Kampf gegen die Privatisierung der Sammlung und des Transports von Hausmuell in Stuttgart

Neu entbrannt ist die Auseinandersetzung um das Projekt, in Stuttgart den Transport und die Sammlung von Hausmüll zu privatisieren.
Verdi kämpft weiter gegen Müll-Privatisierung (Esslinger Zeitung v. 19.06.2007
Von Uli Nagel)

CDU, Freie Wähler und FDP haben beantragt, die Sammlung und den Transport von Stuttgarts Hausmüll zu privatisieren. Rund 350 Mi t arbeiter des Eigenbetriebs Abfallwirtschaft Stuttgart (AWS) wären davon betroffen. Gegen dieses Vorhaben läuft Verdi Sturm und lässt momentan ein Rechtsgutachten erstellen. Die Gewerkschaft will wissen, ob juristisch ein Beschäftigungssicherungstarifvertrag eingefordert werden kann. Wenn ja, wären die Privatisierungspläne nach Meinung Verdis bestreikbar. Obwohl es im vergangenen halben Jahr um das brisante Thema eher ruhig geworden ist, steht für die Gewerkschaft Verdi fest: Der Stuttgarter will keinen privaten Müllmann. Diese Erkenntnis basiert auf einer Postkartenaktion. Rund 120 000 Karten wurden in den vergangenen Wochen an Haus halte verteilt. Immerhin rund 20 000 schickten diese mit dem Hinweis „Wir wollen keine Privatisierung“ zurück. Auch telefonisch oder per E-Mail äußerten sich die Bürger. Nur ein gutes Dutzend sprach sich laut Verdi für einen privaten Müllmann aus. „Der Stuttgarter ist of fensichtlich mit seiner Müllabfuhr zufrieden“, sagt Werner Vorderwülbecke, stellvertretender Geschäftsführer, der jedoch künftig für Verdi im Landesbezirk tätig sein wird. Jetzt warte man gespannt auf die beiden Gutachten, welche die Stadt im Anschluss an den gemeinsamen Antrag des bürgerlichen Lagers in Auftrag ge geben hat.

Ersteres befasst sich nur mit dem Sammeln und Transportieren des Hausmülls. Nach Meinung der CDU, Freien Wähler und FDP könnten hierbei Privatfirmen wirtschaftlicher arbeiten. Den drei Gemeinderatsfraktionen schwebt dabei vor, Stuttgart in mehrere Sektoren aufzuteilen und diese an verschiedene Entsorger, wenn möglich aus der Region, zu vergeben. Verdi hält allein das schon für Utopie. „Ein mittelständisches Unternehmen wird binnen eines Jahres von einem Großen der Branche übernommen oder vom Markt gedrängt“, so Vorderwülbecke. Und einem Monopolisten das Sammeln und Transportieren zu überlassen, berge auf Dauer Risiken. In diesem Zusammenhang verweist Verdi auf den Umstand, dass etliche deutsche Städte, die vor Jahren auf Privatentsorger umgestiegen sind, wieder eine „Rekommunalisierung ihrer Müllabfuhr“ betreiben oder schon vollzogen haben. „Denn die jeweiligen Bürgermeister haben gemerkt, dass ein Privatentsorger zwar nicht zwingend schlechter sein muss – aber zu welchen Löhnen und Arbeitsbedingungen“, so Vorderwülbecke. Zudem sei es fraglich, ob so auf Dauer die Gebühren – wie vom bürgerlichen Lager prognostiziert – gesenkt werden können. „Dass die AWS wirtschaftlich gearbeitet hat, steht jedoch fest“, so der Verdi-Geschäftsführer. Denn schon Ende 2006 habe der Eigenbetrieb schwarze Zahlen geschrieben und das noch bestehende Minus von etwa 17 Millionen Euro sei wohl spätestens 2010 verschwunden. Aus diesem Grund sei Verdi auch nicht bange vor dem Ergebnis des zweiten Gutachtens. Das befasst sich mit der Wirtschaftlichkeit der Stuttgarter Abfallwirtschaft.

„Retourkutsche für Streik“

Nach wie vor sieht Verdi den Antrag als „Retourkutsche“ für den mehrwöchigen Streik 2006. Zudem hegt die Gewerkschaft die Befürchtung, dass im Falle einer AWS-Privatisierung anderen Bereichen der Stadtverwaltung das gleiche Schicksal drohe. Den Verdi-Verantwortlichen geht es deshalb beim Thema Privatisierung nicht nur um die Müll­entsorgung, zumal die Solidarität unter den verschiedenen Ämtern eh groß sei. Das habe der Streik im vergangenen Jahr verdeutlicht.

Ein Gutachten soll prüfen, ob die Gewerkschaft rechtlich einen Tarifvertrag vom „Konzern Stuttgart“ einfordern kann, der Standort und Beschäftigungszahl sichert. Denn wenn das Thema zur Tarifsache gemacht werden kann, dann sei es laut Verdi auch streikfähig. „Allerdings eher mittelfristig“, sagt Verdi-Geschäftsführer Bernd Riexinger. Die Sache hat demzufolge noch keine Auswirkungen auf die kommende Lohn- und Gehaltsrunde 2008. Der alte Vertrag läuft zum 31. Dezember 2007 aus.

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