Keine zivilen Klagen auf Entschädigung bei NS Kriegsverbrechen

Bereits am 4.2. 2012 entschied der Internationale Gerichtshof (IGH) über ein lang erwartetes Urteil: Zivile Opfer dürfen Deutschland nicht für seine NS Kriegsverbrechen verklagen. Damit erhalten die Opfer auch keinen Anspruch auf Entschädigungszahlungen. Italienische Gerichte hatten die Klagen von Einzelpersonen gegen Deutschland für die Verantwortung der Massaker von SS und Wehrmacht zwischen 1943 und 1945 zugelassen. Die Entschädigungsklagen belaufen sich auf Millionenhöhe. Der IGH entschied nun, dass die Staatenimmunität gewahrt werden muss. Tatsächlich hätte ein Positivbescheid weitreichende Folgen gehabt. Weiterlesen

Buchkritik: Marlies Mattern – Ein Feld der Ehre

Marlies Mattern: Ein Feld der Ehre
Es ist ein Zufall: Just in dem Moment, wo ich mich mit dem ersten Aufeinandertreffen der Roten Ruhrarmee mit dem Freikorps III. Marinebrigade von Loewenfeld am 26. März 1920 in dem westmünsterländischen Dorf Raesfeld zu beschäftigen begann, erscheint der Kriminalroman Ein Feld der Ehre von Marlies Mattern, dessen Handlung exakt vor dieser historischen Kulisse angesiedelt ist. Ich war gespannt.

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Propaganda mit der Leiche

Marlies Mattern: Ein Feld der Ehre
Eigentlich wollte ich im Rahmen meiner kleinen Reihe zur Märzrevolution 1920 eine Rezension von Marlies Matterns Kriminalroman „Ein Feld der Ehre“ schreiben (und mache das bald auch noch), bin allerdings schon an seiner Oberfläche hängengeblieben und versuche mich nun erstmal im unterschätzten Genre der Buchcoverkritik.

Matterns Buch spielt – soviel sei zur Einordung doch gesagt – in den letzten Märztagen des Jahres 1920 in einem kleinen westmünsterländischen Dorf namens Raesfeld und verwebt einen fiktiven Mord mit tatsächlichen historischen Ereignissen. Traf doch am 26. März die Rote Ruhrarmee dort erstmals auf das putschistische Freikorps III. Marinebrigade von Loewenfeld (welches allerdings jetzt im Regierungsauftrag handelte). Raesfeld wurde zu einem Schauplatz des Weißen Terrors, an dem wenigstens 60 Ruhrarmisten starben, wobei mindestens 25 von ihnen als Gefangene oder Verwundete exekutiert wurden.

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Die Legende vom „Roten Terror“ am Essener Wasserturm

Wasserturm Steeler Berg

Der Essener Wasserturm in den 20er Jahren; Quelle: Wikipedia

Die vielleicht hartnäckigste Legende vom „Roten Terror“ während der Märzrevolution 1920 rankt sich um den Kampf um den Essener Wasserturm am 19. März 1920. Erhard Lucas schreibt dazu:

Die Arbeiter hatten die Stadt in der Hand – bis auf einen Punkt, den Wasserturm im Ostpark am Steeler Berg (Südosten der Altstadt). Die Besatzung – 24 Mann Einwohnerwehr und 22 Mann Sipo [Sicherheitspolizei] – ergab sich nicht. Das, was sich nun hier in den folgenden Stunden abspielte, wurde für die bürgerliche und später die nationalsozialistische Geschichtsschreibung das Paradebeispiel für die sadistischen Greueltaten der „Roten Armee“. Immer wieder wurde es erzählt: Nach stundenlanger Belagerung zeigt die tapfere kleine Besatzung schließlich die weiße Fahne und tritt dann mit erhobenen Händen aus dem Gebäude – da stürmt eine wilde schreiende Horde die Freitreppe hinauf und schießt, schlägt und sticht in entfesselter Mordlust auf die Wehrlosen ein. Wer dem Gemetzel zu entfliehen versucht, wird ebenfalls niedergeschossen. Nur 6 Mann kommen mit dem Leben davon. Ein unwiderleglicher Beweis – so hat es sich seitdem allgemein im Bewußtsein festgesetzt –, daß der ganze Ruhraufstand nichts anderes war als der Aufstand der „rohen und vertierten Masse“.

