Linkspartei geht in die Opposition

Abgeordnetenhaus absurd: Laut Ex-PDS tragen alle Parteien Schuld an der Krise der Wohnungsbaugesellschaft Mitte. Die SPD kann sich nicht auf die Zahl landeseigener Wohnungen einigen. Und die Opposition vermisst die Regierung

Mit Dialektik lässt sich vieles belegen. Auch Dinge, die auf den ersten Blick nicht zusammengehören. Davon machte gestern in der aktuellen Stunde des Abgeordnetenhaus nicht nur die Linkspartei Gebrauch. Aber sie tat es am wagemutigsten. In der Debatte über die Zukunft der hoch verschuldeten Wohnungsbaugesellschaft Mitte (WBM) warfen sich die Parteien gegenseitig Versagen bei der Sanierung des landeseigenen Unternehmens vor. Das ist nicht weiter erstaunlich. Aber der wohnungsbaupolitische Sprecher der mitregierenden Linken, Michail Nelken, schaffte es, der Opposition Versagen vorzuwerfen. Und das ging folgendermaßen.
„Die Sanierung der kommunalen Wohnungswirtschaft ist nach wie vor eine ungelöste Aufgabe“, rief Nelken in die Abgeordnetenreihen. Eine „planlose und verantwortungslose Politik des Eigners“ habe die Landesunternehmen in teilweise desolate Lagen getrieben. Nach vier Jahren Senatsbeteiligung der Ex-PDS regte sich bei seiner Fraktion folgerichtig keine Hand zum Applaus.
Doch dass die mit 1,2 Milliarden Euro verschuldete WBM vor der Insolvenz stehe und nun bis zu 15.200 Wohnungen verkauft werden, daran trage ja nicht nur der rot-rote Senat Schuld. „Die Opposition schwächelt“, urteilte Nelken. Seine einleuchtende Begründung: Spätestens seit dem Verkauf des landeseigenen Wohnungsunternehmens GSW im Jahr 2004 hätten CDU, FDP und Grüne genug Gründe gehabt, den Senat anzugreifen. Wenn die Regierung schlechte Politik macht, sollte das wohl heißen, hat die Opposition was falsch gemacht.
Das ist besonders erstaunlich, wenn man bedenkt, dass sich die LinksparteilerInnen noch am Mittwoch als Hüter des kommunalen Wohnungsbaubestandes geriert hatten. Ein weiterer Ausverkauf der noch 275.000 Wohnungen sei mit ihnen nicht zu machen, hatte die Linke-Fraktion einstimmig beschlossen. Und damit auch nicht der massive Verkauf von WBM-Wohnungen noch in diesem Jahr, wie er von Senat und Aufsichtsrat geplant ist. Stattdessen müsse ein neues Sanierungskonzept auf den Tisch, eine Alternative zum bisherigen Vorhaben, durch Verkäufe Schulden abzubauen.
Das Debatten-Niveau stieg nur langsam. Für den Koalitionspartner SPD forderte Fraktionschef Christian Gaebler 280.000 Wohnungen in Landeshand. Wenig später rechnete sein Parteifreund, der wohnungspolitische Sprecher Bernd Schimmler, vor, dass Berlin schon heute unter dieser Marke liege – bei 277.000 Wohnungen. Mit denen ließe sich, wie auch von der Linkspartei gefordert, der Mietmarkt der Stadt beeinflussen. Das unterbot Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer. 250.000 Wohnungen könnten aus Sicht der SPD-Politikerin auf lange Sicht in Landeshand bleiben.
Die Opposition – zumindest die nicht regierende – zeigte sich verwirrt: „Was will diese Koalition?“, fragte Alexander Kaczmarek (CDU). Seit Jahren verkaufe der rot-rote Senat Wohnungsbestände, doch ohne Nutzen für die noch heute auf rund 8 Milliarden Euro Schulden sitzenden Unternehmen. Die WBM-Krise sei da nur die „Spitze des Eisberges“ und spätestens seit dem Jahr 2003 bekannt.
Für die Grünen warf Haushaltsexperte Oliver Schruoffeneger dem Senat deshalb „Verlogenheit“ vor und urteilte: „Sie haben zwei weitere Jahre verschenkt.“ Die Grünen forderten die Zusammenlegung der sechs landeseigenen Wohnungsunternehmen und eine gleichmäßige Verteilung der Immobilien über die zwölf Bezirke.
Aus FDP-Sicht könnte sich die hitzige WBM-Debatte bald von selbst erledigen. Spätestens mit dem Auslaufen komplizierter Leasing-Verträge in wenigen Jahren, sagte Christoph Meyer, „fliegt wieder alles in die Luft“.
MATTHIAS LOHRE // taz Berlin lokal vom 17.2.2006

