Die Webseite wemgehoertdiewelt.de (wgdw) war ein aus der Rosa-Luxemburg-Stiftung angestoßenes und lange Jahre von dort gefördertes Projekt. Anfang der 2000er Jahre fingen wir an, damit dem Druck der neoliberalen Privatisierungsspolitik in Berlin und in Folge des Anschlusses der DDR in Gesamtdeutschland etwas entgegen zu setzen. Durch die Sammlung von Nachrichten, Rezensionen und Kritiken im Blog über einen längeren Zeitraum hinweg, durch die Sortierung in Rubriken und Schlagworten, konnten wir schon vor der sogenannten Krisenpolitik 2008ff zeigen, dass es sich nicht um vereinzelte Privatisierungsprojekte handelt, sondern dass durch diese hindurch ein systemischer Angriff stattfindet, in dessen Folge die Armen immer ärmer und die Reichen immer reicher werden. Heute hat der Klassenkampf von Oben einen Namen: Austeritätspolitik. Weiterlesen
Ende Februar ist der DGB-Verteilungsbericht 2016 erschienen. Er vermerkt: „Einkommen und Vermögen sind in Deutschland, auch im internationalen Vergleich, extrem ungleich verteilt: Während 10% der Bevölkerung etwa 60% des Vermögens halten, besitzen rund 30% überhaupt keine Rücklagen oder sind sogar verschuldet.“ Kein Wunder, wenn „ein Dax-Vorstandsvorsitzender im Mittel das 167fache eines durchschnittlichen Einkommensbeziehers bezieht.“ Was das Vermögen angeht: „Die Vermögenskonzentration und -ungleichheit ist unter entwickelten Volkswirtschaften fast nirgends so ausgeprägt wie in Deutschland.“ Nur in den USA, Österreich und Holland ist die Vermögensungleichheit noch größer. „Die reichsten 10 Prozent der hiesigen Bevölkerung verfügen über 57,5 Prozent, das wohlhabendste 1 Prozent über 24 Prozent des Gesamtnettovermögens. Am anderen Pol der Vermögensverteilung besitzen 70 Prozent der Bevölkerung gerade einmal 9 Prozent des Gesamtvermögens.“ Interessant an dem Bericht ist auch, dass ausführlich auf die Untersuchung von Piketty Bezug genommen und sehr dezidiert für die Wiedereinführung der Vermögenssteuer plädiert wird. Ebenso wird eine völlig andere als die gegenwärtig avisierte Novellierung der Erbschaftssteuer angestrebt. „Die fortwährende Umverteilung der gesamtwirtschaftlichen Einkommen und Vermögen zugunsten der Reichen, Bezieher sehr hoher Einkommen und große Erbschaften muss beendet werden.“ Der Bericht enthält detailliertes Zahlenmaterial und – das wird man annehmen können – nimmt vorweg den anstehenden Armuts- und Reichtumsbericht, dessen politische Anlage sich mit SIcherheit deutlich vom Verteilungsbericht unterscheiden wird.
und damit wird Profit gemacht. Wir berichteten hier bereits von dem Vorstoß Indiens, die das teure Medikament Glivec mit dem Wirkstoff Imatinib von Novartis zur Behandlung von CM-Leukämie seit 2013 als Generika günstig selbst produzieren. Menschen können dort nun für 60 statt 3000 Euro im Monat behandelt werden.
Nun gibt es eine weitere Geschichte des Pharmakonzerns: In Kolumbien.
Das Krebsmedikament Glivec von Novartis gehört laut der Weltgesundheitsorganisation WHO zu jenen Medikamenten, zu denen alle Menschen Zugang erhalten müssen. Kolumbien jedoch kann sich den hohen Preis für Glivec nicht leisten. Es hat deshalb im Mai eine sogenannte Zwangslizenz angestrebt, um so an günstigere Generika zu kommen. Dies hat das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) auf den Plan gerufen. In einem Brief an die kolumbianische Regierung verurteilt es diesen Schritt als «Zwangsenteignung des Patentinhabers» und betont: «Kolumbien ist eine wichtige Destination für Schweizer Investoren. Mehr als 16 000 Arbeitsplätze wurden so geschaffen.» Und jeder zweite lateinamerikanische Geschäftspartner eines Schweizer Investors profitiere vom Entwicklungsprogramm des Seco. Eine ziemlich unverhohlene indirekte Drohung für den Fall, dass Kolumbien mit seinem Vorhaben Ernst machen sollte. (WOZ, Nr. 38/2015 vom 17.09.2015)
Die Städte sind segregiert. In der Regel leben die Menschen mit ökonomisch viel Kapital in dem einem Wohnquartier und Menschen mit wenig davon in einem anderen. Einen Austausch gibt es selten, die Abschottung wird ausgebaut. Die Segregierung schafft eine Homogenisierung der Wohnquartiere. In New York City gibt es nun ein neues Konzept dafür – vertikale statt horizontale Trennung, um den Wohnbedürfnissen der Reichen nachzukommen und um ein schönes Feigenblatt für soziales Wohnen an deren Fassade heften zu können.
