Zeitschrift Luxemburg: Themenausgabe Smarte Neue Welt

Soziale Medien verändern grenzüberschreitend Kommunikationsweisen und Öffentlichkeiten, Lifelogging-Apps heben neoliberale Selbsttechnologien auf eine neue Stufe, und auf der Grundlage vernetzter Nutzerdaten wird Mobilität ebenso wie Pflege und Gesundheitsversorgung grundlegend umgebaut; von den ökologischen Folgen dieser SMARTEN NEUEN WELT ganz zu schweigen. Von links stellen sich zwei zentrale Fragen: die nach der Verfügung über all diese Daten, Algorithmen und Kommunikationsinfrastrukturen. Sie liegt zunehmend in der Hand privater Konzerne, die sie nicht zuletzt für staatliche Überwachungszwecke und digitale Kriegsführung bereitstellen. Die andere Frage ist die nach den Rationalisierungspotenzialen der Automatisierung. Wem gehört eigentlich die frei werdende Zeit? Und wie lassen sich angesichts privatwirtschaftlich generierter Automatisierungsgewinne künftig Einnahmen öffentlicher Kassen sicherstellen? Weiterlesen

Datenzentren deprivatisieren

alskdfasldWem gehören die Daten? Facebook, Google, Apple und Co., also denen, die wir für ihre Internetdienstleistungen mit unseren Daten bezahlen, die daraus Profile errechnen, Trends ablesen und diese Erkenntnisse weiterverkaufen? Oder gehören sie uns, unveräußerlich, wie etwa die Urheberschaft im deutschen Urheberrecht? Letzteres will das User Data Manifesto 2.0 durchsetzen. Die Frage ist nicht verkehrt. Aber sie greift nicht weit genug. Evgeny Morozov, der junge Mann aus Weißrussland, dessen Entwicklung vom liberalen Dissidenten zum linken Internetskeptiker wir in den letzten Jahren in unseren Feuilletons mitverfolgen konnten, übersetzt die gute alte Forderung von der Sozialisierung der Produktionsmittel ins Informationszeitalter: Die Datenzentren sozialisieren (Original in englischer Sprache) betitelt die Zeitschrift Luxemburg ein Interview mit ihm. Die linke Tageszeitung Junge Welt startete ihr Dossier zur „Digitalen Revolution“ mit Morozov: „Gebt die Daten in öffentliche Hand. Digitale Revolution. Wie Google und Co. aufgeteilt werden könnten“.

grundlage für zusammenarbeit

220px-Open_Access_logo_PLoS_white.svgAuf telepolis ist zu lesen, dass open access die Kommunikation zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft verbessert.

Ulrich Herb schreibt:

Neben der Beschleunigung der wissenschaftlichen Kommunikation durch ubiquitäre entgeltfreie Verfügbarkeit wissenschaftlicher Texte war eines der Versprechen des Open Access eine Art Demokratisierung: Je mehr Texte entgeltfrei nutzbar sein würden, desto geringer würde der Informationsvorteil der Wissenschaftler an finanziell privilegierten Standorten. Mehr noch: Man versprach sich von Open Access eine Förderung der gesellschaftlichen Partizipation an Wissenschaft, ganz im Sinne der Citizen Science, da nun jeder Laie wissenschaftliche Informationen nutzen können sollte – sofern er sie zu interpretieren in der Lage wäre. Und auch volkswirtschaftlich scheint Open Access gegenüber Closed Access, bei dem Nutzungsentgelte für die Rezeption wissenschaftlicher Literatur anfallen, Vorteile aufzuweisen: weiter

Es könnten in der BRD mindestens 13 Millionen jährlich an öffentlichen Geldern gesparten werden. Darüber hinaus findet eine bedeutend bessere Verbreitung wissenschaftlicher Arbeiten statt, bspw. werden open access Texte bis zu 47% öfter auf Wikipedia zitiert.