FDP fordert nach Personalmangel Privatisierung des Objektschutzes

In der Diskussion um die personellen Engpässe beim Zentralen Objektschutz der Polizei haben mehrere Politiker gestern den Senat kritisiert. Der innenpolitische Sprecher der FDP, Alexander Ritzmann, erneuerte seine Forderung nach einer Privatisierung des Objektschutzes. Er verwies dabei auf die positiven Erfahrungen in mehreren anderen Bundesländern. CDU-Generalsekretär Frank Henkel forderte die Reaktivierung des freiwilligen Polizeidienstes. Berlins Polizei muß für den Objektschutz derzeit Vollzugsbeamte aus anderen Bereichen einsetzen, da viele Wachpolizisten zahlreich aufgelaufene Überstunden abbummeln müssen.
Aus der Berliner Morgenpost vom 10. Februar 2006 >>> http://morgenpost.berlin1.de/content/2006/02/10/berlin/809701.html

Marktforschungsinstituts Innofact: 77 Prozent der Deutschen sehen die Immobilie als zukunftssichere Anlage und stehen der Privatisierung von Wohnraum positiv gegenueber

77 Prozent der Deutschen sehen die Immobilie als zukunftssichere Anlage und stehen der Privatisierung von Wohnraum positiv gegenüber. Das ist das Ergebnis einer Umfrage des Düsseldorfer Marktforschungsinstituts Innofact, die im Auftrag der Wohnungsgesellschaft Mondura Liegenschaften AG, Neustadt, durchgeführt wurde. 84 Prozent der Käufer von Wohnimmobilien haben laut der Umfrage keinerlei Zweifel daran, dass ihre Entscheidung zum Kauf der Immobilie richtig war und würden wieder kaufen. Etwa 35 Prozent der Mieter würden eine Wohnung kaufen, wenn sie ein passendes Objekt fänden, bei dem Preis und Lage stimmen. Über 30 Prozent können sich dabei vorstellen, die derzeitige Mietwohnung zu erwerben. >>> http://www.cash-online.de/cash-online/news/index.php?aktion=news&kat_id=4&id=4559&rdm=687ef3bd6cfae0dd4402bea0860a9177

Linke: Notverkaeufe ohne Sinn. Abgeordnete befassen sich morgen mit der Sanierung der Wohnungsbaugesellschaft Mitte

