Privatisierung ist kein Schutz vor Ausstand

Tarifkonflikt im Öffentlichen Dienst: Streiks gehen weiter. Nach Elbtunnelsperrung laufen Auto-Lobbyisten und Politiker Amok, fordern Konsequenzen und Privatisierung. Hamburg setzt offensichtlicht auf Tarif-Kompromiss
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) und ver.di haben ihre Streiks im öffentlichen Dienst fortgesetzt. 600 Beschäftigte von Hamburger Behörden beteiligten sich gestern Mittag an einer zentralen Streikversammlung. In seiner Rede begrüßte ver.di-Landeschef Wolfgang Rose, dass sich Hamburgs Staatsrat Volkmar Schön in der Tarifgemeinschaft der Länder für einen Kompromiss stark gemacht habe. Bürgermeister Ole von Beust solle nun „ein Signal“ an andere CDU-regierte Länder senden.
Der GdP-Streikführer Rolf Thiel kündigte an, „so lange zu streiken, bis Möllring zurückgepfiffen wird“. Der erwähnte niedersächische Finanzminister gilt als Hardliner und wird selbst im Arbeitgeberlager wegen seiner „Blockadepolitik“ als Verhandlungsführer kritisiert.
Unterdessen gab es heftige Reaktionen auf den Elbtunnel-Streik. Im Deutschen Beamtenbund (DBB) organisierte Techniker der Leitzentrale hatten am Sonntagnachmittag für zwei Stunden die Arbeit niedergelegt. Drei der vier Röhren waren gesperrt, per Notdienstvereinbarung war nur eine Spur je Fahrtrichtung frei. Die Autos stauten sich, es entstanden Verzögerungen von bis zu 15 Minuten – weniger mithin als die täglich 18 Minuten Mehrarbeit, gegen die sich der Arbeitskampf richtet.
Die Autolobbyisten vom ADAC jaulten erwartungsgemäß auf und forderten die Privatisierung der Tunnelüberwachung. Der verkehrspolitische Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion, Klaus-Peter Hesse, drohte dem DBB-Chef sogar mit Handfestem wegen der Auswirkungen auf das HSV-Spiel: „Nach dem Streik gegen die Fußballfans sollte sich Rudolf Klüver in den nächsten Monaten nicht beim Fußball blicken lassen“, so Hesse. Weitere Streiks würden „Konsequenzen“ haben. Gegenüber der taz präzisierte Hesse seine Drohung. „Auch bei einer Privatisierung sind Streiks nicht ausgeschlossen“, gab er zu. Daher mache er sich Gedanken, ob die Tunnel-Techniker nicht verbeamtet werden sollten, so dass sie kein Streikrecht mehr haben, oder ob die Notdienstvereinbarung erweitert werden müsste. Ein Streik wochentags hätte große wirtschaftliche Schäden zur Folge und riskiere „Leib und Leben von Verkehrsteilnehmern“.
DBB-Chef Klüver hält Hesses Äußerungen „für völlig fehl am Platz“. Schließlich sei der Streik am Vortag angekündigt worden. „Ein Chaos ist doch gar nicht eingetreten“. Der ADAC-Vorstoß sei „völliger Blödsinn“. Eine private Tunnelüberwachung ist Klüver zufolge gar nicht möglich, da Polizei und Feuerwehr unverzichtbar seien.
Privatisierungsgeschrei hatte es schon zu Beginn des Ausstands der Müllwerker gegeben. Dabei wurde gern darauf verwiesen, dass die gelben Mülltonnen während des Streiks entsorgt wurden. „Das ist speziell für Hamburg eine völlige Scheindebatte“, erläuterte ver.di-Sekretär Uwe Martens gegenüber der taz. Die Stadtreinigung schreibe schwarze Zahlen, für die Entsorgung der gelben Tonnen sei ein Tochterunternehmen der städtischen HGV-Beteiligungsgeselschaft zuständig. Und dieses habe schließlich auch einen Haustarifvertrag.
KAI VON APPEN, taz Hamburg vom 14.3.2006