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den schönsten moment verpasst

"Beograd: Selfie Girls in Front of the Opera" (2015) by mois under CC Zero http://creativecommons.org/publicdomain/zero/1.0/deed.de
„Beograd: Selfie Girls in Front of the Opera“ (2015) by mois under CC Zero

„Der beste Augenblick in deinem Leben ist nicht morgen, sondern gerade eben. Der beste Augenblick in deinem Leben ist gerade eben jetzt gewesen.“ singt Bernadette la Hengst bereits 2002. In Zeiten von Selfies wird jeder Moment für Facebook, Twitter, Whatsapp oder sonst einen Ort im Internet, festgehalten. Ich kann mich in dem Ausschnitt, den mein Display mir gewährt, anderen zeigen. Der Versuch den  Moment, in dem ich mich befinde, zu präsentieren, verhindert das Erleben dieses Momentes, Augenblicks. Und der Druck der Selbstinszenierung wächst.

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zwei perspektiven auf die zukunft der arbeit

186Technik, Arbeit, Internet, Kommunismus, Ausbeutung, Kapitalismus, sciene fiction, soziale Verhältnisse. In der Beilage der sehr lesenswerten Beilage der jungen welt zum Thema Moderne Technik ist von Ideenmenschen, Ordnungsmenschen, Produktionsmenschen zu lesen, wie auch von der Nutzung des Internets als Chance für den Kommunismus.

In der Leseprobe aus dem demnächst erscheinenden Buch „Venus siegt“ von Dietmar Dath wird eine Welt skizziert, die nicht so so weit weg scheint, die aktuelle soziale und Klassen-Verhältnisse aufgreift und wie ein „Modeversprechen: Ideen sind das neue Geld“ (junge welt, 25.2.2015) diese Verhältnisse nicht umwirft aber geschmeidig sortiert und manifestiert.

Helmut Dunkhase geht auf zwei Komponenten ein, die im Ergebnis zum Kommunismus führen könnten: „Sowjetmacht + Internet“ (junge welt, 25.2.2015).

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Die DNA der Start-Ups

vossi CC BY-NC-SA 2.0
vossi, CC BY-NC-SA 2.0

Es ist immer wieder Thema unter Stichworten wie digitale Agenda, Netzneutralität, Datenpakete. Es trägt immer neue Stilblüten, wer wie schnell durchgelassen werden soll, darf, muss und wird. Nun wollen die Start-Ups auch gut wegkommen und durchkommen und haben einen summit veranstaltet, um Vertretern und Vertreterinnen des Zwei-Klassen-Internet ihren Drang nach Konzerngröße und wirtschaftlicher Wichtigkeit kundzutun, um klar zu machen, dass ihre Datenpakete mal wichtig sein könnten:

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digitale arbeit und digitale arbeitskämpfe

Marx, Fuchs und Social Media
(von 123COMICSCC: BY-NC)

Christian Fuchs (vgl. Artikelbild ganz unten rechts) war zu Gast auf der Luxemburg Lecture. Es ging um Arbeit und die Frage, wem eigentlich meine digitale Arbeitskraft gehört. Digitale Arbeitskraft, die durch die Nutzung sozialer Medien erzeugt werde:

P1 ist das Produkt, was kostenlos angeboten wird, also keinen Gewinn abwirft, sondern nur Kosten verursacht.

P2 sind meine persönlichen Daten, die ich dort hinterlasse, die verkauft werden, um mich dann mit auf mich gemünzte Werbung zu versorgen und mich zum Konsum zu ermuntern, um also doch auch einem kostenlos angebotenen Produkt Geld zu gewinnnen. (Fuchs)

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Den Spieß umdrehen

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Tim Reckmann CC BY-NC-SA 2.0

Flüchtende, die den Weg über das Mittelmeer nach Europa nehmen, setzen sich damit einer Todesgefahr aus. Damit gewinnt der Zugang zu einem Mobiltelefon und den richtigen Nummern eine neue Bedeutung. Jetzt haben Antirassitische Initiativen und Organisationen das Alarmphone eingerichtet, um vereinzelte Erfahrungen und Praxen zu koordinieren.