Die dramatische Situation der städtischen Wohnungsunternehmen und insbesondere der Wohnungsbaugesellschaft Mitte (WBM) wird morgen auch den Beteiligungsausschuss des Abgeordnetenhauses beschäftigen, der seine Sitzung extra um eine Woche vorverlegt hat. »Wir haben bisher vom Senat kaum Informationen über die Lage der WBM erhalten«, kritisiert Ausschussvorsitzender Stefan Zackenfels (SPD).
Das angeschlagene Unternehmen plant den Verkauf von bis zur Hälfte seiner rund 30 000 Wohnungen, um sich vor der Pleite zu retten. Zackenfels kann sich allerdings allenfalls den Verkauf von 10 000 Wohnungen vorstellen. »Wir brauchen einen Bestand an öffentlichen Wohnungen von etwa 260 000 bis 270 000, der nicht unterschritten werden sollte.« Das wären etwa 13 bis 15 Prozent aller Berliner Wohnungen. Diese Grenze dürfte nach den üppigen Verkäufen der vergangenen Jahre fast erreicht sein. Die WBM-Verkäufe hält der SPD-Abgeordnete deshalb für einen Einzelfall, um das Unternehmen lebensfähig zu erhalten. »Ich sehe nicht, wo weitere Reduzierungen stattfinden könnten.«
Die werden allerdings längst geplant. So will die Gesobau 2500 Wohnungen im Märkischen Viertel und die Wohnungsbaugesellschaft Stadt und Land 1800 Wohnungen in Neukölln verkaufen. Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) schließt weitere Verkäufe in einzelnen Unternehmen nicht aus und hält 250 000 städtische Wohnungen für ausreichend, um eine soziale Versorgung mit Wohnraum zu steuern. Lediglich den Verkauf einer weiteren Wohnungsbaugesellschaft schließt sie in dieser Legislaturperiode aus.
Für die Linkspartei machen auch die vielen Notverkäufe keinen Sinn. »Die WBM hat bereits tausende Wohnungen verkauft, ohne dass es etwas genutzt hat«, so ihr wohnungspolitischer Sprecher Michail Nelken. Ein städtisches Unternehmen müsse anders saniert werden als eine Aktiengesellschaft, bei der Privatisierungen vielleicht hilfreich seien. »Wenn man nur Wohnungen verkauft, verkauft man künftige Einnahmen.« Wenn das Land seine Wohnungsunternehmen erhalten wolle, machten weitere Verkäufe weder wohnungspolitisch noch betriebswirtschaftlich Sinn.
Nelken hält auch von der Debatte nicht viel, ob 250 000 oder 280 000 Wohnungen in Landesbesitz bleiben sollten. Wichtiger als die Zahl seien Qualität und territoriale Verteilung. »100 000 Wohnungen in Marzahn nützen wenig«. Zur Konsolidierung der Wohnungsgesellschaften fordern Linkspartei und SPD deshalb ein »Gesamtkonzept«. Im Hause von Junge-Reyer hört man das mit Verwunderung. »Wir haben ein Konzept, das Kennzahlen der Unternehmen vergleichbar macht und Problemfälle darstellt«, so Sprecherin Manuela Damianakis. Der Sanierungsplan für die WBM sei ein Ergebnis.
Von Bernd Kammer
Neues Deutschland, 14.02.2006 >>> http://www.nd-online.de/artikel.asp?AID=85702&IDC=5&DB=O2P

Neues Deutschland: Lafontaine mahnt Kommunalpolitiker der Linken –

Berlin (ots) – Der Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Oskar Lafontaine, hat Kommunalpolitiker der Linkspartei gemahnt, sich gegen eine weitere Privatisierung öffentlichen Eigentums zu stellen. »Wer neoliberalen Politikinhalten anhängt, ich will das ja respektieren, ist besser in einer anderen Partei als in der neuen Linken aufgehoben«, sagte Lafontaine der Tageszeitung »Neues Deutschland« (Montagausgabe). Die Linke habe »nur eine Berechtigung im Parteienspektrum der Bundesrepublik, wenn sie sich dem Neoliberalismus widersetzt«. Es gebe sowohl eine Verpflichtung gegenüber den Wählern als auch gegenüber der eigenen Partei. Diese dürfe man »nicht kalt lächelnd zur Seite schieben, wie es einige selbstherrliche Mandatsträger tun«. Selbst einige Politiker in Union und SPD würden inzwischen ein »Ende des Privatisierungswahns«
fordern. Zwischen dem Vorsitzenden der Bundestagsfraktion der Linken und Stadträten der Linkspartei in Dresden war es kürzlich zu einem Konflikt über den geplanten Verkauf der Dresdner Wohnungsbaugesellschaft Woba gekommen. Lafontaine sieht in solcher Privatisierung eine »verderbliche Entwicklung«, wie er im ND-Interview sagte. Er möchte »keine Gemeindeparlamente haben, in denen die Abgeordneten nur noch Daumenlutschen können, weil sie nichts mehr zu entscheiden haben, weder über Mieten, Gas und Wasser, noch über die Friedhofs- und Parkgebühren. Markt und Gesellschaft können nur funktionieren, wenn es einen starken öffentlichen Sektor gibt.«
Quelle: Neues Deutschlan, 12.02.2006 >>> http://www.presseportal.de/story.htx?nr=784899&firmaid=59019

