Krankenhäuser in Dresden: Vorbeugender Protest gegen einen möglichen Verkauf

Dresden hat seine Krankenhäuser begutachten lassen. Schon gibt es Widerstand gegen einen möglichen Verkauf. Schwer wird es für die Häuser auch, wenn sie städtisch bleiben.
Von Hendrik Lasch
Schon der Name der Gutachterfirma lässt Jens Matthis nichts Gutes ahnen. Mit einer Expertise zur Zukunft der beiden Dresdner Krankenhäuser wurden im März 2007 ausgerechnet die Wirtschaftsprüfer von Ernst & Young beauftragt. Die hätten, merkt der Stadtrat der LINKEN an, schon 2005 eine Welle von Privatisierungen bei Krankenhäusern vorausgesagt. Als Quintessenz liest Matthis auch aus dem 60-seitigen Dresdner Dossier die Empfehlung heraus, die Eigenbetriebe in eine GmbH umzuwandeln. »Wenn aber erst einmal die Rechtsform geändert ist«, fürchtet er, »dauert es bis zum Verkauf nicht mehr lange.«

Wieder einmal wird in Dresden also über die Privatisierung kommunalen Eigentums gestritten. Anders als 2006 beim Verkauf der Wohnungsgesellschaft WOBA, soll diesmal frühzeitig der Widerstand organisiert werden. Vorbeugend wurde ein Bürgerbegehren gestartet. Nach sechs Monaten Laufzeit lägen 15 000 Unterschriften vor, sagt Mitinitiator Matthis; weitere 5000 werden gebraucht. Am 6. Dezember soll es zudem eine Protestkundgebung vor dem Rathaus geben, zu der nicht zuletzt Beschäftigte erwartet werden. Diese fürchten Stellenabbau, eine schlechtere Bezahlung und eine noch höhere Arbeitsbelastung, sagt Dorit Wallenburger von der Betriebsgruppe der Gewerkschaft ver.di: »Viele Krankenschwestern sind jetzt schon an der Grenze.«

Den hohen Kostendruck, der dazu führe, dass »Krankenhäuser wie Autohäuser geführt werden«, kritisiert auch Frank Spieth, gesundheitspolitischer Sprecher der LINKEN im Bundestag. Bei einer Veranstaltung in Dresden unterstützte er den Widerstand gegen einen denkbaren Klinikverkauf. Speith merkte allerdings an, dass »knallhartes Kostenmanagement« nicht nur bei privaten Klinikkonzernen betrieben werde: Die öffentlichen Häuser »hecheln inzwischen mit hängender Zunge hinterher.« Der Kostendruck habe dazu geführt, dass von 1995 bis 2005 das Pflegepersonal um 16 Prozent abgebaut und Dienstleistungen in großer Menge ausgelagert worden seien. Darunter habe die Betreuungsqualität gelitten.

Nicht nur Spieth befürchtet, dass der Druck weiter wachsen wird – und zwar unabhängig von der Rechtsform. Noch führen die beiden kommunalen Krankenhäuser in Dresden zwar Gewinne von jährlich rund einer Million Euro an den Stadthaushalt ab. Das könnte sich aber ändern: Durch die Einführung von Fallpauschalen seien die Einnahmen der Häuser ab 2009 gedeckelt, so Angelika Zerbst von der Linksfraktion. Zugleich stehen die Ost-West-Gehaltsangleichung und eine Tarifrunde an. Komme es dann zu Defiziten, müsse die Stadt einspringen.

Die als Folge des WOBA-Streits seit Sommer gespaltene LINKE im Stadtrat ist auch in der Kranken-hausfrage uneins. Die Fraktion DIE LINKE setzt auf präventiven Protest, was Privatisierungsbemühungen schon gebremst habe, glaubt Matthis. Für die Linksfraktion dagegen mahnt Zerbst, das »sensible Thema sensibel zu behandeln«. Sie

will zunächst mit Personalvertretern und Führungspersonal der Krankenhäuser in Dresden, aber auch in Leipzig und Chemnitz sprechen, die schon seit den 90er Jahren als GmbH geführt werden. In Sachen Privatisierung sieht sie keine Gefahr im Verzug: Eine Vorlage im Stadtrat gibt es noch nicht; das Gutachten hält sie, anders als Matthis, hinsichtlich der künftigen Rechtsform für offen. Sie warnt aber, die Angelegenheit »nur auf betriebswirtschaftliche Fragen zu reduzieren«: Ärztliches Ethos sei »genauso wichtig.« Darin dürften sich beide Fraktionen einig sein.

ND 28.11.2007 / Inland / Seite 6
http://www.neues-deutschland.de/artikel/120042.html

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