Reprivatisierung in Heidenheim?

Mit einem Bürgerentscheid soll der Verkauf ehemals städtischer 
Wohnungen an Immobilieninvestor Gagfah rückgängig gemacht werden.

Am 11. März wird es erstmals in der Geschichte der schwäbischen 
Industriestadt Heidenheim einen Bürgerentscheid geben. Die 36000 
Wahlberechtigten entscheiden, ob der Gemeinderatsbeschluß zum Verkauf der städtischen Anteile an der Grundstücks- und Baugesellschaft in Heidenheim (GBH) aufgehoben werden soll.

In einer Nacht-und-Nebel-Aktion hatte der Gemeinderat am 9. November mit der Mehrheit aus CDU und Freier Wählergemeinschaft einen entsprechenden Beschluß gefaßt. Geplant ist der Komplettverkauf der GBH an die GAGFAH, einen jener als »Heuschrecken« bezeichneten Wohnimmobilieninvestor mit Sitz in Luxemburg. Der Verkauf der Anteile soll der Stadtkasse Einnahmen in Höhe von 40 Millionen Euro bescheren. Die Grünen, die Mehrheit der SPD-Fraktion und die beiden Gemeinderäte der DKP stimmten dagegen. Sie befürchten weitere Belastungen für die betroffenen Mieter. Zwar befanden sich die 9000 Wohnungen der GBH zum Zeitpunkt des Verkaufs nicht mehr im direkten Besitz der Stadt, doch durch den 28,6prozentigen Anteil, den die Kommune an dem Unternehmen noch hielt, konnte sie dessen Geschäftspolitik beeinflussen.

Der Verkaufsbeschluß sorgte in der Stadt für Empörung. Die SPD, die 
Grünen, die DKP, der Mieterverein und die IG Metall initiierten ein 
Bürgerbegehren dagegen. Innerhalb weniger Wochen wurden knapp 4300 Unterschriften gesammelt und das Quorum von zehn Prozent der Wahlberechtigten deutlich übertroffen.

Das Kommunalparlament machte am vergangenen Freitag den Weg frei für den Entscheid, indem er das Bürgerbegehren für zulässig erklärte. Falls rund 9000 Heidenheimer der Aufhebung des  Gemeinderatsbeschlusses vom 9. November 2006 zustimmen, hat dies die  Wirkung eines endgültigen Gemeinderatsbeschlusses.

Der DKP-Abgeordnete Ulrich Huber geht davon aus, daß die 
Verkaufsgegner erfolgreich sein werden. »Wir haben beim Sammeln der  Unterschriften gemerkt, daß die Menschen das nicht wollen«, so Huber  gegenüber jW.

Der politische Erfolg der Antiprivatisierungskampagne scheint somit 
greifbar nahe, doch ob damit der Verkauf der städtischen Anteile 
rückgängig gemacht werden kann, steht auf einem anderen Blatt. 
Oberbürgermeister Bernhard Ilg (CDU) stellt sich laut Südwestrundschau vom vergangenen Donnerstag auf den Standpunkt, daß der Verkauf der städtischen Anteile rechtswirksam getätigt worden sei. Die Vertragsbindung der Stadtwerke würde auch durch einen Gemeinderatsbeschluß nicht beseitigt werden, so Ilg auf der Gemeinderatssitzung. Die Stadt könne lediglich auf die Stadtwerke einwirken, daß diese in Verhandlungen über eine etwaige Rückabwicklung des Verkaufs mit der GAGFAH treten. Dies würde aber  Kosten in noch nicht bezifferbarer Millionenhöhe nach sich ziehen, so  Ilg.

Auch Huber sieht die Probleme, die durch die »komplizierte 
juristische Konstruktion« entstanden seien. Jetzt räche sich die 
Entscheidung des alten Gemeinderats, die den Stadtwerken gehörende  GmbH, die den ehemals kommunalen Wohnungsbesitz verwaltete, in die  GBH einzugliedern, an der die Stadtwerke nur Minderheitsanteile halten. Wenn der Bürgerentscheid aber erfolgreich sei, könnten die  Verkaufsbefürworter wenigstens kaum so weitermachen wie bisher.

