Ich sitze hier am Laptop, allein das ist ja schon mal ein Inbegriff der Kreativität. Weil man den mitnehmen und nicht nur kreativ, sondern auch noch mobil und flexibel sein kann. Wichtige postfordistische Tugenden sind das. Mobil bin ich gerade nicht. Also nicht direkt in einer Latte-Machiato-Situation, aber immerhin Bürogemeinschaft und Espresso mit H-Milch. Und dazu noch in Kreuzberg (Hinterhof), also allein das zeugt ja schon von einem schier grenzenlosen kreativen Potential.
Kreativität ist Ressource. Selbst wenn das die Kreativen zum Teil gar nicht beabsichtigten. In einem ehemals besetzten Haus in Berlin-Friedrichshain wurden – nach der Räumung, also während der Sanierung – Teile der Graffiti im Treppenhaus erhalten. Um den neuen Mieter_innen zu vergegenwärtigen, dass sie sich in einem kreativem Umfeld aufhalten. Und weil es sich letztlich rechnet. Kein Wunder also, dass sozialwissenschaftliche Diskussionen Kreativität als „Zivilreligion“ des „unternehmerischen Selbst“ (Ulrich Bröckling) fassen.
Um die Frage nach der ökonomischen Form der Kreativität dreht sich auch das Filmprojekt Creativity and the Capitalist City. Wer das Glück hat, in den kreativen Metropolen London oder Hamburg zu leben, kann sich den Film anschauen. Für alle anderen gibt es erstmal einen Trailer:
[youtube http://www.youtube.com/watch?v=W0CGgVWxND8&w=400&h=257]
Und hier noch die Projektbeschreibung:
Kreativität ist schillernd, glamourös und hübsch anzusehen. Wer kann schon gegen Kreativität sein? Zeitgleich wird Kreativität sehr gezielt – meist für ökonomische Zwecke – genutzt oder eingesetzt. Dabei basiert sie auf prekärer bis hin zu harter Arbeit.
Der Film Creativity and the Capitalist City thematisiert Kreativität als Überlebenskunst in hoch entwickelten, westlichen Städten. Er behandelt die Suche nach bezahlbarem Wohn- und Arbeitsraum in Amsterdam, d.h. Zwischennutzungen, Hausbesetzungen…
Der Film beschreibt das dominante Stadtentwicklungsmantra dieser Zeit. Der Hype um die kreative Stadt ist bereits zehn Jahre alt, er ist global gültig und kurz vor seinem Höhepunkt. Seit Richard Florida’s einflußreichem Buch „The Rise of the Creative Class“ (2002) ist Kreativität das Zauberwort in der kapitalistischen Stadterneuerung: Der neue amerikanische Traum.
Was ist so neu an diesem Traum? Was passiert, wenn der Hype vorbei ist? Wohnen als Job oder Recht auf Stadt?