Schließlich sind es Flüchtlinge und Migrant_innen selbst gewesen, durch die die Idee überhaupt erst entstanden ist. Konkret hat die Geschichte für uns spätestens 2009 beim Nobordercamp auf der griechischen Insel Lesbos in Griechenland begonnen, danach ging es Anfang 2011 mit der Bamako-Dakar-Karawane weiter. Denn in jener Zeit haben sich zahlreiche Kontakte mit Leuten entwickelt, die noch unterwegs oder gerade in Europa angekommen waren. Und genau sie sind es auch gewesen, die für sich oder andere nach praktischer Unterstützung gefragt haben. Etwa danach, die aktuellen Wetterdaten telefonisch in die Wälder bei Nador in Marokko durchzugeben oder die spanische Seenotrettung zu einem vereinbarten Zeitpunkt anzurufen, um einen Rettungseinsatz zu initiieren. Aus diesen und vielen vergleichbaren Einzelerfahrungen ist das entstanden, was heute das Alarmphone als koordinierte europaweite Struktur ausmacht. (afrique europe interact)

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Wirklich nichts zu verbergen?

raproWas haben racial profiling, vernetzte Polizeieinsätze in der EU und soziale Medien gemeinsam? Und wem gehört das Internet? In Italien beginnt am kommenden Montag, dem 13.10., eine Polizeioperation, um Menschen ohne gültige Papiere festzustellen und festzusetzen:

Kontrollen finden gewöhnlich an Bahnhöfen, Autobahnen oder Flughäfen statt. Insgesamt sind mehrere Tausend Polizisten beteiligt, nicht alle jedoch in den „Schwerpunktfahndungsmaßnahmen“ sondern im Regelbetrieb. Zu dieser „allgemeinen täglichen Dienstausübung“ gehört die Überwachung von Hauptverkehrsrouten. Neu ist, dass nicht nur an den Binnengrenzen kontrolliert werden soll: In der zweiwöchigen Operation „MOS MAIORUM“  werden erstmals auch die EU-Außengrenzen einbezogen. (heise.de)

Diese Sorte Polizeioperationen ist nicht neu: Bis auf Griechenland hat jede halbjährlich wechselnde EU-Präsidentschaft eine solche Vernetzung der Praxis staatlicher Kontrolle, Repression und Überwachung durchgeführt. Ziel ist es

effektiver gegen unerwünschte Migration vorzugehen“ (heise.de).

Spannend ist die Informationsgrundlage der Operation. Die Umsetzung der Kontrollen basiert auf offen zugängliche Daten im Internet und smart phones: Weiterlesen

Das Netz, die Eigentumsfrage und digitale Commons

PiratenzauberDie Kämpfe um ökonomische Vorherrschaft und Kontrolle im Internet haben in einer Intensität zugenommen, die über das bislang Bekannte weit hinausreichen. Mit ihnen werden die Grundlagen eines Systems der offenen Informationsbereitstellung zur Disposition gestellt. Der Artikel von Jürgen Scheele aus dem Buch mit dem Titel „Piratenzauber“ zeigt ausgewählte wirtschaftliche und technologische Determinanten dieser Entwicklung auf.