Ausverkauf stoppen

Etwa 200 Privatisierungsgegner versammelten sich am Sonnabend zur Konferenz »Privatisierung in Berlin« im Schöneberger Gewerkschaftshaus an der Keithstraße. Die ganztägige Veranstaltung war von der Berliner Mietergemeinschaft organisiert und von der Rosa-Luxemburg-Stiftung gefördert worden.
Alle Redner verlangten einen Stopp des Ausverkaufs der kommunalen Wohnungen und des Gesundheitswesens sowie einen Rückkauf der Berliner Wasserbetriebe. Am Ende der Debatten stand eine Resolution gegen weitere Privatisierungen und Partnerschaften der Kommune mit Privat-Unternehmen. Die Entschließung wurde von fast allen Anwesenden unterschrieben.
Zuvor kamen in Einzelreferaten ausschließlich Vertreter von Antiprivatisierungspositionen zu Wort. »Die anderen artikulieren sich aller Orten«, begründet Joachim Oellerich von der Berliner Mietergemeinschaft die einseitige Auswahl. Damit war jedes Streitgespräch im Voraus ausgeschlossen worden.
Aus der Politik waren zwar Gerlinde Schermer und der Abgeordnete Hans-Georg Lorenz eingeladen, die beide der »Donnerstagskreis« genannten SPD-Linken angehören, aber keine Genossen der Linkspartei.PDS. »Tut mir leid, so etwas wie einen Donnerstagskreis habt ihr nicht zu bieten«, spottete Oellerich.
Unter Beschuss stand immer wieder Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linkspartei.PDS), der selbst Abgeordneten den Einblick in die Verträge des Senats mit den Wasserbetriebs-Teileignern RWE und Veolia verweigere und sich dabei auf den Schutz von Geschäftsgeheimnissen als geltendes Recht berufe.
Im Gegensatz dazu verlangte der Regionalforscher Christian Zeller von der Universität Bern öffentliche Kontrolle als Form der Demokratie. Zellers Vorschläge waren weit gefasst, gingen bis hin zur Rekommunalisierung der Post, der Bahn, der Energieversorger und aller anderen für das gesellschaftliche Leben notwendigen Dienste im europäischen Rahmen. »Man muss mehr auf internationaler Ebene denken«, forderte der Wissenschaftler. Wie das praktisch und lokal umzusetzen ist – die Antwort darauf blieb die Konferenz an vielen Stellen schuldig.
Einen Zahlungsboykott der Wasserrechnungen, wie vom Wasserwirtschaftsingenieur Philipp Terhorst in London vorgeschlagen, ist in Deutschland schon deshalb kaum umzusetzen, weil die Be- und Entwässerung bei den meisten Menschen Teil der Miete ist. Die um die Wasserkosten gekürzte Miete könnte schnell als Mietrückstand gelten und zur Räumungsklage führen.
Aber aus einigen Wortmeldungen des Publikums sprach sowieso die Angst vor Vertreibung aus der Wohnung durch eine allgemeine Preisexplosion und die neuen Hartz IV-Gesetze.
Matthias Busse, Neues Detschland, 13.02.2006