Die erfolgreiche kommunalpolitische Arbeit der DKP in Heidenheim wird  von Landesbehörden durchaus zur Kenntnis genommen. So heißt es im  Jahresbericht des Landesamtes für Verfassungsschutz Baden-Württemberg: »Die Heidenheimer Ortsgruppe der Deutschen 
Kommunistischen Partei, die seit der Kommunalwahl am 13. Juni 2004  mit zwei Mandaten statt mit bisher einem im örtlichen Stadtrat  vertreten ist, zeigt sich innerhalb der Heidenheimer  Politiklandschaft durchaus rührig. (..) Das Engagement der Partei  stößt in interessierten Bevölkerungskreisen nicht selten auf  Sympathie und zeigt wieder einmal, daß die DKP trotz  bundespolitischer Bedeutungslosigkeit auf kommunaler Ebene durchaus 
in der Lage ist, sich aktiv in das örtliche Tagesgeschehen 
einzumischen und vor allem, bei einem Teil der Öffentlichkeit den 
einen oder anderen Pluspunkt zu sammeln.«

Tageszeitung  Junge Welt, 31. Januar 2007
http://www.jungewelt.de/2007/01-31/042.php

Bericht: ESF Workshop "Health, drugs and research as a Public Good"

Der Workshop wurde veranstaltet von der rls in Kooperation mit PHM (People’s Heath Movement) und REDS (Red d‘ Europe pour la Defence de la Santé) und fand am XXX in XXX statt.

Referenten:
Thomas Seibert (medico international)
Christian Wagner (Buko Pharmakampagne)
Sofie Blancke (médecine pour le peuple, NGO, www.gvhv.be)
Amal Sabri, Directorin der Association for Health and Environmental Development (AHED) aus Ägypten (leitet momentan das Internationale Sekretariat des People’s Health Movement)
Kostas Diakos von den griechischen EcoloGreens

