Privaten-Partnerschaften. Trotz Wirtschaftskrise sei PPP nicht eingebrochen wie befürchtet und es werde demnächst noch stärker losgehen. Es gäbe bundesweit 130 realisierte Projekte (Hochbau und Verkehr zusammengenommen). Relativ bald kam er auch auf die Kritiker zu sprechen die ja sogar schon vor der Tür stünden. Diese hätten keine sachlichen Argumente.
Danach sprach Herr Bodner (Hauptverband der Dt. Bauindustrie und von Bilfinger Berger): Er war der, der am ungeschöntesten die Wünsche der Konzerne vortrug. Unter anderem war ihm wichtig anzubringen, dass die „Benachteiligung“ welchen Privaten bei der Erhebung der Umsatzsteuer zuteil wird endlich aufgehoben werden müsse. Hinsichtlich PPP speziell im Gesundheitswesen wies er darauf hin, dass eine Reihe von PPPs bei Krankenhäusern nicht zustande gekommen seien, weil diese Krankenhäuser praktisch in Insolvenz gehen könnten, da es keine Absicherung durch die Kommune gäbe und deshalb die Banken keine Kredite finanzierten. Das könne so nicht sein. Die Kommunen sollten nach Sicht der Bauindustrie in allen Bereichen die Haftung übernehmen damit die Gewinne der Konzerne garantiert werden könnten. Die Sichtweise war sehr einseitig auf den Vorteil der Privatwirtschaft – bzw. besser der großen Player in der Bauwirtschaft – vorgetragen. Auch er sprach davon dass sich niemand von den unwissenden Kritikern von PPP in die Irre führen lassen solle.
Auf jeden Fall war interessant, dass fast alle Redner mehr oder weniger die „zunehmende und wachsende Kritik an PPP Modellen“ in ihren Beiträgen erwähnten. Die Erwähnung des Netzwerks Attac kam mehrfach vor in diesem Zusammenhang. In den Ausführungen wurde oft von „pauschalen Gegnern die mit polemischen Sprüchen daherkommen“ gesprochen bzw. davon, dass die Kritiker keine „sachlichen Argumente“ vorbringen würden.
Danach gab es eine erste Podiumsdiskussion an der als Kritiker von PPP Herr Hofreiter (Bundestagsfraktion B90/Grüne) teilnahm und der vor allem auf die Geheimhaltungsproblematik bei diesen Modellen hinwies.
Ich habe am „Workshop“ (in Anführungszeichen, weil die Workshops auch Vorträge waren) „Verbesserung des Risikomanagements in Folge der Finanzkrise aus Sicht
verschiedener Stakeholder“ teilgenommen. Ich möchte hier nicht näher auf die verschiedenen Beiträge eingehen. Nur soweit: Moderiert wurde es von Prof. Alfen und es gab vier Personen die einen Vortrag zum Thema hielten jeweils aus Sicht von 1. Baukonzerne (in diesem Fall Bilfinger&Berger), 2. Banken (in diesem Fall DZ Bank), 3. Öffentliche
Hand (In diesem Fall absurderweise von einer Absolventin von Alfens Studiengang und Mitarbeiterin von Alfen Consult übernommen!), 4. Einer Fondgesellschaft.
Interessant war dabei jedenfalls, dass es keinen Vertreter der öffentlichen Hand gab, bzw. für die öffentliche Hand jemand von der Alfen Consult gesprochen hat und dabei mehrfach die öffentl. Hand kritisierte. (Bspw.: „Die öffentl. Hand kann kein Risikomanagement bzw. ist daran nicht gewöhnt.“)
Es gab nach den „Workshops“ noch eine Reihe Vorträge die alle dazu dienten den Anwesenden PPP schmackhaft zu machen. Die letzte Veranstaltung des Tages war dann die Podiumsdiskussion Pro – Kontra PPP. Diese war folgendermaßen zusammengestellt:
Auf dem Podium: Arnd Baumgard (Société Générale Corporate and Investment Banking und Mitglied des BPPP), Frank Heudorf, (Stadtkämmerei Frankfurt am Main und „PPP Mann 2008„), Gabriele C. Klug (Transparency International und Beigeordnete in der Verwaltung der Hansestadt Wesel), Renate Sternatz (Bereichsleiterin Fachbereich Gemeinden, ver.di Bundesleitung), Mike Nagler (Attac Deutschland), sowie als Moderator: Franz Drey (Vorstand der ÖPP Deutschland AG und Stellv. Chefredakteur des Behördenspiegels).