Regierungskrise stoppt Privatisierung

DIE SLOWAKEI schiebt den Verkauf von Staatsbetrieben wie der Güterbahn auf die lange Bank.
PRESSBURG. Die ehrgeizigen slowakischen Privatisierungsprojekte scheinen auf einen Schlag gestoppt. Wegen der Regierungskrise und des Vorziehens der Parlamentswahlen sagte Regierungschef Mikulas Dzurinda gestern, Dienstag, in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit seinen verbliebenen Regierungspartnern, dass es wohl nicht mehr zu schaffen sei, weitere Privatisierungen durchzuführen. Deshalb werde er bei den für heute geplanten Verhandlungen mit den Führern der anderen Parteien über Wahltermine einen Privatisierungsstopp „fünf Monate vor dem vereinbarten Wahltermin“ anbieten. Also vermutlich ab sofort.
Für die ÖBB, die sich um den Kauf der Slowakischen Güterbahn bemühen, ist das eine Hiobsbotschaft: Die Privatisierung der lukrativen Slovak Cargo liegt nun wohl aus politischen Gründen auf Eis. Allerdings lief das Verfahren schon bisher nicht reibungslos. Laut ursprünglichen Regierungsplänen sollte über der Verkauf noch vor Ende 2005 entschieden werden. Ähnlich wie in der Ausschreibung für die Flughäfen Bratislava (früher Pressburg) und Kosice (Kaschau) gab es auch hier schon erste Skandale, etwa weil in den Medien Informationen „aus nicht genannter Quelle“ über die vermutlich gebotenen Preise kursieren, obwohl sie laut Ausschreibung als geheim zu gelten haben, bis die Entscheidung gefallen ist. Einen Skandal um weitere Zweifel an der Korrektheit des Verfahrens wird sich der zur Dzurinda-Partei gehörende Verkehrsminister Pavol Prokopovic nicht mehr antun wollen. Teile der Opposition wollten schon wegen der Flughafenprivatisierung seine Abberufung.
Der Verkauf der Flughäfen an das Konsortium TwoOne um den Flughafen Wien sollte hingegen noch über die Bühne gehen. Hier ist, wie berichtet, der Regierungsbeschluss bereits gefallen. Allerdings ist der Zuschlag noch nicht 100-prozentig fix: Wenn das Antimonopolamt seine Zustimmung nicht bis spätestens 15. August erteilt oder andere unerwartete Hürden auftreten, wird der Zuschlag für TwoOne laut Ausschreibungsbedingungen ungültig.
Oppositionsführer Robert Fico sagte wiederholt, wenige Monate vor den ursprünglich für September geplanten Parlamentswahlen noch das Familiensilber zu verkaufen, sei ein „Skandal“. Sollte Fico die Wahl – wie erwartet – gewinnen, so will er „alle rechtlich möglichen Mittel“ einsetzen, um die Privatisierung zu stornieren.
Um der Opposition den Wind aus den Segeln zu nehmen, hatte die Regierung schon vor zwei Wochen beschlossen, nur mehr die bereits laufenden bzw. vorbereiteten Privatisierungen unter Dach und Fach zu bringen und dann ab 1. April nichts mehr zu verkaufen.
Unrealistisch sind vermutlich alle anderen Privatisierungsprojekte: Verbliebene Staatsanteile an zwei der drei Strom-Regionalversorger sollten ebenso verkauft werden wie elf lokale Linienbus-Gesellschaften und Anteile an Wärmekraftwerken. In großem Zeitverzug ist der schon im Februar 2005 beschlossene Verkauf von 66 Prozent am Stromkonzern Slovenské Elektrárne (mit den Atomkraftwerken Mochovce und Bohunice) an die italienische Enel. Hier sind immer noch nicht alle Details geklärt.
Christoph Thanei, Die Presse vom 08.02.2006
Quelle: http://www.diepresse.com/Artikel.aspx?channel=e&ressort=eo&id=537717

Landkreise drohen mit Privatisierung

Der deutsche Landkreistag (DLT) hat die Gewerkschaft Verdi vor weiteren Privatisierungen kommunaler Betriebe als Folge der derzeitigen Streiks in Baden-Württemberg gewarnt. Die Gewerkschaft plant dennoch eine Ausweitung des Arbeitskampfes.
„Wir sind keine Anhänger der Privatisierung, aber Streiks treiben diese Tendenz voran. Es droht die Gefahr, dass sich mehr und mehr Kommunen dafür entscheiden“, sagte DLT-Hauptgeschäftsführer Hans-Günter Henneke der FTD. Gestern setzten rund 6500 Beschäftigte des öffentlichen Dienstes den Streik fort.
Mit ihrer Drohung versuchen die Arbeitgeber ihrerseits, Verdi unter Druck zu setzen. Tatsächlich gibt es seit einigen Jahren immer mehr Partnerschaften zwischen öffentlichen und privaten Unternehmen (ÖPP) oder ganze Privatisierungen.
Nach einer Studie des Instituts für Urbanistik sind ÖPP auf kommunaler Ebene mittlerweile weit verbreitet. Seit 2004 sei ein „wirklicher Boom zu verzeichnen“, heißt es in der Studie von Ende 2005. Allerdings sind es vor allem Städte, die versuchen, darüber Effizienzgewinne zu erreichen. Unter den Großstädten nutze mittlerweile mehr als jede zweite die Möglichkeit, Kindertagesstätten, Schulen oder Verwaltungsgebäude teilprivatisiert zu managen. Hochburgen dafür sind Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen. Insgesamt stellen die Investitionen über ÖPP aber weiterhin nur einen Bruchteil der öffentlichen Investitionen dar.