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Privatisierte Kriegspropaganda

Public Relations bzw. Öffentlichkeitsarbeit ist schon längst zum Bestandteil des politischen Lebens geworden und wird von Politikern und Parteien zur Imagepflege genutzt. Neu ist auch nicht, dass Regierungen PR-Unternehmen damit beauftragen, ihr Image in anderen Ländern aufzubessern. Wenig bekannt ist allerdings, dass es seit Langem von sehr unterschiedlichen Regierungen in Auftrag gegebene und bezahlte PR-Kampagnen gibt, um Feindbilder aufzubauen, Kriege vorzubereiten oder Diktaturen zu beschönigen. Wie private PR-Firmen den Krieg im ehemaligen Jugoslawien nicht nur medial aufhübschten sondern auch steuerten, haben der Politologe Jörg Becker und die Balkanexpertin Mira Beham auf der Grundlage der Analyse von 157 Verträgen zwischen ex-jugoslawischen Kunden und amerikanischen PR-Agenturen für ihr bei Nomos erschienenes Buch recherchiert. Die Woz zieht in ihrer Rezension das Fazit:

Letztlich geht es in «Operation Balkan» noch um weit mehr – nämlich darum, was PR-Agenturen mit der Gesellschaft anstellen. «Ein durch PR-Agenturen vermitteltes und von ihren Geschäftsinteressen gelenktes Deutungsmonopol von dem, was Krieg, und dem, was Frieden ist, ist tödlich für all das, was sich auch nur ansatzweise noch demokratisch nennen mag», schreiben Becker und Beham. Das gilt allerdings nicht nur für den Krieg – PR hat längst die gesamte gesellschaftliche Debatte durchdrungen. Es waren im Balkankonflikt übrigens auch Firmen wie Burson-Marsteller aktiv, die hierzulande neue Atomkraftwerke oder die Gentechnologie propagieren. Mehr lesen

NS-Opfer entschädigen!

Der Internationale Gerichtshof in Den Haag verhandelt vom 12. September an über eine Klage Deutschlands, die zum Ziel hat, Entschädigungsansprüche von griechischen und italienischen NS-Opfern endgültig abzuwehren. Wer an der Gerichtsverhandlung in den Niederlanden teilnehmen möchten, hat nur noch heute die Gelegenheit, sich beim Gericht anzumelden.

Vor Ort gibt es am Vortag des ersten Verhandlungstags eine Informations- und Diskussionsveranstaltung und am ersten Verhandlungstag eine Kundgebung.

In Berlin findet am Freitag, den 9. September um 11 Uhr eine Kundgebung vor dem Auswärtigen Amt statt (Werderscher Markt 1). Alle weiteren Infos und Hintergründe finden sich hier.

„Der Wagen hat sich bewegt.“

Widerstandskämpfer der Fareinikte Partisaner Organisatzije

Widerstandskämpfer der Fareinikte Partisaner Organisatzije, Quelle: Wikipedia

Das sagt Fania Brantsovskaya, die als Partisanin im Wilnaer Ghetto und im Rudnicker Wald gekämpft hat und – nebenbei bemerkt – am 1. September in Berlin zu erleben sein wird (ich werde zur rechten Zeit hier darauf hinweisen). Bewegt hat sich etwas, der Erfolg bleibt aber bescheiden: die Jüdischen Gemeinden Litauens, die vor dem Zweiten Weltkrieg Eigentum im Wert von etwa 100 Millionen Euro besaßen, werden nun mit 350.000 Euro vom litauischen Staat entschädigt. Wer polnisch versteht, kann hier sicher mehr erfahren, ansonsten kann man den Beitrag mit Fania Brantsovskaya im Deutschlandfunk nachhören.

Update
Kleiner Unterschied: DRadio Wissen spricht statt von 350.000 Euro von 37 Millionen Euro. Dann hätte sich der Wagen nicht nur symbolisch bewegt.