Das real existierende Datenabschnorcheln

Screenshot
Screenshot

Der Datenskandal um das US-Überwachungsprogramm PRISM ist in aller Munde (nebenbei gefragt: was ist eigentlich aus Tempora geworden?). Die eigenen Daten sind offensichtlich weniger sicher als erwartet. Doch nicht nur staatliche Institutionen haben ein Interesse an unseren elektronischen Personendaten, sondern auch Wirtschaftsunternehmen – allen voran Facebook und Google. Wie die Geschäftsmodelle des „Data-Minings“ funktionieren versucht das Spiel Data Dealer zu beleuchten. Es reiht sich damit ein in die Reihe der educational video games wie Sim City oder Civilization, lehnt sich vom Spielprinzip aber vor allem an das erfolgreiche Facebookspiel FarmVille an. „Let’s call it a bastard offspring of certain shiny 2010 Facebook Games and the 1990 TV simulation game Mad TV, reborn with the souls of South Park and Bruce Schneier. Or simply: PRISM. The Game.“ (Data Dealer auf Kickstarter) Durch Mittel der „Gamification“ soll die Sensibilität für das Thema Datenschutz gesteigert werden und die Realität des real existierenden Datenabschnorchelns erfahrbar gemacht werden. Das Spiel soll zukünftig auch für die Aufklärungsarbeit an Schulen eingesetzt werden.

„Immer wenn wir gedacht haben, wir haben jetzt etwas wirklich Düster-Dystopisches erfunden, haben wir gesehen – das gibt es schon!“ (Wolfie Christl, einer der Erfinder von Data Dealer in der FAZ)

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Gedankenpolizei im Welthirn

Brain storming
Brain storming
cc Franck Chicot

Dietmar Dath schon Ende 2011 anlässlich um sich greifender staatlicher Überwachungskriminalität im Netz in der FAZ:

Der überfällige öffentliche Streit um die neuen Unrechtsquellen hängt, zeigt der Fall, nicht nur mittelbar zusammen mit der Auseinandersetzung um Patente für Software oder medizinische und agrikulturelle Biotechnik. Die Festlegung der Rechtsverhältnisse zwischen Produzenten und Konsumenten von Information kann, genau wie bei denen zwischen Produzenten und Konsumenten von Energie, nur als neue Gestalt der sozialen Frage politisch werden. Eine Debatte um Ausschluss und Zugang unter demokratisierten Gebrauchswertbestimmungen ist vonnöten. Als abstrakte Auseinandersetzung um rein kommunikationsabhängige Entwürfe etwa einer „Peer-to-peer-Ethik“ jedoch wird sie bloß Illusionen über den heute schon von allerlei Zugangsberechtigten suggerierten angeblichen Freiheitszuwachs durch das Netz als solches nähren. Ob die Schwarmintelligenz ein Fortschritt gegenüber der Konkurrenzraserei der alten Leistungsgesellschaft ist, hängt davon ab, wer ihre Früchte erntet. (Herv. ME) Weiterlesen in der FAZ

Microsoft vs. Limux

Mux_geändertMicrosoft stänkert mal wieder gegen die IT-Strategie der Stadt München an. Die setzt seit 10 Jahren nicht mehr auf die Produkte des Quasi-Monopolisten im Betriebssystembereich, sondern auf Linux. Schon als die Wechselpläne vor 10 Jahren noch ganz frisch waren, setzte Microsoft alles daran, die Münchener bei der Stange zu halten und schickte Steve Ballmer, den Mann fürs Grobe, um bei Oberbürgermeister Ude persönlich vorbeizuschaun und nochmal Druck gegen Linux zu machen:

A Linux victory in Munich would be a stunning blow. So Ballmer visited Mayor Christian Ude to assure him Microsoft would do what it takes to keep the city’s business. Documents obtained by USA TODAY show Microsoft subsequently lowered its pricing to $31.9 million and then to $23.7 million — an overall 35% price cut. The discounts were for naught. (Quelle: USAToday, 13.7.2003)

Heute bringt Ballmer, berühmt-berüchtigt für seine paranoiden Escapaden gegen Open Source und mittlerweile zum Microsoft-Chef aufgestiegen, eine Studie von HP in Anschlag, um die Stadt München der Bilanzfälschung zu überführen. Die Stadt München hält dagegen. Abgesehen davon, dass nur die Zusammenfassung der Studie öffentlich und die Basis der Studie selbst fragwürdig ist, wie heise.de herausarbeitet, greift eine Debatte viel zu kurz, die die beiden Systeme nur auf der Grundlage ihrer Investitions- und Betriebskosten miteinander vergleicht.

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