Erschwerte Partnerschaften
Zudem sind Projekte dieser Art seit einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs von 2005 schwieriger geworden. Das Urteil verpflichtet zu einer europaweiten Ausschreibung, was die Partnerschaften erschwert. „Die Kooperationen waren lange Zeit Trend, sie nehmen allerdings seit diesem Urteil ab“, sagte Karin Opphard, Geschäftsführerin des Verbands Kommunale Abfallwirtschaft und Stadtreinigung (VKS). In dem Verband sind 35 von 430 Mitgliedern Ergebnis einer Kooperation.
„Verdi sägt den Ast ab, auf dem man sitzt“, warnt Henneke. „Wir stehen deutlich zum öffentlichen Dienst, aber die Reaktion der Gewerkschaft ist maßlos“, so der Verbandschef. Verdi streikt gegen die von den Arbeitgebern geforderte Arbeitszeitverlängerung im Westen von derzeit 38,5 Stunden pro Woche auf 40 Stunden.
Drei kommunale Arbeitgeberverbände haben im vergangenen Herbst kurz nach Abschluss des neuen Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TvöD) die darin enthaltene Arbeitszeitregelung gekündigt. Allerdings sind dem Vorstoß von Baden-Württemberg, Niedersachsen und Hamburg keine anderen kommunalen Verbände gefolgt. In den ostdeutschen Bundesländern gilt bereits die 40-Stunden-Woche. Der Verhandlungsführer der Arbeitgeber in Baden-Württemberg, Mannheims Oberbürgermeister Gerhard Widder, forderte Verdi auf, an den Verhandlungstisch zurückzukehren.

Flexible Streikstrategie
In Baden-Württemberg wurden am Dienstag Urabstimmungen in weiteren 100 Betrieben durchgeführt. Verdi will eine flexible Streikstrategie durchführen, bei der sich die streikenden Betriebe abwechseln. „So soll verhindert werden, dass Fremde eingesetzt werden“, sagte der Sprecher von Verdi in Baden-Württemberg, Ralf Berchtold. Auch in Niedersachsen sind Verdi-Mitglieder zu Urabstimmungen aufgerufen. Ein Ergebnis wird am Freitag vorliegen. Damit könnte ein Streik im Nordwesten in der kommenden Woche beginnen.
In der Metallbranche findet am Mittwoch die erste Verhandlungsrunde zu Lohnerhöhungen statt. Es startet der IG-Metall-Bezirk Hessen, am Donnerstag folgt NRW. Mit Vereinbarungen ist aber noch nicht zu rechnen.

Von Maike Rademaker, Berlin
Aus der FTD vom 08.02.2006 >>> http://www.ftd.de/pw/de/45113.html

Umfrage: Hessen sind gegen den Verkauf von Sparkassen

07. Februar 2006 Der Sparkassen- und Giroverband Hessen-Thüringen hat seine Kritik an der Sparkassenreform der Landesregierung mit einer Umfrage untermauert. Das Meinungsforschungsinstitut Forsa hatte 1000 Hessen nach ihrer Meinung zu der Novelle gefragt, nach der es künftig möglich sein soll, daß Sparkassen von ihren Trägern, also den Städten und Kreisen, an andere Sparkassen oder die Landesbank Hessen-Thüringen verkauft werden können. Der Verband lehnt dieses Vorhaben ab.
Der Umfrage zufolge würden es 73 Prozent bedauern, wenn es an ihrem Wohnort keine selbständige, kommunale Sparkasse mehr gäbe. Die anderen 27 Prozent gaben an, sie würden es nicht bedauern. Selbst wenn die Sparkassen an die Landesbank verkauft würden, bei der es sich gleichsam um die oberste Sparkasse des Bundeslandes handelt, würden dies 80 Prozent bedauern. Der Sparkassen- und Giroverband hat auch gefragt, was die Hessen davon hielten, wenn die Sparkassen an private Kreditinstitute ginge, obwohl die Landesregierung dies gar nicht zulassen will. Eine Übernahme durch private Banken würden 81 Prozent der Befragten ablehnen.
62 Prozent gaben an, ohnedies seien ihre Erfahrungen mit privatisierten Unternehmen eher schlecht, und 50 Prozent kreuzten an, die Leistungen von ehemals öffentlichen Unternehmen hätten sich nach der Privatisierung verschlechtert. Der Sparkassen- und Giroverband ging nicht weiter auf die Möglichkeit an, das Gesetzesvorhaben mit Bürgerbegehren zu stoppen. Er ließ Forsa allerdings fragen, wie sich die Hessen in einem Bürgerentscheid verhalten würden. 82 Prozent würden gegen einen Verkauf von Sparkassen votieren, lediglich 14 Prozent dafür. Die anderen machten keine Angaben. (Text: mak./F.A.Z.)
Quelle: http://www.faz.net/s/Rub8D05117E1AC946F5BB438374CCC294CC/Doc~E1D1998DD964C4FBAA8F8BB0F6F38E017~ATpl~Ecommon~Scontent.html

Entschieden einseitig. Gegen Privatisierungen veranstaltet Berliner Mietergemeinschaft am 11. Februar eine erste Konferenz. Konzentrierte Diskussion zu Folgen der Enteignung der oeffentlichen Hand erwartet.