Die Erwartungen von Prof. Alfen und Herrn Drey die seit Jahren in Sachsen PPP zusammenarbeiten, waren ganz offensichtlich – wie ich auch im späteren Gespräch bestätigt bekam, dass Attac mehr oder weniger als eine Horde demonstrationswütiger Privatisierungsgegner bestehe und auf dem Podium wohl platte Parolen gegen Privatisierung erwartet wurden. Es machte jedenfalls für mich den Eindruck, dass sie sich nicht sonderlich mit dem Netzwerk und den Anliegen von Attac auseinandergesetzt hatten.
Die Podiumsdiskussion „Pro-Kontra PPP – Hart aber fair“ selbst lief aus meiner Sicht dann trotz der kurzen Zeit die uns zur Verfügung stand ganz gut. Die Kritiker des Modells, Renate Sternatz (ver.di), Gabriele Klug (Transparency) und ich haben uns jeweils gut ergänzt. Den Schwerpunkt haben wir auf die Offenlegung der Verträge und Gutachten gelegt sowie auf die Infragestellung der Wirtschaftlichkeit von PPP Modellen. In diesem Zusammenhang wurden auch einige Beispiele aus der Praxis angeführt die unsere Befürchtungen unterstrichen.
Unter anderem wurde Herr Heudorf mit dem, von ihm vorangebrachten Projekt „Frankfurt Ostend“ konfrontiert welches er dennoch verteidigte. In den letzten Jahren wurde von Seiten der Nutzer eine ganze Reihe Mängel bescheinigt. Selbst das eigene Revisionsamt hatte 2006 in einem Gutachen bescheinigt, dass die Ausführung durch die Kommune weitaus wirtschaftlicher wäre. Daraufhin wurden zwei weitere Gutachten angefertigt – die wiederum das Gegenteil bestätigten. Nur wurden diese Gutachten nie öffentlich gemacht. Dies wäre aber notwendig um zu analysieren wie denn die Gutachten zu so unterschiedlichen Ergebnissen kommen können. In diesem Zusammenhang ist es vieleicht interessant darauf hinzuweisen, dass eines der geheimgehaltenen Gutachten von der Alfen Consult stammt, dem Beratungsunternehmen von Prof. Alfen.
In der Diskussion habe ich unter anderem einige Beispiele und Kritikpunkte angebracht, die dazu geführt haben, dass PPP in Leipzig abgelehnt wurde. Vor allem auch die Bedenken
hinsichtlich der negativen Auswirkungen auf die regionaler Wertschöpfung spielten in der kurzen Debatte eine Rolle. Das PPP sich nur für die großen Baukonzerne rechne bestritt Herr Baumgard. Allerdings gibt es hierzu Zahlen aus der Praxis die dies belegen. (In Leipzig bspw. war das geplante Projekt in dem fünf Schulen im Rahmen eines PPP Projektes saniert werden sollten mit einem Investitionsvolumen von 60 Millionen Euro geplant. Bei Volumina in dieser Größenordnung sind regionale Bauunternehmen aber von vornherein ausgeschlossen, da sie von den Banken keine Kredite in dieser Höhe genehmigt bekommen.) Mehr zur Debatte um PPP in Leipzig hier im Wiki des April-Netzwerks.
Prof. Alfen selbst schätze ich so ein, dass er sehr genau weiß, dass die meisten seiner „Wirtschaftlichkeitsberechnungen“ und „Gutachten“ leicht zu widerlegen sind. Das zeigte auch sein „vorsichtiges“ Auftreten am nächsten Tag auf der Attac Veranstaltung. Dies erklärt auch die, von den Befürwortern in vielen Fällen so hartnäckig verteidigte Geheimhaltung der Verträge und Gutachten.
