Neulich in Afghanistan. Bundespräsident Köhler spricht in seiner schusseligen Art mal wieder Klartext:
„Ich finde es in Ordnung, wenn in Deutschland darüber immer wieder auch skeptisch, mit Fragezeichen diskutiert wird. Meine Einschätzung ist aber, dass insgesamt, wir auf dem Wege sind, doch auch in der Breite der Gesellschaft zu verstehen, dass ein Land unserer Größe, mit dieser Außenhandelsorientierung und damit auch Außenhandelsabhängigkeit, auch wissen muss, dass im Zweifel, im Notfall, auch militärischer Einsatz notwendig ist um unsere Interessen zu wahren. Zum Beispiel freie Handelswege, zum Beispiel ganze regionale Instabilitäten zu verhindern, die mit Sicherheit dann auch auf unsere Chancen zurückschlagen, negativ, durch Handel, Arbeitsplätze und Einkommen. Alles das soll diskutiert werden und ich glaube wir sind auf einem nicht so schlechten Weg.“ (Bundespräsident Horst Köhler, 22.5.10, Feldlager Masar-i-Scharif, vgl. Deutschlandradio)
Hoppla, dachte sich Deutschlandradio, also Staatsrundfunk, und setzt jetzt offensichtlich erstmal in der bewährten Salamitaktik der dünnen Scheibchen auf Verbreitung ohne Internet und zensiert daher den Mitschnitt der Rede in Text und Ton.
Während Köhler als oberster staatlicher Repräsentant so spricht und die Zensur flutscht, sind andere Staatsfernsehler noch nicht vollends gleichgeschaltet und decken als Skandal auf, was eigentlich nur den vorauseilenden Vollzug der Köhlerschen Marschlinie auch im privaten Sicherheitssektor darstellt:
„Mehr als 100 ehemalige Bundeswehrsoldaten sollen nach Informationen von NDR Info und tagesschau.de schon bald in den Bürgerkrieg in Somalia eingreifen. Eine deutsche Firma hat einen entsprechenden Vertrag mit einem somalischen Politiker geschlossen. Experten warnen vor einem „Blutbad“.“ (zit. nach www.tagesschau.de, vgl. Tageschau vom 23.5.10)
Europaparlament und Bundestag sind empört, der Staatsanwalt ermittelt, die Bundesregierung geht in die Defensive und selbst die taz macht einen Schwerpunkt. Ein Söldner-Gesetz soll jetzt her. Der Trend geht also zum politisch regulierten und damit korrekten Söldnereinsatz made in Germany, wie der „Sicherheitsdienstleister“ Asgaard schon heute weltmarktwirksam wirbt. Schließlich kann sich der deutsche Steuerstaat einen lediglich moralisch begründeten Verzicht auf diese globale Wachstumsbranche nicht leisten – und hat ja auch in der Vergangenheit schon gehörig Starthilfe geleistet: Hunderte ehemalige Bundeswehrangehörige – Tendenz stark steigend – verkürzen ihren Dienst und lassen sich mit Mitteln der Arbeitsförderung des BFD, des Berufsförderungsdienstes der Bundeswehr, in den Söldnerberuf „weiterbilden“ (vgl. www.tagesschau.de). Die deutschen Kriegdienstleistungsfirmen profitieren von der staatlich finanzierten Versorgung mit Arbeitskräften. So findet subventionsförmig der Aufbau einer ganzen Branche statt während anderswo von Subventionsabbau und schlankem Staat gefaselt wird.
Zurück zu Asgaard: Besonders dekorativ – und von den bisherigen Berichten und Interviews mit der Firmenleitung übersehen oder umschifft – gibt sich das Wappen dieser Firma: Ein Wikingerschiff und die in Runen verzeichneten ‚Leittugenden‘ „treue loyalität disziplin ehre tapferkeit pflicht“. Wer nur annähernd mit Nazis, deren menschenverachtender Ideologie und Praxis und eben auch deren Symbolsprache zu tun hat, erkennt in der Namenswahl (Asgaard: der Götterhimmel in der nordischen Mythologie) und im demonstrativen Gebrauch nordischer Symbolik, wes (Un-)Geistes Kinder hier „private Sicherheitsdienstleistungen“ anbieten und an welche militärischen Traditionen hier angeknüpft wird: „Meine Ehre heißt Treue“ hieß es in der SS, einer der parastaatlichen Militärorganisationen im NS. Damals entstanden parastaatliche Organisationen aus dem Parteikontext, heute eher aus der kapitalistischen Verwertungslogik heraus. Die Verpflichtungsmechanismen sind die gleichen: Auch in der Sprache der SS-Ideologie waren traditionelle Leittugenden wie „Ehre“ und „Treue“ oder auch „Disziplin“ , „Tapferkeit“ usw. reichhaltig enthalten. Wie damals die Totalisierung der Tugendbegriffe auf den Führer ist auch heute eine solche Totalisierung hin auf das Unternehmen, den privatwirtschaftlichen Kriegs-Dienstleister, notwendig, um bedenken- und bedingungslosen Gehorsam bei Dienstaufträgen (früher: Befehlen) zu erreichen. Diesen konnte und kann man weder (damals) durch Gesetze noch (heute) durch Arbeitsverträge erzwingen. Es bedarf der „Freiwilligkeit“ des Söldners, die sich durch die Funktionalisierung traditioneller Tugendideale in Symbolen und Ritualen herstellen läßt.