Seit Tagen überschlagen sich die Tageszeitungen bei der Kommentierung der Unruhen in London und anderen englischen Städten. Dabei scheinen sich die meisten Beobachter einig: Dass die Plünderer sich auf ihren nächtlichen Touren mit I-Phones, Stereoanlagen, Farbfernsehern und anderen teuren Konsumartikeln eindecken, ist irgendwie ein Skandal und macht das ganze besonders verwerflich. Selbst die linken Stadtforscher Saskia Sassen und Richard Sennett meinen in ihrem aktuellen (und ansonsten intelligenten) NYT-Beitrag feststellen zu müssen:
(…) the rioters seem motivated by a more diffuse anger, behaving like crazed shoppers on a spree (…)
Da möchte man doch am liebsten fragen: Was würdet IHR denn mitnehmen, wenn ihr mal richtig umsonst shoppen dürftet? Karotten und Kartoffeln? Ein neues Bettlaken? Ein paar Pantoffeln? Was spricht denn eigentlich gegen einen hochwertigen DVD-Player oder einen schönen Flatscreen-TV?
Fast meint man, das eigentliche Problem bestünde darin, dass sich die armen Plünderer, die sonst auf Sozialhilfe vor sich hin dümpeln, nun ganz unbescheiden an den Luxuswaren der Besserverdienenden vergehen. Merke: Selbst im Ausnahmezustand pocht der Bürger noch auf seine Sekundärtugenden. Oder ist es die Angst vor dem Verlust des via Kaufkraft erworbenen Distinktionsgewinns? Ich jedenfalls könnte gut einen neuen Laptop gebrauchen — und ich würde mir sicherlich nicht den billigsten aus dem Regal nehmen, wenn ich schon die Wahl hätte.