Die Gespräche im Nachgang des Podiums haben auch gezeigt, dass es auch unter den Besuchern eine ganze Reihe an Kritikern des Modells gibt. (Vor allem aus den Rechnungshöfen, den Architektenkammern, den Verwaltungen in den Ministerien.) Unter anderem ging es dabei um die Anfang des Jahres abgesagte Privatisierung der hessischen Straßenbaumeistereien oder auch um die exorbitant gestiegenen Kosten der PPP Projekte im Landkreis Offenbach.
Hier noch in Kurzform einige meiner Stichpunkte / Thesen zu Öffentlich-Privaten Partnerschaften:
– ÖPP ist nicht billiger betrachtet man es in Bezug auf die Wertschöpfung in der Region.
– Mögliche errechnete Kostenvorteile werden durch schlechtere Entlohnung, Outsourcing und Marktmacht von Generalunternehmern erzielt.
– Baukostenüberschreitung sind in ganz anderen Dimensionen zu erwarten.
– Die Wirtschaftlichkeitsberechnungen gleichen oftmals dem Blick in die Glaskugel. (Offenlegung! Gegenprüfung von unabhängiger Stelle.)
– Die öffentliche Hand verliert Kompetenz beim Betrieb der betreffenden Einrichtungen.
– Es besteht Grund zur Befürchtung, dass nach dem Auslaufen der PPP Verträge die generelle Privatisierung folgt. (Zumal dann, wenn Eigentum in eine Projektgesellschaft eingebracht wird.)
– Forfaitierung mit Einredeverzicht (oder Teileinredeverzicht) macht Dilemma deutlich: Finanzierungskosten sind selbst unter Preisgabe von Sanktionsmöglichkeiten ungünstiger als bei konventionellen öffentlichen Investitionen.
– Die Finanzierung ist für den privaten Generalunternehmer immer teurer als für die Kommune. (Wirtschaftliche Logik) (u.a.: Der Private bekommt niemals einen günstigeren Kredit als die öffentliche Hand. Umsatzsteuer.)
– Vertragliche Festlegung der Nutzung auf 25 Jahre. Wie kann man alle Unwägbarkeiten der nächsten 25 Jahre in Verträge gießen?
– Alle Risiken des Betriebs im Vorhinein vertraglich zu regeln birgt Risiken die im Zweifelsfall der Steuerzahler aufkommen muss.
– Risiko: Betreiber in Insolvenz / Kommune haftet
– Mit PPP wird „Spielgeld“ fürs globale Finanzcasino geschaffen. Aus öffentlichem Eigentum werden Finanzprodukte.
Im Zusammenhang mit meinem vorangegangenen Beitrag noch der Hinweis das Öffentlich-Private-Partnerschaften auch an Hochschulen seit einigen Jahren verstärkt zur Anwendung kommen. Durch die Unterfinanzierung von staatlicher Seite gehen die Hochschulen mehr und mehr direkte Verträge mit Wirtschaftsunternehmen ein und begeben sich dadurch in Abhängigkeiten. Hier die Antwort auf eine Anfrage bzgl. PPP an sächs. Hochschulen an die Sächsische Staatsregierung die wir als Landesstudierendenvertretung (KSS) im Jahre 2005 gestellt und über zwei Abgeordnete der Fraktion DIE LINKE eingereicht hatten. Bereits 2005 gab es schon eine Reihe solcher Projekte. Heute ist der Anteil dieser „Partnerschaften“ weiter gestiegen.
Einige Beispiele auf der Plattform des Netzwerks von Bürgerinitiativen zum Erhalt der Daseinsvorsorge (APRI-Netzwerk).
Einige Beispiele zum Thema auf den Seiten von ver.di sowie hier die Zusammenfassung in der Tagungsbroschüre einer ver.di Tagung von 2006.
Die Kampagne PPP-Irrweg.
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Auch wenn der Protest klein war, er war da
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