Die Privatisierung des Krieges

Das Geiseldrama um die Düsseldorfer Firma Ecolog in Afghanistan wirft ein Schlaglicht auf ein Phänomen, das in der Öffentlichkeit bislang kaum wahrgenommen wird: die Privatisierung des Krieges. So wie Ecolog verdienen inzwischen in fast allen Konfliktgebieten der Erde Privatunternehmen daran, dass sie Aufgaben erledigen, die vor wenigen Jahren noch dem Militär selbst oblagen. Ecolog scheint seine Dienstleistungen für die verschiedensten militärischen Akteure in aller Welt auf Randbereiche wie Abfallbeseitigung, Versorgung und Kommunikation zu beschränken, allerdings ist auf der Firmen-Website auch von „Sonderleistungen“ die Rede. Doch viele dieser Unternehmen übernehmen in erster Linie ganz andere Aufträge: militärische Ausbildung und Beratung, Spionage, Waffenbeschaffung, Sicherung von Objekten und Personen, Kommando-Einsätze. Allein im Irak sollen 25 000 Privatsoldaten im Einsatz sein.

Die Vorteile für die Auftraggeber – Regierungen, Militärs oder Wirtschaftsunternehmen – sind enorm. Privatfirmen können leichter außerhalb des Völkerrechtes operieren, politische Verantwortung lässt sich besser tarnen, sogar offizielle Truppenreduzierungen können konterkariert werden. Das aber heißt: noch mehr als bisher kann in Militärfragen an den Parlamenten vorbei agiert werden. Für die USA konstatierte ein Expertenbericht schon vor zwei Jahren einen wachsenden Einfluss privater Dienstleister aus dem Militärsektor auf die Politik. Natürlich: Wer am Krieg verdient, will auch dass einer geführt wird. Es wird Zeit, dass das Thema den Bundestag beschäftigt.
Von Roland Heine
Berliner Zeitung, 14.03.2006

Plädoyer für gemeinsame Kandidatur von Linkspartei und WASG in Berlin. Wahlprogramm soll sich gegen Privatisierung wenden. Ein Gespräch mit Ulrich Maurer >>> http://www.jungewelt.de/2006/03-09/039.php

Bei hessischen Kommunalwahlen kandidieren über 150 DKP-Mitglieder auf Bündnislisten mit Linkspartei und WASG. Ein Gespräch mit Michael Beltz >>> http://www.jungewelt.de/2006/03-08/068.php

Dresdner Coup

Die Stadt Dresden verkauft alle ihre Wohnungen und saniert sich damit.
>>> http://www.zeit.de/online/2006/11/dresden_immobilien?page=all
>>> http://www.nd-online.de/artikel.asp?AID=86937&IDC=2

Kostbar und kapitalintensiv. Der Wassermarkt und die Grenzen der Privatisierung

Der Deutschlandfunk strahlte am 12.03.eine Sendung zur Wasserprivatisierung aus:
„Wasser gehört zur Grundversorgung. Deshalb ist der Wassermarkt ein stark regulierter Markt. Und doch haben viele Konzerne versucht, mit der Wassersparte Geld zu verdienen. Inzwischen ist die Rolle rückwärts in vollem Gange. Die Versorger erkennen, dass das Geschäft mit Wasser kapitalintensiv ist und die Privatisierung Grenzen hat.“ >>> http://www.dradio.de/dlf/sendungen/hiwi/477688/
Der Beitrag ist zu hören unter: http://www.dradio.de/aodflash/player.php?station=1&broadcast=57995&datum=20060312&playtime=1142185219&fileid=3bc2ec47&sendung=57995&beitrag=477688&

Das Privatisierte wird politisch

In Berlin gründete sich ein Bündnis gegen Privatisierung. Die taz berichtete:

Eine neues Bündnis will die umstrittene Privatisierung öffentlicher Betriebe bekämpfen. Vor allem im anstehenden Wahlkampf will sich der parteiübergreifende Zusammenschluss bemerkbar machen – wenn er denn so lange hält.
Die Linke kann sich nicht nur spalten. Am Freitagabend trafen sich im Abgeordnetenhaus ein bunter Haufen, um das „Bürgerbündnis gegen Privatisierung“ zu gründen. Mitglieder von WASG, der Linkspartei, der Sozilistischen Alternative (SAV), der DKP waren genauso gekommen wie parteilose GewerkschafterInnen, Globalisierungskritiker von Attac und einige „interessierte Bürger ohne politischen Zusammenhang“. Den Raum für die mehr als 50 AktivistInnen hatte der Donnerstagskreis der SPD organisiert, in dem sich die letzten linken Berliner SozialdemokratInnen versammeln.
Den gemeinsamen Konsens formulierte Joachim Oellerich von der Berliner MieterInnengemeinschaft, die zu dem Treffen eingeladen hatte. „Wir wenden uns gegen jegliche Privatisierung, egal ob sie in knallhart neoliberaler Manier oder auf scheinbar sozialverträgliche Art und Weise vollzogen wird.“ Das Repertoire potenzieller Aktionen ist groß, wie sich beim Brainstorming der Anwesenden zeigte. Während einige mit Informationsveranstaltungen die von Privatisierung betroffenen Beschäftigten ansprechen wollen, überlegten andere schon, die Zentrale der Wohnungsbaugesellschaft Mitte (WBM) zu besetzen. Das landeseigene Unternehmen hat 1,2 Milliarden Euro Schulden und will daher die Hälfte seiner Wohnungen verkaufen.

Reden über Rückkauf
Eine weiterer geplanter Themenschwerpunkt soll die 1999 erfolgte Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe sein. Attac will bei einer Veranstaltung am 28. April über einen Rückkauf durch das Land diskutieren lassen. Andere Bündnismitglieder wollen gegen die Privatisierung im Nahverkehr, im Bildungsbereich und im Gesundheitswesen aktiv werden. Mit seinen Aktionen will sich das Antiprivatisierungsbündnis im anstehenden Berliner Wahlkampf bemerkbar machen.
Wird also demnächst die von manchen erträumte linke Einheitsfront zumindest außerparlamentarisch Wirklichkeit? Zweifel bleiben. Viele der Anwesenden haben schon lange Bündniserfahrung und organisierten Zusammenschlüsse gegen den Bankenskandal oder den Abriss des Palastes der Republik. Doch meist sprang der Funke nicht auf die breite Masse über. Jüngere Menschen fehlten bei dem Treffen am Freitag fast ganz.
Auch inhaltlich blieben viele Fragen offen. Ein ehemaliges Mitglied der Postgewerkschaft betonte, dass es nicht reiche, nur die Rücknahme der Privatisierung zu fordern. Man müsse dann etwa im Postsektor auch fragen, was mit den Arbeitsplätzen der privaten PIN-AG geschehe, die viele Aufgaben der Post übernommen hat. Eine Gewerkschafterin machte darauf aufmerksam, dass einige einst im öffentlichen Dienst Beschäftigte nach der Privatisierung bessere Arbeitsverträge als vorher hätten und daher an ihrem jetzigen Status gar nichts ändern wollten.
Eine anderen möglichen Kritikpunkt an dem neuen Bündnis nahm Oellerich vorweg. Beim Widerstand gegen die Privatisierung gehe es keineswegs um die Rückkehr zu den alten Zeiten des Berliner Filzes. Stattdessen forderte der Mietervertreter eine Rekommunalisierung mit demokratischer Mitbestimmung.
Auch die Präsenz der verschiedenen linken Parteien könnte für das neue Bündnis zum Problem werden. Zwar betonten deren VertreterInnen, dass man den Parteienstreit nicht ins Bündnis tragen wolle. Ob sich das in der Praxis durchhalten lässt, muss sich erst zeigen. Schon beim Gründungstreffen konnte sich die mit Michael Prütz prominent vertretene Delegation der WASG einige Sticheleien in Richtung der Senatsparteien nicht verkneifen.
PETER NOWAK
taz Berlin, 6.3.2006
Dazu der Kommentar von Felix Lee:

Ein Bündnis trifft den Nerv der Zeit.
Hurra, wieder einmal hat Berlin ein linkes Bündnis mehr. Gegen den Verkauf öffentlicher Infrastruktur wendet sich die nun gegründete Initiative und nennt sich „Bürgerbündnis gegen Privatisierung“. Allein der dröge Name wird schon dafür sorgen, dass sich diesem Zusammenschluss nicht die Massen anschließen werden. Doch wäre es ein Fehler, diese Initiative als Marginalie abzutun. Zu groß ist die Empörung über die Politik des rot-roten Senats. Dieses Bündnis trifft den Nerv der Zeit.
Bereits seit Jahren ist die Berliner Privatisierungslobby parteiübergreifend eifrig dabei, Betriebe der öffentlichen Daseinsfürsorge zu verscherbeln. Das häufig getreu dem Motto: Der Profit wird privatisiert, die Schulden sozialisiert.
Spätestens beim Verkauf der Wohnungsbaugesellschaft GSW ist deutlich geworden, dass die Leistungen keineswegs preiswerter geworden sind, wie immer behauptet wurde. Im Gegenteil: Sorgten die gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaften einst dafür, dass die Mieten stabil blieben, sind sie nun, in privater Hand, selbst zum aggressiven Preistreiber geworden.
Dass jetzt ein Bündnis entstanden ist, dass sich für die Rückführung ehemals öffentlicher Betriebe einsetzt, zeigt: In der Privatisierungspolitik hat ausgerechnet die linkeste aller linken Regierungskonstellationen versagt. Nur deswegen hat der fundamentaloppositionelle und PDS-feindliche Teil der WASG einen so starken Zulauf.
Es mutet vielleicht seltsam an, dass mit VertreterInnen der Sozialdemokraten und der Linkspartei.PDS auch solche Kräfte im Bündnis sitzen, deren Parteispitzen den Ausverkauf der öffentlichen Betriebe zu verantworten haben. Dass sie dabei sind zeigt: Der Unmut hat selbst die eigenen Reihen erreicht.
taz Berlin, 6.3.2006