Wer aufmerksam durch die Strassen größerer Städte, bswp. in der BRD, spaziert, wird manchmal überrascht sein, wie viele verschiedene Straßenzeitungen es gibt und wie viele verschiedene Menschen diese verkaufen. Aldi Süd hat nun den Verkäufer*innen der Odachlosenzeitung fiftyfifty den Vertrieb der Zeitung vor ihren Filialen untersagt.
Die Aldi-Zentrale gibt vor, dass sich ihre Kunden durch unsere Verkäuferinnen und Verkäufer bei ihrem Einkauf gestört fühlten. Dabei wurde beispielsweise bemängelt, dass sie zu nah an den Einkaufswagen stünden. Das ist jedoch logisch, da dieser Standort Schutz vor Regen und Wind, aber auch Sonne bietet. Die Aldi-Kunden sollten sich zudem durch die Ansprache gestört fühlen, ob sie eine Straßenzeitung kaufen möchten. Einige beschwerten sich außerdem absurderweise über das äußere Erscheinungsbild der Verkäufer sowie die sichtbare Armut in unserer Gesellschaft – das führe bei ihnen selbst zu einem schlechten Gewissen. („Strassenzeitungen sind Seismographen, junge welt, 28.5.2015)
Die Verkäufer*innen hatten seit Jahren ihren festen Verkaufsplatz vor den Filialen, sie wurden im Kundenumgang geschult, haben eine Karte, die sie offiziell als qualifiziert ausweist. Sie verlieren, wie im Interview zu lesen ist, nicht nur ihre Einkommensquelle, sondern auch die seit Jahren aufgebauten sozialen Kontakte. Für Menschen, die von Obachlosigkeit betroffen sind, ist beides eine äußerst schwer zu überwindende Hürde: ein kleines Einkommen haben und kontinuierliche soziale Kontakte. So ist der Kurzkontakt zwischen Kund*innen und Verkäufer*innen wesentlich mehr wert als der materielle Euro. Hinzu kommt eine Abbildung der Armutsentwicklung in der BRD, die keine Statistik besser darstellen könnte.
Trotz wirtschaftlichen Wachstums nimmt die Zahl sozial ungesicherter Beschäftigungsverhältnisse nach Angaben der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) weltweit weiter zu. Drei Viertel aller Arbeitnehmer haben demnach keine ausreichend sozial abgesicherte Vollzeitstelle mit festem Vertrag und sicherem Gehalt. […] Insgesamt nahm laut ILO die Zahl der Arbeitslosen seit dem Ausbruch der Wirtschaftskrise 2008 bis heute um 30 Millionen auf 201 Millionen zu. Als Reaktion darauf hätten einige Regierungen – vor allem in Europa – den Arbeitnehmerschutz verringert, um für Unternehmen Anreize zur Einstellung von Personal zu schaffen.
Der Umfang des Reichtums von denjenigen, die reich sind, ist schwer zu erfassen. In der aktuellen ver.di publik ist zu lesen, dass es daran liegt, dass es in der BRD keine Vermögenssteuer mehr gibt und damit der geldliche Umfang nicht erfasst werden kann.
Um den Touchscreen des Smartphones geschmeidig bedienen zu können, muss Thulium und Ytterbium verbaut werden. Das sind Bestandteile aus seltenen Erden und kommt in dem Fall Malaysia aus Australien.
In einer vom Berliner Arbeitslosenzentrum (BALZ), Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) und von Wohlfahrtsverbänden im September vorgelegten Bilanz einer mehrwöchigen mobilen Beratungsaktion heißt es, dass viele Ratsuchende darüber klagten, „dass die Jobcenter die tatsächlichen Wohnkosten nicht mehr übernähmen, weil ihre Miete die vom Land Berlin festgesetzten Mietobergrenzen überschreiten würde“. Die Zahl derjenigen, die die Differenz aus dem Regelsatz bestreite, steige an. Eine Kritik an den Regelungen für Langzeiterwerbslose muss zukünftig aber nicht nur die Richtsätze, sondern auch den Gegenstand der Leistung beachten. Schließlich ist seit der Einführung von Hartz IV nicht mehr von den Kosten für eine „Wohnung“ die Rede, sondern nur noch von den Kosten für eine „Unterkunft“. (Mieterecho, Nr. 372)
Notunterkünfte bzw. wohnen im Substandard ist das Schwerpunktthema der aktuellen Ausgabe des Berliner Mieterecho. Gemeint sind Behelfsunterkünfte für Obdachlose, Studierende, Menschen, die ihre Miete nicht mehr zahlen können, Tagelöhner, unliebsame Mieter*innen, ALG II Bezieher*innen, Geflüchtete.
Flüchtende, die den Weg über das Mittelmeer nach Europa nehmen, setzen sich damit einer Todesgefahr aus. Damit gewinnt der Zugang zu einem Mobiltelefon und den richtigen Nummern eine neue Bedeutung. Jetzt haben Antirassitische Initiativen und Organisationen das Alarmphone eingerichtet, um vereinzelte Erfahrungen und Praxen zu koordinieren.
