Infrastruktur: PPPrivate kommen kaum ins Geschäft

brucke.jpg Als Brücke gelungen, als PPP gescheitert: die Strelasundbrücke, die das Festland mit der Insel Rügen verbindet. Noch vor wenigen Jahren standen privat finanzierte Infrastrukturprojekte hoch im Kurs. Öffentlich-Private-Partnerschaften (Public Private Partnership – PPP) galten in Zeiten knapper Haushaltskassen als Allheilmittel für die Planung, Finanzierung und den Betrieb öffentlicher Einrichtungen.Von der anfänglichen Euphorie bei Investoren und öffentlichen Auftraggebern scheint jedoch nicht viel übrig geblieben zu sein. Privat finanzierte Verkehrsprojekte stellen sich als wenig profitabel heraus, vielfach bevorzugen Kommunen wieder eine öffentliche Finanzierung; und Infrastrukturfonds treffen auf wenig Begeisterung bei Anlegern, so dass sich die Kooperationsprojekte nicht in dem Maße entwickeln, wie sich die Bundesregierung das wünscht.

Die Liste der Hindernisse ist lang

„PPP-Projekte in Deutschland kommen einem Hindernislauf gleich“, sagt Friedrich Wilhelm Patt, Sprecher der Geschäftsführung von Hannover Leasing in Pullach bei München. „Ob uneinheitliche Vergaberichtlinien, zu hohe formale Anforderungen an Investoren oder ein zu großes Informationsgefälle zwischen den Verwaltungen und der privaten Seite – die Liste der Hemmnisse ist lang.“

Schon der Vergabeprozess beinhalte Hürden, die sich für viele Unternehmen häufig als unüberwindbar darstellen. So dauerten die Vergaben nach Patts Angaben viel zu lang, seien extrem bürokratisch und kosteten so viel Geld, dass Klein- und Mittelständler schon frühzeitig aus dem Wettbewerb herausfallen.

Wenn Investoren außerdem davon ausgehen müssten, dass nur eine von zwanzig Vergaben zum Zuschlag führe, würde sich der Kreis der Unternehmen schnell auf wenige große Investoren beschränken, die über entsprechende Kapazitäten innerhalb der Unternehmen verfügten.

Von der eigenen Idee könnte der Konkurrent profitieren

Hinzu komme die Gefahr, dass die Ideen, die die Unternehmen im Rahmen von Vergabeprozessen für die öffentlichen Auftraggeber erarbeiten, ungewollt auf konkurrierende Unternehmen transferiert werden. Patt fordert, dass die drei bis fünf erfolgreichsten Unternehmen eines Vergabeprozesses vom Auftraggeber vergütet würden.

„Alle Unternehmen, die sich an einem solchen Prozess beteiligen, vollbringen eine intellektuelle Leistung. Das muss honoriert werden, denn aus den privaten Ideen kann für die öffentliche Hand bares Geld werden.“ Nach Angaben von Patt stehe das hessische Finanzministerium dieser Idee einer Grundvergütung für Bewerber wohlwollend gegenüber.

Kommunalkredite sind für die öffentliche Hand günstiger

Auch verweisen die Kommunen darauf, dass Kommunalkredite in der Regel zinsgünstiger zu erhalten und damit die Finanzierungskosten billiger sind als bei Privaten. Und es steht der Vorwurf im Raum, die Gewinnmargen der Privaten würden den Betrieb verteuern. Die Unternehmen weisen dagegen darauf hin, dass ihre effizientere Arbeitsweise Geld spare. Einen der wichtigsten Ansätze, um das gegenseitige Verhältnis zu verbessern, sieht Patt in einer professionelleren Kommunikation, um auf beiden Seiten Vorurteile und Informationsdefizite abzubauen.

Als hilfreich sieht er auch einheitliche Vergaberichtlinien an, wie sie die Taskforce des Bundes aufgestellt habe. Patt schränkt jedoch ein: „Diese Vergaberichtlinien funktionieren nur in den seltensten Fällen, da sie nicht bindend und die Kommunen autonom in ihren Vergaben sind.“ Häufig gebe es Interessenskonflikte zwischen dem Bund und dem jeweiligen Bundesland oder den Kommunen über die Durchführung von PPP-Maßnahmen.

Scheitern der Rügenbrücke kam dem Land gelegen

Bei der neuen Rügenbrücke zwischen dem Festland und der Insel Rügen (Rügen: Eine neue Brücke in den Urlaub) sah Mecklenburg-Vorpommern sogar Vorteile in einem Scheitern des Projekts, da es auf eine vollständige öffentliche Finanzierung mit Unterstützung des Bundes und der EU hoffte, als ein privates Konsortium zum Zuge kommen zu lassen. Die Diskrepanz zwischen Deutschland und den PPP-erfahrenen Ländern wie Großbritannien, Australien und Amerika liege offenkundig in der Struktur der Projekte. Während in den Vereinigten Staaten Tausende Autobahnkilometer privat finanziert würden, gälten Infrastrukturprojekte in Deutschland als fast nicht durchführbar.

So seien die Verkehrszahlen beim Warnowtunnel in Rostock deutlich hinter den Erwartungen geblieben und hätten die Profitabilität der Investition erheblich beeinträchtigt. Auch beim Herrentunnel in Lübeck haben die beteiligten Unternehmen Bilfinger Berger oder Hochtief hohe Abschreibungen vornehmen müssen. In der Branche gelten die Projekte als Reinfall.

Andere Projekte wie die Rügenbrücke wurden nach ersten Überlegungen nicht über PPP finanziert. Die zu geringe Nachfrage mache solche Projekte für private Betreiber nicht profitabel. Der Risikotransfer zwischen Privaten und öffentlicher Hand sei bei solchen Projekten zu gering. „Es ist zwar abzusehen, dass auch Deutschland nicht an der privaten Verkehrsfinanzierung vorbeikommen wird, augenblicklich aber lohnt sich für Bauherren, Finanziers und Betreiber jedoch nur der Hochbau“, sagte Patt.

Quelle: FAZ-NET, 22.6.08, von Jens Friedemann

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