Kommentar der anderen: Rettet das soziale Europa

Markt schlägt Staat: eine simple Formel der aktuellen wirtschaftlichen Entwicklung – von Josef Weidenholzer
Die Welt ist ein einziges Einkaufszentrum geworden. Aus Durst wird weltweit Coca Cola, wie das Ivan Illich einmal ausgedrückt hat. Es werden aber nicht nur Gebrauchsgüter gehandelt. Sondern auch „öffentliche“ Güter: Also die Versorgung der Menschen mit Energie, kollektive Transportmittel, Postdienste, Telekommunikation, Radio und Fernsehen, Bildung, ja sogar soziale Dienstleistungen. Alles deutet darauf hin, dass die letzten Widerstände schwinden und sich diese Entwicklung wie eine gigantische Flutwelle über den Globus verbreitet. Die Nationalstaaten stehen dem Phänomen machtlos gegenüber, die Staatsmänner und -frauen wirken, als seien sie gelähmt.
Verlust an menschlicher Substanz
Markt schlägt Staat: Auf diese simple Formel, lässt sich die Entwicklung zu Beginn des 21. Jahrhunderts bringen. Die Menschen reagieren zwiespältig. Zunächst genießen sie ihre Stellung als Konsumenten einer bislang ungeahnten Vielfalt von Produkten. Aber viele Zeitgenossen fühlen sich nicht wohl in ihrer Haut. Sie fühlen instinktiv, dass die allgegenwärtige Ökonomisierung ihres Alltags zu einem Verlust an menschlicher Substanz und zur Aufgabe persönlicher Eigenart führt. Die Gesellschaft scheint zu Ich-AGs zu mutieren, nichts anderes als den eigenen Nutzen maximierend und das Heil im kurzfristigen Erfolg suchend. Die Mitbürger und Mitbürgerinnen sowie die Umwelt geraten so zu vernachlässigbaren Größen. Marktwirtschaft pur eben. Aber die Menschen streben nach sozialer Sicherheit, und nur eine funktionierende soziale Absicherung wird die Akzeptanz der Europäischen Union in der europäischen Bevölkerung heben.
Und das europäische Sozialmodell?
Ja, es gibt das viel zitierte europäische Sozialmodell, aber nur als Kanon gemeinsamer Werte. Zu unterschiedlich sind die einzelnen Systeme, zu unklar sind die Vorstellungen der Regierenden. Sound of Europe klingt wie ein miserabel dirigiertes Orchester, die Töne sind kakophonisch.
In der Typologie europäischer Sozialstaatlichkeit unterscheiden wir drei Idealtypen. Der residuale Wohlfahrtsstaat ist eine angelsächsische Erscheinung und verdient eigentlich nur eingeschränkt das Label Wohlfahrtsstaat, da die staatliche Sozialpolitik bloß als Ergänzung marktmäßiger, familiärer oder karitativer Aktivitäten gesehen wird. Der korporatistische Wohlfahrtsstaatstyp in Kontinentaleuropa versteht sich im Gegensatz dazu als subsidiär. Überall dort, wo der Markt, die Familie oder Gemeinschaften nicht in der Lage sind, soziale Risken abzusichern, tritt der Staat in die Verantwortung.
Nordische Sozialmodelle
Der universalistische Wohlfahrtsstaat ist das hervorstechende Merkmal der nordeuropäischen Staaten. Zielvorstellung ist ein hoher Standard hinsichtlich sozialer Sicherung zu erreichen. Merkmale dieses Typus sind neben der starken Rolle des Staates ein großes Volumen an staatlichen Transferzahlungen und die Priorität der Beschäftigungspolitik für jede Regierung. Südeuropa hat auch auf Grund der verspäteten Industrialisierung keine spezifische Sozialstaatlichkeit herausgebildet und Osteuropa ist noch immer ganz wesentlich von den Problemen des Übergangs zur Marktwirtschaft geprägt.
Vieles spricht dafür, dass Nordeuropa zum Vorbild für die künftige europäische Sozialpolitik werden könnte. Auch die EU-Bürokratie beginnt sich seit einiger Zeit der Vorzüge des nordischen Wegs bewusst zu werden.
Komplexer Zusammenhang
Entgegen neoliberaler Meinungsmache ist der Zusammenhang zwischen Wirtschaftsleistung und sozialer Sicherung ein sehr komplexer, der sich nicht durch simplifizierende Zurufe, a la „wer weniger für Soziales ausgibt, hat von vornherein eine bessere Wettbewerbsposition“, erklären lässt. So weist etwa der Index des World Economic Forum, der die Wettbewerbsfähigkeit misst, unter den Top 10 acht Staaten mit einem Anteil von über 25 Prozent Sozialausgaben am BIP aus. Spitzenreiter ist Finnland, auf den Plätzen drei, fünf und sechs folgen Schweden, Dänemark und Norwegen, Österreich nimmt den 17. Rang ein.
Kein Widerspruch
Sozialpolitik und Wirtschaftspolitik stehen eben nicht grundsätzlich im Widerspruch. Ganz im Gegenteil, wie man im Norden Europas sieht, stellt Sozialpolitik einen wichtigen Produktivfaktor dar. Ein europäische Sozialmodell, das seinen Namen verdient, garantiert Wohlstand und Wettbewerbsfähigkeit, es verhindert die Spaltung der Gesellschaft, indem es soziale Grundrechte sichert und es trägt dazu bei, den Europagedanken bei den Bürgerinnen und Bürgern Europas zu verfestigen. Was die Vision eines friedlichen Europas, ohne Krieg und Grenzen für das ausgehende 20. Jahrhundert bedeutete, das soll die Vision eines europäischen Sozialmodells für das beginnende 21. Jahrhundert sein. Die Volkshilfe und ihre Partner geben allen Menschen die Möglichkeit, sich dafür einzusetzen. Im Rahmen der Kampagne „Save Our Social Europe“ können die BürgerInnen Europas 7 Punkte für ein soziales Europa unterstützen, mit ihrer Unterschrift auf www.soseurope.org.

Quelle: Der Standard, 28.02.2006
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Josef Weidenholzer ist Vizepräsident des europäischen Netzwerkes „solidar“, Präsident der Volkshilfe Österreich und Sozialwissenschafter an der Universität Linz