Am Anfang stand ein bedauerlicher Befund. Auf der Suche nach Bündnispartnern im Kampf gegen Privatisierungen des öffentlichen Wohnungsbestandes in der Hauptstadt traf die Berliner Mietergemeinschaft auf wenig Zuspruch. Wie Andrej Holm am Dienstag auf einer Pressekonferenz berichtete, fand man sich unverständlicherweise weitgehend isoliert. All die vielen Argumente, alle Hinweise auf die Schäden, die den Mietern und dem Gemeinwesen aus dem Verkauf von Wohnungen entstehen, wurden nicht berücksichtigt. Quer durch alle Parteien im Berliner Abgeordnetenhaus gehe ein Konsens: Nicht das Ob, sondern höchstens das Wie von Privatisierungen sei noch umstritten. Was dabei den einen die wohltuende Wirkung des Marktes, sei den anderen der unhintergehbare Sachzwang der Globalisierung. Innerhalb von zehn Jahren wurden bis 2005 in Berlin etwa 210 000 Wohnungen verkauft – 55 Prozent davon in der Zeit des SPD-PDS-Senates. Höchste Zeit also, sich anderswo nach Bündnispartern umzusehen.  
Widerlegung der Mythen
Am 11. Februar zieht die Mietergemeinschaft auf einer Konferenz im Berliner DGB-Haus Bilanz. Offenbar führte die Suche nach entschiedenen Privatisierungsgegnern zu vielfältigem Erfolg. Da ist der Donnerstagskreis der Linken in der Berliner SPD, für den Gerlinde Schermer engagiert wie eh und je gegen die Verbetriebswirtschaftlichung der öffentlichen Haushalte streitet. Da sind Kollegen aus dem gewerkschaftlichen Bereich und – nicht zuletzt – kritsche Wissenschaftler. Zusammen können sie den Bogen schlagen von einer Widerlegung der Mythen der Privatisierer über die Bereiche Wohnen, Gesundheitswesen und Wasser bis hin zur politischen Praxis. Denn die Konferenz ist entschieden einseitig, wie Joachim Oellerich von der Mietergemeinschaft hervorhob, den Privatisierern wolle man nicht noch ein Podium bieten, auf dem sie ihre »Der Markt wird’s schon richten«-Position ausbreiten können. Der thematischen Breite und Qualität der Debatte muß das aber keinen Abbruch tun, im Gegenteil. An wenigen Orten im Lande wird sich eine so konzentrierte Diskussion zu den Voraussetzungen und Folgen der Enteignung der öffentlichen Hand organisieren lassen wie in Berlin, wo seit 1996 der Verkauf öffentlichen Eigentums Senatsdoktrin ist. 
Großverkäufe am Pranger
Der Reigen der Großverkäufe begann 1997 mit dem Stromversorger BEWAG. Bereits nach vier Jahren verkaufte der Ersterwerber Southern Energy die BEWAG weiter an Vattenfall – zu 150 Prozent des ursprünglichen Kaufpreises von 1,45 Milliarden Euro. Die beachtliche Wertsteigerung ging nicht auf einen Ausbau des Unternehmens zurück: Die Beschäftigtenzahlen wurden halbiert, die Investitionen auf einen Bruchteil zurückgefahren. Die Befunde beim Gasversorger GASAG und den teilprivatisierten Wasserbetrieben fallen nicht anders aus: Die Preise für Gas, Wasser und Strom steigen, die Investitionen und die Belegschaften werden von den privaten Eigentümern massiv reduziert.  Dabei ist es gerade der angestaute Investitionsbedarf der öffentlichen Hand, der zur Legitimation von Privatisierungen angeführt wird: Die Mobilisierung privaten Kapitals für öffentliche Aufgaben in »öffentlich-privaten-Partnerschaften« endet aber selbstverständlich immer mit der Bereicherung der Privaten und der weiteren Einschränkung der Daseinsvorsorge. Die Konferenz wird deshalb Folgen haben müssen. Vielleicht lassen sich verbindliche Verabredungen treffen, um der Hegemonie der Privatisierer etwas entgegenzusetzen – nicht nur im Berliner Wahljahr 2006, nicht nur in Berlin.  
 
