Die zunehmenden Wohnungsprivatisierungen in Berlin werden zu einem Streitthema in der rot-roten Koalition. Im Fall der hoch verschuldeten landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft Berlin Mitte (WBM), die bis zu 15 200 Wohnungen verkaufen will, kritisierte der Linkspartei-Fraktionschef Stefan Liebich den Koalitionspartner scharf. „Wir fühlen uns getäuscht von der SPD“, sagte er gestern der Berliner Zeitung. Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD), dessen Verwaltung im WBM-Aufsichtsrat vertreten ist, habe bisher immer versichert, die Lage im Griff zu haben. Dass SPD-Fraktionschef Michael Müller nun statt dessen den Totalverkauf der WBM erwäge, habe „ihn sehr gewundert“, sagte Liebich.
Er forderte die SPD auf, ein Gesamtkonzept für die sechs Wohnungsbaugesellschaften des Landes mit ihren derzeit gut 270 000 Wohnungen vorzulegen. „Bei der WBM müssen wir genau überlegen, was zu tun ist.“ Mit der SPD sei ursprünglich vereinbart worden, nur eine Gesellschaft zu verkaufen – was mit der GSW schon passiert sei. „Wir haben uns aber auch auf eine Neuordnung der Wohnungswirtschaft geeinigt – das steht noch aus“, sagte Liebich. Dafür sei die SPD zuständig, deren Senatoren in den Aufsichtsräten der Wohnungsbaugesellschaften vertreten sind. „Wir sind sehr verärgert, dass es darüber keine politische Diskussion gab.“ Dort, wo die Linkspartei Verantwortung für landeseigene Unternehmen trage, seien die Sanierungsziele dagegen längst formuliert, so Liebich: etwa bei der Stadtreinigung BSR, der BVG und dem Klinikkonzern Vivantes.
Jan Thomsen, Berliner Zeitung vom 07. Februar 2006