BorderMachine

Der Fotograf und Medienaktivist Ian Paul hat ein interessantes neues Projekt mit dem Titel BorderMachine online gestellt, in dem es um (nationalstaatliche) Grenzen und deren kulturelle Verarbeitung geht. Auf der interaktiven Oberfläche können die BesucherInnen sich durch die künstlerischen Arbeiten von Francis Alÿs, Ursula Biemann und Ricardo Dominguez klicken. Auf die eine oder andere Art sabotieren alle drei KünstlerInnen die Praxis und Idee der Grenze — also des Ausschlusses entlang nationaler Grenzen, sowie der räumlichen Regulation von Kapital, Reichtum, Handel, Armut und Arbeit im kapitalistischen Weltsystem. Darüber hinaus bietet BorderMachine auch viele theoretische Überlegungen zum Thema Grenze und Migration. Ein ästhetisches und inhaltliches Vergnügen für alle, denen die (Überwindung der) Grenze am Herzen liegt, und die sich für Medienaktivismus interessieren!

Ratgeber für Bundeswehr et. al.

Wer die Februarausgabe der ‚Mittelweg 36‚ — Hauszeitschrift des Hamburger Instituts für Sozialforschung — aufschlägt, wird über einen Text mit dem etwas sperrigen Titel „The enemey must be brought to battle.‘ Westliche Schlachtenniederlagen in Imperialkriegen“ stolpern (Ausgabe Februar/März 2011). Wird die Geschichte der Sieger hier (endlich) einmal gegen den Strich erzählt? Werden die aktuellen Interventionskriege in Afghanistan, Lybien und anderen Ländern des globalen Südens kritisch im Kontext der europäischen Kolonialgeschichte diskutiert?

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Veolia panscht Wasser für den Krieg

Die Berliner Wasserbetriebe gehören zu 50,1% dem Land. Die restlichen 49,9% gehören privaten InverstorInnen: RWE und Veolia; die operative Betriebsführung liegt damit seit der Wasserprivatisierung bei zwei Großkonzernen, deren Priorität beim Gewinn und nicht bei der Versorgung der BürgerInnen liegt. Nur RWE ist bereit, über eine Rekommunalisierung oder Vergenossenschaftlichung der Berliner Wasserversorgung zu verhandeln. Veolia sperrt sich völlig – und kommt jetzt noch von anderer Seite her unter Druck: als Infrastrukturdienstleister der Bundeswehr im Kriegseinsatz. Mehr lesen

My „private“ War

„Führerschein bitte“, der Polizist sprach mit ausdrucksloser Miene. Ich war in Eile, wollte den diensthabenden Piloten ablösen und hatte nicht auf den Verkehr geachtet, bis ich das Blaulicht hinter mir sah. Was ist los mit diesem Polizisten, dachte ich, sieht der nicht, dass ich im Krieg bin. Bisher war es undenkbar, dass ein Kampfpilot mal schnell zum Frühstück mit seiner Frau nach Haus fährt und auf dem Rückweg einen Strafzettel bekommt. Eine Stunde später war ich mitten in einem Gefecht in Al Asad. Im Irak war es später Nachmittag.

Mehr über den Drohnenpiloten, die aktuelle Revolution der Kriegführung in Text und Ton

Privatunternehmen und Schwellenländer in Konfliktregionen

Hinweis, besser spät als nie: Über 120 Vertreterinnen und Vertreter aus Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft sind der Einladung des BICC (Internationales Konversionszentrum Bonn) und der internationalen Kampagne Fatal Transactions (FT) gefolgt, auf einer internationalen Konferenz am 21. und 22. November 2008 in Bonn über die Probleme von Privatunternehmen und Schwellenländern in Konfliktregionen zu diskutieren. Die zweitätige Veranstaltung mit dem Titel “Digging for Peace: Private Companies and Emerging Economies in Zones of Conflict” im Haus der Deutschen Welle wird von der Stiftung Internationale Begegnung der Sparkasse Bonn, der Europäischen Union und Oxfam Novib unterstützt. Mehr lesen