Sebastian Gerhardt, junge welt, 08.02.2006

Gegen den massiven Ausverkauf. MieterGemeinschaft und SPD-Linke veranstalten einen Anti-Privatisierungskongress

Bei der Privatisierung von Einrichtungen der öffentlichen Daseinsvorsorge liegt Berlin bundesweit an der Spitze, meint die Berliner MieterGemeinschaft (BMG). Ob Verkäufe ganzer Wohnungsgesellschaften wie der GSW oder Privatisierungen großer Teilbestände wie aktuell bei der WBM, ob BEWAG, medizinische Einrichtungen oder Wasserbetriebe – die Hauptstadt habe schon lange ihr Tafelsilber verhökert.
Um den Argumenten der Befürworter etwas entgegenzusetzen und Kräfte von Privatisierungsgegnern zu bündeln, findet am kommenden Sonnabend die Konferenz »Privatisierung in Berlin« statt. Am Ende soll ein privatisierungskritisches Bürgerbündnis entstehen. Zu den Vorbereitern gehören neben der BMG der Donnerstagskreis der SPD-Linken, die WASG und Gewerkschafter. Man rechne mit 200 Teilnehmern, schätzt Joachim Oellerich von der BMG vorsichtig. Schließlich ist am selben Tag die Anti-Bolkestein-Demo.
Seit 15 Jahren betreibe Berlin den »massiven Ausverkauf öffentlicher Bestände«, kritisieren die Mieterberater. Von den 482 000 Wohnungen, die 1990 in der Hauptstadt in kommunalem Bestand waren, sind noch 270 000 übrig – knapp 15 Prozent aller Wohnungen. Mehr als die Hälfte gingen unter dem rot-roten Senat über den Tisch, so die BMG.
Der Verkauf wird gern mit den »leeren Haushaltskassen« begründet. Doch die Misere der Wohnungsbaugesellschaften ist hausgemacht: Mit In-Sich-Verkäufen wurden ihnen über 600 Millionen Euro entzogen, sie mussten Sonderdividenden in Höhe von 500 Millionen Euro und normale Dividenden zahlen. Klar, dass sie so auf keinen grünen Zweig kommen.
Viele der Käufer seien überwiegend international agierende Finanzanleger. Wohnungen würden inzwischen wie Wertpapiere gehandelt, kritisiert die BMG. Private Equity-Fonds wie Cerberus verwalten inzwischen etwa 120 000 Wohnungen in Berlin. Zwar setzt ein Eigentümerwechsel nicht die bestehenden Mietverträge außer Kraft. Doch die BMG fürchtet einen schleichenden Abbau des Mietrechtes.
Auch die aktuelle Situation der WBM wird Thema am Sonnabend sein. »Wir werden über die Vorgeschichte informieren und darüber, welche politischen Entscheidungen den Weg geebnet haben«, so der Stadtsoziologe Andrej Holm. Neben der Wasserprivatisierung wird zudem auch die Situation im Gesundheitswesen eine Rolle spielen, kündigte Hermann Werle (BMG) an. So wurden bei Vivantes seit dem Jahr 2000 etwa 3000 Stellen abgebaut, bis 2010 will der Senat bei der Charité 212 Millionen Euro einsparen.
Die BMG hat einen stillschweigenden Konsens, eine Privatisierungslobby quer durch alle Parteien des Abgeordnetenhauses ausgemacht. »Wir haben niemanden entdecken können, der eine privatisierungskritische Haltung auch in der Praxis umsetzt«, so Oellerich.

»Privatisierung in Berlin« am 11.2., DGB-Haus, Keithstraße 1/3, 10 Uhr bis ca. 18.30 Uhr. Die Veranstaltung ist offen, eine Anmeldung nicht nötig.
Anke Engelmann, Neues Deutschland, 08.02.2006