Thomas Seibert stellte die These auf, dass der Begriff der öffentlichen Gütern deshalb eine Konjunktur innerhalb der Linken habe, weil er die Orientierungsbegriffe „Sozialismus“ und „Kommunismus“ im Neoliberalismus abgelöst habe. Der Slogan „Eine andere Welt ist möglich“ würde in den Kämpfen gegen Privatisierung konkretisiert und beschreibe so die Politik gegen den Neoliberalismus. Dabei kommt dem Begriff der öffentlichen Güter die Funktion zu, eine positive Perspektive zu formulieren, die nicht allein in der Kritik der bestehenden Verhältnisse verhaften bleibe. Im Anschluss daran referierte Seibert Kennzeichen, die für ihn den Epochenbruch nach 1989 markieren und zugleich die Ausgangsbedingungen politischer Perspektiven abstecken. Neben dem Ende der Systemkonkurrenz nannte er die Internationalisierung der Arbeitsteilung und das Ende der fordistischen Massenproduktion. Diese Entwicklungen hätten die Basis des keynesianischen Sozialstaats untergraben. Deshalb müsse es vor allem darum gehen, eine Sozialpolitik durchzusetzen, die von der Lohnarbeit unabhängig ist. Dies würde die Möglichkeit bieten, die Ausschlussmechanismen des fordistischen Sozialstaats zu überwinden. Ziel müsse es sein, eine allgemeine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen. Dieses öffentliche Gut könne nur im Rahmen einer sozialen Infrastruktur ermöglicht werden. Dies impliziere die Möglichkeit einer Radikalisierung dieser Forderung, weil sie notwendigerweise eine offene Bürgerschaft, ein bedingungsloses Grundeinkommen und globale öffentliche Güter mit sich bringt. Dies seien alles nicht unmittelbar Forderungen, die an den Staat gerichtet seien, sondern ein Rahmen, auf den sich alle sozialen Bewegungen verständigen müssen. Ausgehend von bereits geführten Kämpfen.
Christian Wagner bezeichnete seine Gruppe (Buko Pharmakampagne) als Wachhunde gegenüber der Pharmaindustrie. Aus der Perspektive der Gesundheitspolitik gehe es ihm vor allem um billige und gute Medikamente. Dabei sei vor allem der international organisierte Patentschutz (u.a. durch das TRIPS-Abkommen) ein Hindernis. Besonders für gefährliche Krankheiten. So koste aufgrund des Patentschutzes eine HIV-Kur 10.000 US-Dollar, während es in Indien mit Generika möglich sei, durch wirkungsgleiche Medikamente dieselbe Kur für nur 200 US-Dollar anzubieten. Aber auch für vernachlässigte Krankheiten, die im Trikont ca. 12 Prozent der Todesfälle ausmachen, werde aufgrund der am Profit ausgerichteten Forschung kaum Geld aufgewandt. Dabei würde sich jedoch zeigen, dass diejenigen Medikamente, die tatsächlichen einen Fortschritt für die Bekämpfung von Krankheiten darstellen würden, vor allem in öffentlichen Labors produziert werden. Ziel sollte es deshalb sein, über den Ausbau öffentlicher Labors bezahlbare Medikamente zu entwickeln, die sich am realen Bedarf (unabhängig von der Zahlungsfähigkeit) orientieren.
Sofie Blancke stellte einen ähnlichen Punkt heraus. In Neuseeland seien im Vergleich zum US-amerikanischen Markt patentierte Medikamente bis zu 53 Prozent billiger und nicht-patentierte bis zu 90 Prozent (sic!). Dabei würde zunehmend der Posten Marketing und Werbung unnötige Kosten verursachen. Die Produktionskosten seien inzwischen sehr gering. Etwa 15 von 20 Medikamenten würden in Puerto Rico hergestellt. Unter dem Slogan „A rational drug policy is possible“ warb Sofie Blancke für eine auf Nachfrage orientierte Medikamentenpolitik. Einer solchen sei es möglich, den Bedürfnissen gerecht zu werden. Sie plädiert also für eine Liberalisierung des Medikamentenmarktes gegen die Vorherrschaft der Patente. In Belgien hätte ihr Netzwerk auch schon Apotheker gewinnen können, da diese unter dem unüberschaubaren Medikamentendschungel leiden würden.
Amal Sabri stellte die internationalen Abkommen TRIPS und TRIPS plus dar. Die internationale Kooperation ermögliche es mehr und mehr, dass öffentliche Güter dem Markt anheim fallen würden. Das würde nicht nur den Umfang der Güter, sondern auch der Länder umfassen. Damit würde sich in der Kontrolle des Medikamentenmarktes alles auf wenige so genannte transnationale Konzerne (TNCs) konzentrieren. Das würde das Saatgut ebenso betreffen wie traditionelles Wissen. Neben den beiden großen Abkommen würde es zunehmend auch unbekannte Abkommen zwischen entwickelten und nicht-entwickelten Ländern geben. Die Macht der TNCs und der entwickelten Ländern würden den Trikont nach und nach in ein Freihandelsnetz ziehen, das traditionelle Ökonomien gefährde und die Grundlage für billige und nützliche Medikamente unterminiere.
Kostas Diakos machte die Homöopathie als eine alternative Medizin von Unten stark.
In diesem am Freitag Vormittag ausgerichteten workshop, der in fünf Sprachen übersetzt wurde (I, E, F, Gr, D) nahmen ca. 70 Menschen teil, die zu einem großen Teil auch schon zuvor auf den Seminaren und Workshops der PHM-REDS-Schiene (People’s Heath Movement und Red d‘ Europe pour la Defence de la Santé) waren. Dadurch konnten auch Bezüge zu anderen, bereits angeschnittenen Themenbereichen hergestellt werden.