taz zur versuchten Privatisierung des Atomkraft-Diskurses

Wem gehört der „Ausstieg aus dem rotgrünen Atomausstieg“ aus dem Jahr 2010? Die Sache ist kompliziert. Zum einen war ja der rotgrüne Atomausstieg kein wirklicher Ausstieg, weil er bspw. die Urananreicherungsanlage in Gronau außer Acht ließ und mit dieser unseligen Restlaufzeit-Rechnerei anfing. Das aber nur nebenbei.

Die taz hat in ihrer heutigen Ausgabe „Geheimpapiere“ der Atomlobby aufgedeckt. Geheimpapiere – das klingt jetzt sehr nach Verschwörung. Naja, vielleicht mag die taz Verschwörungen. Interessant sind die Papiere – hier nachzulesen – dennoch.

Deutlich wird, dass die Pro-Atom-Kampagne des Deutschen Atomforums strategisch geplant war. Kommerzielle Politikberater stellen dabei zum Beispiel die Frage, wie

das Vertrauen von politischen Entscheidern und Medienvertretern in das Atomform gestärkt werden [kann].

Wer mit der Nutzung der Atomkraft Profite erwirtschaften will, muss sich solche Fragen angesichts dieser mörderischen Technologie und vor allem angesichts jahrzehntelanger Proteste vielleicht automatisch stellen. Die Papiere zeigen also erstens, dass sich die Atomlobby zu verstärkter Lobbyarbeit genötigt sah. Sie sind aber auch Ausdruck einer versuchten Privatisierung politischer Diskurse – in den Worten von Rudolpf Speth also

Ausdruck einer Radikalisierung der ökonomischen Eliten, die die Politik – die CDU ebenso wie die SPD – stärker unter Druck setzen. [Die Grünen und die FDP sollten allerdings nicht vergessen werden; N.Sp.]

Politikberatung hat es sicherlich schon immer gegeben. In den letzten Jahren verändert sie dennoch ihre Form. Zu kritisieren sind aber nicht nur die Lobbygruppen, sondern auch die sog. „politischen Entscheider“. Denn für diese neue Form der Politikberatung durch Kommissionen von ExpertInnen, „objektive“ Rankings der Bertelsmann-Stiftung oder die Lobbyarbeit mächtiger Kapitalfraktionen ist nicht nur die schwarzgelbe Bundesregierung empfänglich. Rotgrün war hier nicht besser. Erinnert sei hier nur an die Hartz-Kommission der Regierung Schröder. Hätte die jetzige konservativ-liberale Regierung deren Vorgehen bei der Etablierung „aktivierender Sozialpolitik“ auf die Atompolitik der letzten Jahre übertragen, hätte sie die vier großen Energiekonzerne in eine Kommission eingeladen und die dort erarbeiteten Vorschläge dann eins zu eins umgesetzt.

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