Schließlich sind es Flüchtlinge und Migrant_innen selbst gewesen, durch die die Idee überhaupt erst entstanden ist. Konkret hat die Geschichte für uns spätestens 2009 beim Nobordercamp auf der griechischen Insel Lesbos in Griechenland begonnen, danach ging es Anfang 2011 mit der Bamako-Dakar-Karawane weiter. Denn in jener Zeit haben sich zahlreiche Kontakte mit Leuten entwickelt, die noch unterwegs oder gerade in Europa angekommen waren. Und genau sie sind es auch gewesen, die für sich oder andere nach praktischer Unterstützung gefragt haben. Etwa danach, die aktuellen Wetterdaten telefonisch in die Wälder bei Nador in Marokko durchzugeben oder die spanische Seenotrettung zu einem vereinbarten Zeitpunkt anzurufen, um einen Rettungseinsatz zu initiieren. Aus diesen und vielen vergleichbaren Einzelerfahrungen ist das entstanden, was heute das Alarmphone als koordinierte europaweite Struktur ausmacht. (afrique europe interact)
„Energiearmut“ ist der Begriff, mit dem das aktuelle Mieterecho einen thematischen Schwerpunkt setzt. Dargestellt wird u.a. der Zusammenhang von massiv gestiegenen Kosten für Strom für Privathaushalte im Gegensatz größeren Unternehmen in der Produktion. Die Umlage zur Förderung der erneuerbaren Energien wird laut Gesetz zu einem großen Teil von privaten Haushalten gestemmt.
Die Industrie bleibt von den Aufschlägen weitestgehend verschont. (Mieterecho 371, 4)
Es gibt Entscheidungsspielräume in der Stadtplanung, in der Um- und Ausgestaltung sozialer Räume und von Wohnhäusern. Es muss sich nicht alles ausschließlich nach den Notwendigkeiten von Eigentums- und Kapitalbildung richten. Stadt als Ort zum Leben lässt sich definieren nach ästhetischen und auf die Herstellung menschlicher und würdevoller Verhältnisse zielenden Kriterien.
Die Henselmann-Stiftung fordert eine Architektur zum Wohle aller Menschen, die sich in der Stadt bewegen und in ihr leben. Sie erhebt den städtebaulichen Anspruch sozialer Stadtentwicklung. Der Film Verdrängung hat viele Gesichter thematisiert entlang von individuellem Kapitalzugang und damit verbundener Eigentumsbildung die Veränderung eines Wohnquartiers in Berlin-Treptow, das zur DDR gehörte: Er zeigt, wie ein Ort sozialen Lebens zerstört wird und Versuche des Widerstandes dagegen (siehe auch auf diesem Blog: Weiterer Film über Mieten und Gentrifizierung).
Kennen sich die Akteure der Stiftung und die des Filmkollektivs? Das weiss ich nicht. Bilden die Fragen nach der Architektur einer Stadt und die nach Verdrängung aufgrund von Armut einen Zusammenhang? Ja. Mit den Mitteln der Mathematik ließe sich dieser Zusammenhang mit dem Bild zweier Vektoren verdeutlichen, die von unterschiedlichen Ausgangspunkten in unterschiedliche Richtungen verlaufend doch auf ein gemeinsames Ziel im gemeinsamen Vektorraum zulaufen. Weiterlesen
In Österreich gibt es seit 1995 eine „Armutskonferenz“. Sie versteht sich als Netzwerk von über 35 sozialen Organisationen, sowie Bildungs- und Forschungseinrichtungen. Sie thematisiert Hintergründe und Ursachen, Daten und Fakten, Strategien und Maßnahmen gegen Armut und soziale Ausgrenzung in Österreich. Gemeinsam mit Armutsbetroffenen engagiert sie sich für eine Verbesserung von deren Lebenssituation. Ein Sammelband der Konferenz schließt die Themen Commons und Armutsbekämpfung kurz: „Was allen gehört. Commons – Neue Perspektiven in der Armutsbekämpfung“. Die in der Armutskonferenz zusammengeschlossenen sozialen Organisationen beraten, unterstützen und begleiten über 500.000 Menschen im Jahr und eine Online-Datenbank verspricht „alles über Armut“.
Der Kapitalismus ist eine Ungleichheitsmaschine. Unerlässlich für ihr Funktionieren ist, dass sie ständig durch Beigaben eines „neuen Sinns für Gerechtigkeit“ (Stefan Kaufmann) geölt wird. Dazu hat die Publikation „Capital in the twenty- first century“ von Thomas Piketty offenbar beträchtlich beigetragen. Was steckt dahinter?
Nicht alle haben ausschließlich die Fussball-WM verfolgt. Einige interessierten sich auch weiterhin für den einen und anderen Beschluss und das eine und andere neue Gesetz der Bundesregierung. Und schauten genauer hin: Am 11.7.2014 beschloss der Bundestag die Einführung des Mindestlohns. In einer sehr aufschlussreichen und erhellenden Untersuchung hat
der SoVD – Kreisverband Dortmund das Rentenpaket und den Mindestlohn von Prof. Albrecht Goeschel (Marquartstein und Verona) analysieren lassen. Das Ergebnis stimmt nicht froh. (labourtnet.de)